Unsere Perle der Provinz im Juli ist Bad Sachsa. Die niedersächsische Kleinstadt lädt zum Wandern auf zehn verschiedenen Wegen ein, die Ruine des Kloster Walkenried beeindruckt durch ihre Größe und im Kurhaus gibt es im Sommer zahlreiche Kulturveranstaltungen.
Patsch, da war Friese nass. Einem kecken Jungen soll der Schmerl das Gesicht gewässert haben, weil er vom Angeln nicht lassen wollte. So überliefert es die Sage vom Schmelzteich in Bad Sachsa. Schmerle sind karpfenartige Fische und sie leben tatsächlich hier. Ebenso real ist eine Wasserfontäne, die hier stündlich mit bunten Lichtern Touristen und Kurgäste erfreut. Für diese bietet Bad Sachsa allerhand Chichi, denn von ihnen lebt der niedersächsische Kur- und Wintersportort nahe der thüringischen Grenze. Und doch lohnt sich der Besuch der 7.000-Seelen-Gemeinde am Harzrand auch für Menschen, die keine Lust auf Spa und Tanztee haben.
Die Kleinstadt ist mit dem Zug über Nordhausen oder die A 38 gut zu erreichen. In der Kernstadt kann man sich zu Fuß bewegen, auch wenn sie sich entlang des Flusses Uffe etwas in die Länge zieht. Immerhin ist das eine Gelegenheit, dem plätschernden Uffesausen zu lauschen. Grund zur Hast besteht nicht. Gesiedelt wurde hier schon im Mittelalter. Wichtiges gibt es aus der Zeit nicht zu berichten. Auch für die Zeit, nachdem der Ort im 16. Jahrhundert das Stadtrecht erwarb, geben die Annalen nicht viel her. Erst mit dem ab 1874 einsetzenden Kurbetrieb nahm die Welt Notiz von Sachsa, das kurz danach den Zusatz »Bad« erhielt. Um 1900 etwa kamen auf 2.000 Einwohner und Einwohnerinnen 4.000 Kurgäste.
Weil sich im Nationalsozialismus hier ein schwer bewachtes Schulungszentrum der NSDAP befand, wurden die Kinder aus den Familien der Attentäter vom 20. Juli 1944 hier in Sippenhaft interniert. Daran erinnert heute eine Dauerausstellung. Durch einen Gebietstausch ging Bad Sachsa nach der Befreiung von der sowjetischen Besatzungszone in die britische über. Charakter und Aura des einstigen BRD-Kurorts im Grenzland lassen sich an vielen Gebäuden und Ecken noch erahnen, auch wenn Nachwende-Modernisierungen vorgenommen wurden.
Draußen
Im heilklimatischen Kurort sind zehn Wege fürs gesundheitsfördernde Luftwandern ausgewiesen. Alle beginnen am Vitalpark, der selbst zum Spazieren, Wassertreten und Barfußbaden einlädt. Wer es anstrengender mag, sollte den Aufstieg auf den Ravensberg erwägen: Am Ortsrand befindet sich die 660 Meter hohe Erhebung mit Panoramablick auf den Südharz. Man kann bis zum Brocken und auch zum Kyffhäuser schauen. Eine Ausspanne dient der Stärkung. Empfehlenswert ist eine Wanderung durchs »Himmelsreich« bei Walkenried etwas östlich von der Stadt. Über zehn Kilometer führt der abwechslungsreiche Wanderweg durch eine Gipskarstlandschaft. Vorbei geht es an Fischteichen und Wasservogelnestern, knorrigen Bäumen und Zwergenlöchern. Das sind kleine Quellungshöhlen, die durch sich auftürmende Gipsböden entstehen. Die Fantasie der Wanderer hat sie zu Behausungen von Zipfelmützenträgern gemacht. Schön anzuschauen sind sie allemal.
Drinnen
Fans von Schweiß und Muskelkater können sich in der Kletterhalle (16 Euro) auf 26 Routen austoben. Das Naturzeitmuseum zeigt die Geschichte der Harzer Landschaftsformen. Hier lässt sich erfahren, wann einst Fische durch die Gegend schwammen und es tropisch heiß war. Unbedingt einen Besuch wert ist das Kloster Walkenried (7 Euro). Auch als Ruine beeindruckt die gotische Kirche durch ihre Größe. In den erhaltenen Gebäuden erzählt eine didaktisch interessant gestaltete Ausstellung von mittelalterlichen Wirtschaftsstrukturen, deren Rückgrat die Klöster bildeten.
Kinder
Der Märchengrund (4 Euro) vermittelt seit hundert Jahren bekannte Märchen mittels Panoramen, Skulpturen und Szenerien. Der Verzicht auf moderne Technik verleiht dem Felsenreich eine hübsch altbackene Atmosphäre. Kinder können das Hexendiplom ablegen, Geschichten erraten und sich selbst zu Fabelwesen verkleiden. Auf dem Katzenstein, einem Vorberg des Ravensbergs, befindet sich der Harzfalkenhof (8 Euro). Hier finden Flugshows mit Adlern, Falken und anderen Greifvögeln statt.
Abends
In der Hauptsaison wird im Kurhaus ab und an Kultur geboten. Es finden Licht-, Stadt- und Weinfest statt. Ansonsten ist Bad Sachsa abends tot beziehungsweise für seine Ruhe bekannt. Gutbürgerlich schmausen kann man im Harzer Winkel. Das Restaurant Saxa serviert modernere Gerichte, unter denen vielleicht auch mal eine Schmerle vertreten ist.