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Kultur

Grundlagen schaffen

An der HMT wurde ein Zentrum für Nachwuchsförderung gegründet

  Grundlagen schaffen | An der HMT wurde ein Zentrum für Nachwuchsförderung gegründet

Auf dem Foto: Projektleiterin Kristina Patzelt, künstlerische Mitarbeiterin Mediha Khan und der Initiator des ZfN und Rektor der HMT Gerald Fauth

An der Hochschule für Musik und Theater (HMT) konstituiert sich gegenwärtig das Zentrum für Nachwuchsförderung (ZfN). Ausgegangen ist die Gründung von Gerald Fauth, dem renommierten Pianisten und Klavierprofessor, der seit 2020 auch Rektor der HMT ist. Schon beim Amtsantritt hatte er sich das Bemühen um die Nachwuchsförderung auf die Fahne geschrieben. Mit den nun für zwei Jahre bewilligten Projektgeldern zur Anschubfinanzierung vom Sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (SMWK) startete die Initiative im Dezember. Laut Projektleiterin Kristina Patzelt sei man gegenwärtig dabei, eine Bestandsaufnahme zu machen – das Zentrum diene auch dazu, bereits vorhandene Aktivitäten zu bündeln und sichtbar zu machen. Die künstlerische Leitung der Initiative wird künftig in den Händen einer derzeit noch nicht besetzten Professur liegen.

Bei einem ersten Arbeitstreffen des ZfN betonte der Sächsische Landesverband der Musikschulen das landesweite Fehlen von Lehrkräften im musikalischen Anfangsunterricht.

Man wünsche sich, dass im Musikstudium mehr für Tätigkeit an Musikschulen begeistert werde und die Pädagogik neben der künstlerischen Ausbildung einen größeren Stellenwert einnehme.

Tatsächlich ist es so, dass die Gründe für den Mangel an Lehrkräften im Bereich Musikschulpädagogik nicht die mangelnde Anzahl oder die Qualifikation der Studienabgängerinnen und -abgänger sind. Viele von ihnen klammern sich aber lieber an den Traum von der gut bezahlten Orchesterstelle oder Solokarriere, als sich nach dem Musikstudium unattraktiven Arbeitsbedingungen und der mangelnden gesellschaftlichen Wertschätzung auszusetzen, die künstlerisch ausbildenden Berufen an der Basis entgegengebracht wird. Wofür deren schlechte Bezahlung eine Ausdrucksform ist.

Derzeit gibt es an der HMT noch zahlreiche Bewerbungen fürs Studium, in einigen Bereichen ist der Anteil von ausländischen Studierenden aber sehr hoch – bei den Klavierstudierenden bei über zwei Drittel. Es zeichne sich ab, dass dieser Andrang endlich sei, so Fauth: »Ich hatte an der HMT eine große Klavierklasse, mit vorrangig asiatischen Studierenden. Ich vermute, dass es in einiger Zeit merklich weniger asiatische Bewerber:innen geben wird, weil es schon jetzt in Japan und Korea keine Stellen für die hier ausgebildeten Absolvent:innen mehr gibt.«

So scheint es geboten, dass die HMT sich mehr um den Nachwuchs kümmert – einerseits, um als Hochschule ihre Daseinsberechtigung zu behalten, andererseits aber, um den gesellschaftlichen Kreislauf der Musikausbildung von der Breite in die Spitze wieder in ein »natürliches« Gleichgewicht zu bringen. Dafür wolle man neben der Exzellenzförderung, die in Leipzig in Form der Nachwuchsförderklasse gepflegt wird, vor allen Dingen an die Basis, in die Anfangsförderung gehen. Dafür sollen die Zusammenarbeit mit Musikschulen ausgebaut und Kooperationen mit Kitas begonnen werden: »Wir führen den Bachelor im Studienfach Elementare Musikpädagogik ein, bisher konnte man hier nur Master studieren. Wir haben uns gefragt: Warum nehmen wir hier nicht die Leute auf, die vielleicht die virtuose Etüde nicht spielen können, aber die gern musikalisch mit Kindern arbeiten möchten?«, so Fauth.

Im Unterschied zu Berlin, Weimar und Dresden, wo es Musik-Spezialschulen als Nachwuchsinstitute in enger Verbindung zu den jeweiligen Musikhochschulen vor Ort gebe, sei die Spezialschule der Region hier – in Halle – leider nicht an die Leipziger Hochschule gebunden, so Fauth: »Diese Spezialschulen bilden auch viele Jugendliche aus, die am Ende nicht Musik studieren, aber die Musik dort kennen und lieben lernen. Das ist ein wichtiger Punkt. Schließlich geht es auch darum, ein Musik-Publikum der Zukunft auszubilden.« Dennoch denke man nicht darüber nach, eine Spezialschule in Leipzig zu gründen, sondern setze auf Breitenförderung. Es könne dabei für alle Seiten, für Kitas, Musikschulen und die Hochschule, eine Win-Win-Situation entstehen, so Fauth. Kooperationen würden dabei nie losgelöst von der Ausbildung der Studierenden betrachtet. Praktisch könnten Studierende bald wieder Unterrichts-Praktika an Musikschulen machen, dort als Klavierbegleitung Erfahrungen sammeln oder sich Dirigierstudierende vor ein Musikschulorchester stellen. Eine andere Initiative plant derzeit, kleinere Konzertformate für Kitas zu entwickeln. Studierende der Elementaren Musikpädagogik könnten künftig als Teil ihres Studiums Weiterbildungen in Kitas leiten.

Bemerkenswert ist, dass viele der geplanten Initiativen wie die Reanimation einer Praxis anmuten, die zu DDR-Zeiten bereits gelebt wurde. Damals gehörten studienbegleitende Praktika an Musikschulen für zukünftige Musik-Pädagoginnen und -Pädagogen zum Studium, auch die Musikerziehung an Kitas wurde nicht outgesourct. »Es sind viele Dinge verschwunden, weil sich niemand mehr darum gekümmert hat«, so Fauth.

Innerhalb der HMT sei auch im Lehrkörper ein Umdenken nötig, so Fauth. Man könne nicht nur Masterstudierende aufnehmen mit der Intention, diese in Orchesterspitzenpositionen zu bringen. Unter den Professorinnen und Professoren sei es wichtig, das Bewusstsein für die Heranziehung des eigenen Nachwuchses zu schärfen: »Ich glaube, eine Spitze wird immer da sein, es wird immer Leute geben, die glauben, ohne Musik nicht leben zu können, und immer wird es Eltern und Lehrer geben, die das fördern. Derzeit aber haben wir nicht mehr genügend Unterbau, wir wollen uns an der Aufgabe beteiligen, den Wert der Musik wieder mehr ins Zentrum zu rücken.«

Disclaimer: Unsere E-Musik-Redakteurin Anja Kleinmichel ist Pianistin und Dozentin an der HMT


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