Grünau. Ein Plattenbauviertel im Grünen. Das Verhältnis von Grün zu Grau wirkt skurril. Ursprünglich sollte tatsächlich ein grünes Wohnviertel für möglichst viele Menschen konzipiert werden. Das Glück aus Beton – durchzogen von grünen Alleen als architektonisches Aushängeschild der DDR, Ende der siebziger Jahre. Heute leben laut der Stadtverwaltung Leipzig von den einst über 80.000 Bewohnerinnen und Bewohnern noch rund die Hälfte im Viertel. Geblieben sind die Alten, gekommen die Einkommensschwachen. Analog zum Anstieg der Älteren verzeichnet Grünau einen besonders hohen Anteil von Jugendlichen.
Der Standort der im Februar gestarteten Study-Hall könnte kaum besser sein als im Grünauer Allee-Center. Denn wie kann Chancengleichheit in einkommensschwachen Stadtteilen gelingen? Mit Bildung. Mit diesem Prinzip versucht die Study-Hall, Kindern und Jugendlichen einen Lernort außerhalb der Schule zu bieten.
Neben der Infrastruktur durch Räumlichkeiten und Technik stehen den Heranwachsenden zwei pädagogische Fachleute bei Fragen und Problemen zur Seite. »Unser Ziel ist es, die intrinsische Motivation zu fördern und die Kinder und Jugendlichen zu stärken, so dass sie gerne und freiwillig lernen«, so Fiona Teske, Leiterin der Study-Hall. Mit dieser soll das eigenständige Lernen gefördert werden – mit pädagogischer Unterstützung, nicht unbedingt speziell in fachspezifischer Hinsicht, mehr durch pädagogische Hilfe: Aufzeigen, wie und wo Informationen erlernt werden können, welche Lernmethoden in Frage kommen oder wie ein Austausch aussehen kann.
»Was ich ganz toll finde: dass durch den Standort der Study-Hall auch verschiedene Schulformen zusammengebracht werden. Es ist ein Lernort außerhalb der Schule«, schätzt Teske ein. Und wenn gezockt anstatt gelernt wird? Die Laptops sind mit Sicherheitspaketen versehen, ähnlich wie in der Schule, so dass unvorhergesehene Kostenfallen nicht entstehen können. Gleichzeitig sei es auch völlig okay, wenn zwischendurch mal ein Youtube-Video angeschaut wird. Darüber hinaus soll die Study-Hall auch soziale Kontakte ermöglichen, zum Austausch anregen, vielleicht Freundschaften entstehen lassen. Zielgruppe des neuen Lernorts sind Schülerinnen und Schüler der fünften bis zwölften Klasse.
Finanziert wird das Projekt durch die Bild-Initiative »Ein Herz für Kinder«, mit einer Laufzeit von drei Jahren. Die Stadt Leipzig unterstützt das Projekt durch Netzwerkarbeit und Infrastruktur. Es ist Teil des Bildungsmanagements des Amtes für Schule. Das Konzept der Study-Hall ist relativ neu und in Deutschland bisher wenig etabliert. Man sei daher gespannt, wie es angenommen wird. Ziel sei es zunächst, das Angebot den Kindern und Jugendlichen näherzubringen. Der Schwerpunkt der pädagogischen Arbeit liege vor allem in der Lernunterstützung. Wenn das Angebot einmal etabliert sei, könne anschließend evaluiert werden, wie auf die jeweilige Nachfrage eingegangen werden kann. »Die Öffnungszeiten wie auch die Betreuung sind offen und agil gestaltet. Das heißt, wir können diese bedarfsorientiert anpassen«, erklärt Teske. Derzeit arbeiten zwei pädagogische Festangestellte in der Study-Hall. Honorarkräfte werden spezielle Angebote sowie die Öffnungszeiten abdecken. So könnten in Zukunft Angebote für Schulklassen angeboten werden, auch außerhalb der bisherigen Öffnungszeit. Darüber hinaus sind thematische Workshops geplant. Innerhalb des Allee-Center-Komplexes können Jugendliche derzeit in drei verschiedenen Räumen lernen. Zum einen gibt es Selbstlernorte wie im »Self Study«- Zimmer. Dort befinden sich Laptops und abgetrennte Arbeitsbereiche. Im Gruppenraum können die Kinder und Jugendlichen an gemeinsamen Projekten arbeiten. Das Interieur ist insgesamt modern und schlicht in Anthrazit und Grün gehalten. Passend zu Grünau.
> Study-Hall im Allee-Center; Ludwigsburger Str. 9, 04209 Leipzig, Di–Do 14–19 Uhr, Anfahrt mit den Tram-Linien 2, 3, 8 und 15, den Buslinen 61, 65, 66, 161 und 165 sowie der S1
Titelfoto: Study-Hall.