Eine Podiumsdiskussion, die von der Friedrich-Ebert-Stiftung und der evangelischen Aktionsgemeinschaft für Familie Sachsen Sachsen e. V. (eaf) organisiert wurde, fand am Donnerstag, den 12. Mai in Leipzig statt. Moderiert von Jan Witza waren vier Gästen geladen. Die Staatssekretärin Dagmar Neukirch vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt stellte die Sicht aus ihrem Ministerium dar, Nina Weimann-Sandig, Professorin an der evangelischen Hochschule Dresden, erläuterte Teile ihrer wissenschaftlichen Arbeit. Eva Brackelmann, Geschäftsführerin von eaf, brachte die Sicht aus der politischen Verbandsarbeit mit und Christoph David Schumacher von Verein »Das Familienportal« berichtete aus der praktischen Arbeit.
Ein großer Punkt der Podiumsdiskussion waren verschiedene Familienkonstellationen und deren spezifische Probleme in der Pandemie. Schnell wurde in dem Gespräch klar, dass Corona zwar die ganze Gesellschaft beeinträchtigt hatte, einige Menschen aber erheblich mehr als andere. Sozial schwächere Familien hatten es wesentlich schwerer, da ihnen zum Beispiel oft eine angemessen große Wohnung oder schon technische Ausstattung fehlten, die für Homeschooling gebraucht wird. Zusätzlich hatten sie oft mit Einkommensausfällen und einer erhöhte Belastung durch zusätzliche Kinderbetreuung zu kämpfen. Gerade der letzte Punkt traf auch alleinerziehende Personen schwer.
Aber nicht nur die Kinderbetreuung stellte in den Lockdowns ein erhebliches Problem dar. Auch die Versorgung der Kinder und Jugendlichen, welche in der Kita oder Schule zum Teil ihr einziges warmes Essen am Tag bekommen, fiel auf einmal weg. Dadurch, dass die Kinder und Jugendlichen nicht mehr in die Kita, Schule oder zum Freizeitsport konnten, brach für sie zusätzlich ein Großteil der sozialen Kontakte weg.
Ganz besonders schwer hätte es auch die nicht deutschsprachige Familien getroffen, da Integration online nur schwer bis gar nicht möglich sei. Eine weitere Gruppe, welche die Pandemie sehr stark getroffen habe, seien Familien mit pflegebedürftigen Mitgliedern. Durch coronabedingte Ausfälle und die strengen Infektionsschutzgesetze, verlagerte sich die Tagespflege oft auf Familienangehörige.
Das zweite große Thema der Gesprächsrunde war der Umgang dieser starken Belastung durch die Familien. Probleme der Eltern seien plötzlich offensichtlicher geworden, zum Beispiel Alkoholkonsum, Drogenkonsum oder auch psychische Probleme. Denn auch präventive Kuren und zusätzliche Versorgungsangebote fielen aus.
Weimann-Sandig erzählt von Lehrkräften, die ihr berichtet hätten, dass die Stimmung bei Kindern und Jugendliche schnell gekippt sei, nachdem sie wieder in die Schulen zurückgekehrt seien. Vermehrt habe es Fälle von depressiven und aggressiven Kindern und Jugendlichen gegeben und auch Mobbing habe zugenommen. Wissenschaftlich Umfragen, wie etwa von Save the Children, belegen diese Beobachtungen und zeigen, dass rund 70 Prozent der befragten Kinder seit Corona mit Angstgefühlen und depressiver Stimmungen zu kämpfen haben, sich mehr zurückziehen und weniger mit Eltern und Freunden über ihre Probleme reden.
Betont wurde von allen Podiumsteilnehmenden, dass Kinder und Jugendliche für ihren Einsatz in der Pandemie zu wenig bis gar nicht gelobt worden seien. Und das, obwohl sie mit die Hauptleidtragenden dieser Pandemie gewesen seien.
Forderungen der Runde an die Politik waren unter anderem, die Digitalisierung voranzutreiben, mehr Geld in die Forschung über Long Covid zu investieren und Familien mehr Unterstützung im Gesundheitsbereich zu bieten.
Gerade weil nun viele Einschränkungen gefallen sind und auch Versorgungsangebote wieder anlaufen, war es den Veranstaltern wichtig, die Situation von Familien und Kindern in der Pandemie noch einmal in die Öffentlichkeit zu holen.