anzeige
anzeige
Politik

BDS-Beschluss vor dem Bundesverwaltungsgericht

Die Israelboykott-Bewegung ruft bundesweite zur Demo in Leipzig auf

  BDS-Beschluss vor dem Bundesverwaltungsgericht | Die Israelboykott-Bewegung ruft bundesweite zur Demo in Leipzig auf  Foto: Michael Moser/BVG

»Der Bundestag hat am Freitag, 17. Mai 2019, einen gemeinsamen Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel ›BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen‹ angenommen.« Über diesen Beschluss verhandelt am kommenden Mittwoch das Bundesverwaltungsgericht Leipzig. Am Samstag wird daher bundesweit in die Stadt mobilisiert, um für die als antisemitisch eingestufte BDS-Bewegung zu demonstrieren. Aufgerufen dazu unter dem Motto »Don‘t support Apartheid« hat die Leipziger Gruppe Handala, die der sächsische Verfassungsschutz kürzlich als extremistisch einstufte.

Die weltweite BDS-Bewegung will Israel mit »Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen« schaden, um die Menschen in Palästina zu unterstützen. Dazu zählen akademische und künstlerische Boykotte, etwa Musikschaffende, die keine Konzerte mehr in Israel spielen. Obwohl führende Köpfe der Bewegung das Existenzrecht des Landes komplett in Frage stellen, wird BDS in internationalen linken Kreisen oft als Stimme der Gerechtigkeit für Nahost wahrgenommen. Diese Sichtweise ist von antikolonialer Romantik geprägt, die zum Beispiel die Unterdrückung innerhalb der palästinensischen Gesellschaft selbst nicht sieht. Und auch nicht anerkennt, wie unterschiedlich die israelische Gesellschaft ausgeprägt ist und, dass sie keineswegs nur aus Siedlern und Anhängern einer rechten Regierung besteht.

Vor sechs Jahren beschloss der Bundestag, BDS als antisemitisch einzuordnen. Im Antrag heißt es: »Die Argumentationsmuster und Methoden der BDS-Bewegung sind antisemitisch. Die Aufrufe der Kampagne zum Boykott israelischer Künstlerinnen und Künstler sowie Aufkleber auf israelischen Handelsgütern, die vom Kauf abhalten sollen, erinnern zudem an die schrecklichste Phase der deutschen Geschichte. ›Don’t Buy‹-Aufkleber der BDS-Bewegung auf israelischen Produkten wecken unweigerlich Assoziationen zu der NS-Parole ›Kauft nicht bei Juden!‹ und entsprechenden Schmierereien an Fassaden und Schaufenstern.« Der Beschluss beinhaltet unter anderem den Punkt, mit dem BDS verbundenen Projekten keine finanzielle Unterstützung zu gewähren und ruft Kommunen und andere öffentliche Trägerschaften auf, dieser Praxis zu folgen. Auch der Leipziger Stadtrat verabschiedete einen entsprechenden Beschluss gegen Antisemitismus im Juni 2019, in dem BDS als antisemitisch bezeichnet wird.

Gegen das Bundestagsvotum von 2019 klagten drei BDS-Aktive vor dem Verwaltungsgericht Berlin, wo sie abgewiesen wurden. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erklärte sich für nicht zuständig und verwies an das Bundesverfassungsgericht. Nun verhandelt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Mittwoch die Revision. Um Aufmerksamkeit darauf zu lenken, soll am Samstag eine Demonstration vom Hauptbahnhof bis zum Gerichtsgebäude ziehen. Dazu aufgerufen hat unter anderem der Leipziger Verein Handala, der in der Vergangenheit mehrfach mit antiisrealischen Aktionen auffiel, die Beobachter für antisemitisch halten. Der Verfassungsschutz stufte im Januar in einem Bericht, der dem kreuzer vorliegt, den Verein als extremistisch ein. Seine Aktivitäten richteten sich »gegen den Gedanken der Völkerverständigung« und »das friedliche Zusammenleben der Völker«, so der Dienst. Wie die propalästinensische Gruppe Handala agiert, hat der kreuzer mehrfach berichtet.

Nicht nur in Leipzig, sondern bundesweit wird zur Demonstration aufgerufen. So mobilisiert die Kleinstpartei Mera/DiEM25 nach Leipzig, die ihre Anhänger auf Antizionismus einschwört. Der Chef der paneuropäischen Partei, der ehemalige griechische Finanzminister, Yanis Varoufakis gab in einer Vidoeschalte mit der deutschen Sektion der »europäischen Bourgeoisie« die Schuld an der Shoa. Die wolle sich heute davon »reinwaschen«, indem sie den »Genozid« in Palästina unterstütze. »Genozid und Apartheid« seien »eingebacken« in das »zionistisches Projekt«. 

Laut Sprecher der Stadt Leipzig erwarten die Veranstalter 400 Teilnehmende. Die Kundgebung beginnt 14 Uhr auf dem kleinen Willy-Brand-Platz. Die Route verläuft über die Nikolaistraße und Grimmaische Straße über den Markt und Wilhelm-Leuschner-Platz, danach die Karl-Liebknecht-Straße hinunter bis zur Braustraße, um dann zum Simsonplatz abzubiegen und über den Innenstadtring gegen den Uhrzeigersinn zum Willy-Brandt-Platz zurückzukehren. Dass der Zug durch die kleine Braustraße – an der Feinkost – führt, ist vermutlich kein Zufall. Das dort befindliche linke Hausprojekt B12 engagiert sich vor allem gegen Antisemitismus. Die Bewohnerinnen und Bewohner hatten seit dem 7. Oktober 2023 bereits Drohungen aus der israelfeindlichen Szene erhalten, wie sie selbst berichten. Sie rufen zu einer Gegenkundgebung in der Braustraße ab 14 Uhr auf. Zusätzlich findet ein Gegenprotest ab 15 Uhr auf dem Simsonplatz statt. 

Update: Der Veranstalter der Demonstration »Don't support Apartheid!« änderte die geplante Aufzugsstrecke von sich aus, so die Stadt Leipzig auf kreuzer-Anfrage. Die Route führt nicht mehr über die Karl-Liebknecht-Straße und Braustraße. Die Demonstration wird schon an der Straße des 17. Juni gen Simsonplatz abbiegen.

In einer ersten Version des Textes stand, dass die Gerichtsverhandlung am Montag stattfindet. Die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht findet allerdings am Mittwoch, 26. März statt. Wir haben das im Text korrigiert. 


Kommentieren


0 Kommentar(e)