Bis Freitag findet in Leipzig das Weltverkehrsforum statt. Begleitet wird das Event von Protesten für klimagerechten Güterverkehr und gegen den Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle.
Vor dem Kongresscenter steht eine Pappwand aus Versandpaketen, den gelb-roten Schriftzug des Logistikkonzerns DHL erkennt man sofort. »Umbau statt Ausbau« lautet die Forderung, mit denen Aktivistinnen und Aktivisten von attac, Robin Wood und dem Klimacamp Leipziger Land die Pakete bemalt haben. Sie haben sich zum Protest versammelt, während hinter ihnen das Weltverkehrsforum (International Transport Forum, ITF) seine Türen öffnet. Rund 600 Fachleute aus Verkehr- und Transportindustrie sowie Ministerinnen und Minister aus 63 Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) tauschen sich vom 18. bis 20. Mai in Leipzig unter dem Motto »Transport for Inclusive Societies« über die Zukunft des Verkehrs aus. Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist mit dabei.
Nach Angaben des Weltverkehrsforums wird sich das Verkehrsaufkommen bis 2050 im Vergleich zu 2015 verdoppeln. Gleichzeitig wird angenommen, dass der Personenverkehr um das 2,3-fache zunimmt, der Güterverkehr um das 2,5-fache. Selbst wenn die bereits heute geltenden Verpflichtungen zur Dekarbonisierung des Verkehrs vollständig umgesetzt werden, so heißt es im letzten ITF-Bericht, werden die verkehrsbedingten CO2-Emissionen um 16 Prozent steigen. Beim Güterverkehr sind die Zahlen noch drastischer: Hier wird bis 2050 ein Anstieg der CO2-Emissionen von 22 Prozent erwartet. Ein Grund zur Sorge: »Es wird nur darüber nachgedacht, wie man möglichst viel Geld mit Güterverkehr verdient«, sagt ein Sprecher von attac. Die Aktivistinnen und Aktivisten befürchten katastrophale Folgen für Umwelt und Klima und fordern, dass der Güterverkehr verringert und auf die Schiene verlegt wird. Ihr Protestmotto daher: »Cargo makes the world go down«. Anstelle von Dieselprivileg und billigen Flugtreibstoffs brauche es Investitionen in ein sozial- und umweltverträgliches Verkehrssystem sowie eine Kerosinsteuer. Als Logistik-Drehscheibe mit hohen Emissionen trage Deutschland Verantwortung für die Mobilitätswende, dabei verfehle es seine Klimaziele seit Jahren.
Kritik haben die Aktivistinnen und Aktivisten auch für den Flughafen Leipzig/Halle: »Niemand im Einzugsbereich des Flughafens kann nachts noch durchschlafen«, heißt es vom Protestbündnis Transform LEJ. Aktivistinnen des Klimacamps Leipziger Land riefen dazu auf, sich ihren Aktionen zu zivilem Ungehorsam anzuschließen, um den Ausbau des Flughafens zu stoppen. »Der Flughafen ist der klimaschädlichste in ganz Deutschland.«
»Billigdiesel, Kerosin, bringt uns allen den Ruin« – »Flügel ab und auf die Schienen, lasst den Himmel für die Bienen« – die Stimmen der Aktivistinnen und Aktivisten hallen über den Vorplatz des Kongresszentrums. Ihr Protest wird unterbrochen, weil immer wieder Buslinien und Taxis über den Vorplatz rollen, vorbei an der Pappwand aus DHL-Versandkartons. Nur wenige Meter weiter quietschen die Reifen eines Motorrads. In einem abgesteckten Feld fährt ein Fahrer immer wieder an, nur um dann direkt wieder anzuhalten. Es folgt ein Auto, das auf eine aufgepumpte Gummifigur zufährt, dann die abrupte Bremsung. »Stop the Crash« heißt diese Vorführung auf dem Weltverkehrsforum, die zeigen soll, wie Antiblockiersysteme und autonome Notbremsen dabei helfen können, Unfälle zu vermeiden. Lebensrettung durch Vollbremsung – eine Funktion, die sich die Protestierenden wohl für die CO2-Emissionen wünschen würden.
Fotos: Laurie Stührenberg