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Stadtleben

»Der Faustball hat das Zeug dazu, wieder was Großes zu werden.«

Probetraining beim DHfK Leipzig

  »Der Faustball hat das Zeug dazu, wieder was Großes zu werden.« | Probetraining beim DHfK Leipzig

Die erste deutsche Meisterschaft im Faustball fand im Rahmen des Deutschen Turnfests 1913 in – genau – Leipzig statt. Die jüngeren Semester werden sich jetzt fragen: Faustball? – Am ehesten ist das Rückschlagspiel mit Volleyball zu vergleichen. Es spielen fünf gegen fünf auf Rasen oder in der Halle und versuchen, einen Ball über ein netzartiges Band zu spielen. Der Ball wird mit Faust oder Arm gespielt und darf vor jeder Berührung durch einen Spieler oder eine Spielerin innerhalb des Felds einmal auf dem Boden aufspringen. Wer zuerst drei Sätze für sich entscheidet (die wie im Tischtennis bis 11 gespielt werden), gewinnt.

So viel zur Theorie. Als ich an diesem Abend im Januar vor der Turnhalle der Schule am Palmengarten stehe, wird schon mal mein Vorurteil des Faustballs als Altherrensport widerlegt. Gut gelaunt trudeln zwei junge Männer – die beiden Trainer Julian und Tom – sowie eine Handvoll Jungs der Faustballabteilung des SC DHfK zwischen 12 und 15 Jahren ein.

Die Truppe war schon laufen vorher, fleißig, fleißig. Ein langärmeliges Trikot hatte Julian mir im Vorfeld empfohlen, da man doch den ein oder anderen Ballrettungseinsatz auf dem Hallenboden haben könnte. Dann betreten wir die Turnhalle, in der vorher noch Basketball gespielt wurde. Mir werden die Spielgeräte gezeigt, je nach Altersklasse wird mit verschieden schweren Lederbällen gespielt, die grob zwischen Volleyball und Fußball rangieren. Nach einem Rugby-ähnlichen Aufwärmspiel geht es an die Technik. Der Ball darf mit der geschlossenen Faust oder dem Arm gespielt werden, pritschen oder baggern darf man also nicht.

Tom lässt Kästen aus dem Geräteraum holen, hinter die sich Partner A stellt. Partner B steht etwa fünf Meter entfernt und kriegt den Ball zugeworfen. Dann versuchen wir, den Ball mit dem Unterarm in einem Bogen auf den Kasten zu spielen. Klingt einfach, ist aber richtig schwierig: Der Arm muss ganz gerade durchgeschwungen werden, sonst verspringt der Ball. Auch der Einsatz der Kraft will wohldosiert sein. Einerseits muss man wuchtig treffen, andererseits präzise zielen.

Dann verteilen wir uns in der Halle und spielen uns die Bälle aus größerer Distanz zu. Ziel ist es, das Anspiel auf eine Matte im Zentrum des Felds abzulegen. Im Spiel, erklärt mir Julian, wäre das ein Zuspiel für den Angriffsschlag. Im Faustball verteidigen die Abwehrspieler die Schläge des gegnerischen Teams idealerweise kurz vor das netzartige Band, für einen Angreifer, der den Ball dann in die gegnerische Hälfte brettert.

Als letzten Programmpunkt spielen wir auf verkleinertem Feld zwei gegen zwei. Julian erbarmt sich und spielt mit mir zusammen. Mir fällt auf, dass man durch das erlaubte einmalige Aufprallen des Balls im eigenen Feld zwar mehr Zeit hat als beim Volleyball. Doch durch die Größe des Feldes – drinnen so groß wie ein Handballfeld, draußen auf dem Rasen zehn Meter länger – ist man sehr viel unterwegs. Nach dem abgewehrten Ball sprintet man nach vorne und versucht, den Gegner zu Fehlern zu zwingen, um sich dann wieder zurückzuziehen. Während ich mit viel Mühe halbgare Schmetterbälle versuche, zimmert Julian das Spielgerät mühelos mit immensem Tempo über das Band. Das erste Spiel gewinnen wir, das zweite geht verloren, fair.

Nach dem Training schwärmt Julian von der Mischung aus Athletik und Kraft, die den Faustball charakterisiere. Man brauche eine gute Ausdauer, Kraft im Oberkörper und die Drahtigkeit, um Bälle von der (Hallen-)Grasnarbe zu kratzen. Dazu kommt das Gefühl für das Positionsspiel. Die Verletzungsgefahr ist auch gering, was den Eltern der Kinder- und Jugendgruppen, die er trainiert, oft wichtig ist. Besonders die Niedrigschwelligkeit heben Tom und Julian hervor, die viele Angebote an Schulen machen. Grundschulkinder können Faustball spielen, ohne Vorerfahrung zu haben. Beim Volleyball (wir erinnern uns an den Sportunterricht) sieht das anders aus: Wenn der Ball einmal aufkommt, ist der Punkt verloren, der Spielfluss unterbrochen.

Der Faustball in Leipzig verzeichnet – auch dank der langfristig angelegten Arbeit der DHfK-Trainer im Kinder- und Jugendbereich – einen soliden Zuwachs. Mit aktuell knapp 170 Aktiven ist die Faustballabteilung des DHfK eine der am stabilsten wachsenden Sportarten im Verein. Trotzdem sind die großen Zeiten des Sports lange her. Julian erzählt von seiner Recherche zum Faustball in Leipzig, zur Hochzeit des Sports habe es etwa 30 Vereine in der Stadt gegeben. Doch Totgesagte leben länger und Julian blickt optimistisch in die Zukunft: »Der Faustball hat das Zeug dazu, wieder was Großes zu werden.« Man könnte ja erst mal klein anfangen, denke ich, als ich meine Unterarme zu Hause mit Pferdesalbe einschmiere und mir eine Partie Faustball bei den ersten Frühlingssonnenstrahlen im Park ausmale.

> 11./12.2. Mitteldeutsche Meisterschaft der Jungen U14: Sporthalle Oberschule Mölkau

> 25./26.3. Deutsche Meisterschaft der Jungen und Mädchen U12: Sportschule Egidius Braun

> Infos unter: www.scdhfk-faustball.de, Faustball in Leipzig auf Facebook und Instagram


Titelfoto: Wolfgang Eschenhagen.


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