Mit einem Mal ist es duster. Nachmittags 16.23 Uhr. Wie kann man umherrennen, toben und im Matsch spielen, wenn der Nachmittag sich wie Abend anfühlt? Zu Hause sind die Möglichkeiten der Nachmittagsbeschäftigung aber begrenzter. Die kalte Jahreszeit verleitet daher besonders, mehr Medienkonsum als notwendig zuzulassen. Meistens basiert diese Grenze auf einem Gefühl, dem schlechten Gewissen – und das ist bei allen unterschiedlich stark ausgeprägt. Aber gibt es überhaupt eine täglich empfohlene Nutzungsdauer für Kinder oder hängt das vom Individuum ab? So unterschiedlich Kinder in ihrer Entwicklung auch sind, ein altersgerechter Medienkonsum kann tatsächlich mit einem ziemlich genauen Richtwert betrachtet werden. Darüber hinaus ist die Medienzeit nur ein Baustein der medienpädagogischen Fürsorge. Welche Inhalte sind altersgerecht und welche eher nicht? Digital animierte Kinderserien mit actiongeladenenen Spannungsbögen wie »Lego Ninjago« wirken auf manche Eltern eher wie ein Computerspielsetting mit Kampfkunstcharakter, das sich in die lineare Fernsehwelt verlaufen hat. Wer dem entfliehen möchte, nutzt vornehmlich öffentlich-rechtliche Mediatheken mit Kinderangeboten wie dem Kinderkanal (Kika). Dass das eigene Kind dadurch altersgerechte Inhalte konsumiert, ist damit aber nicht garantiert – die Kika-Zielgruppe ist 3 bis 13 Jahre alt. Also, was ist okay und was nicht?
Die medienpädagogische Initiative Klicksafe gibt hilfreiche und übersichtliche Angebote für Eltern, um Inhalte pädagogisch einordnen zu können, aber auch Richtlinien zu erörtern und zu verstehen. Hinter Klicksafe steht das Awareness-Centre der Europäischen Union. Es wird von der Medienanstalt Rheinland-Pfalz koordiniert und zusammen mit der Landesanstalt für Medien NRW umgesetzt.
Bis fast zum zweiten Lebensjahr ist es beispielsweise aus Sicht der Forschung nicht ratsam, Bewegtbilder zu zeigen. Kinder in dieser Phase können das Gesehene noch nicht kognitiv verarbeiten – es kann sogar sein, dass sich gewisse Areale im Gehirn dadurch nicht altersgerecht entwickeln. In Studien des amerikanischen Forscherteams um Dr. John Hutton konnte 2019 gezeigt werden, dass die Nervenstrukturen im Gehirn bei regelmäßigem Medienkonsum im Alter bis 18 Monate weniger dicht ausgeprägt sind. Das ändert sich im dritten Lebensjahr. In dieser Altersspanne können Kinder laut Forschung und Klicksafe erste aktive und positive Fernseherfahrungen machen. In dieser Phase empfiehlt Klicksafe eine Medienzeit von maximal zehn Minuten am Tag. Auch wenn Kinder nun das Gesehene besser wahrnehmen und verstehen können, sind sie noch in der Entwicklung. Zu schnelle Schnitte oder Handlungsabläufe können überfordern, erklärt unter anderem das Landesmedienzentrum Baden-Württemberg. Eine gute Möglichkeit für den kindlichen Fernseheinstieg bietet die Kindersendung »Unser Sandmännchen«, die als langsame Form des Erzählens wirkt, welche bewusst auf schnelle Schnitte verzichtet und dezente Musik einsetzt, unter anderem auch, weil es am Ende des erlebten Tages gesendet wird. Serien wie »Feuerwehrmann Sam« zeichnen sich hingegen durch viel Action, Schnittwechsel und Tamtam aus. Problem dabei: Schon nach wenigen Folgen können sich Kinder an diese Frequenz gewöhnen – weniger Actionreiches wird ihnen langweilig und öde. Zudem übernehmen Kinder Vorbilder auch aus ihrer Medienumwelt und greifen diese beispielsweise in Rollenspielen auf. Das Gefühl, dass gleich wieder etwas Extremes passiert, zum Beispiel ein Hausbrand und danach vielleicht ein Bootsunfall, kann die Erwartungshaltung des Kindes beeinflussen.
Ab dem vierten Lebensjahr werden laut Klicksafe auch etwas längere Serien empfohlen, jedoch maximal 30 Minuten Bildschirmzeit am Tag. Das heißt: ein Film am Wochenende bedeutet weniger oder keine Medienzeit in der Woche.
Aber egal, ob das Kind zwei oder sechs Jahre alt ist: Jede Medienzeit von Heranwachsenden sollte begleitet sein. Es ist laut Klicksafe einerseits wichtig, den Kindern altersgerechte Inhalte zu präsentieren, andererseits aber auch, Interesse am Gezeigten zu zeigen. Das klappt schon wunderbar mit Kleinkindern, zum Beispiel mit einfachen Fragen zur Handlung. Ein kleiner Kniff kann dabei sein, zu suggerieren, man habe als Elternteil ja gar nichts mitbekommen: Was ist denn da passiert? Oder welche Farbe hatte das Auto? Welche Szenen waren besonders lustig oder angsteinflößend? Die Frage nach der Lieblingsfigur des Kindes kann für Eltern sehr aufschlussreich sein, verrät sie doch viel über das, was das Kind gut findet und mit wem es sich identifiziert.
> Weitere Empfehlungen zur Bildschirmzeit für andere Altersgruppen: www.klicksafe.de/bildschirm-und-medienzeit-was-ist-fuer-kinder-in-ordnung/kinder-bis-10-jahre
> Medienpädagogische Einordnung von digitalen Spielen: www.spieleratgeber-nrw.de
> Medienpädagogische Praxistipps und Hintergründe: www.klicksafe.de
> Wissenschaftliche Fachstellen: Institut für Medienpädagogik: www.jff.de
> Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest: www.mpfs.de