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Stadtleben

Die seltsame Gedankenfreiheit des Eckart Sackmann

Ein Leipziger Comicmagazin lobt eine Publikation des rechten Hydra-Verlags

  Die seltsame Gedankenfreiheit des Eckart Sackmann | Ein Leipziger Comicmagazin lobt eine Publikation des rechten Hydra-Verlags

Ein Damm bricht selten spontan, meist gehen dem Risse und Löcher voraus, die die Gesamtstruktur schwächen. Ein solcher Riss, nicht mehr, nicht weniger, ist der unter der Überschrift »Kriegsgreuel« veröffentlichte Text im Magazin Comics Info: die erste Besprechung eines rechtsextremen Comics in einem größeren deutschen Comicmagazin. Eine lobende zudem.

Comics Info erscheint seit vielen Jahren halbjährlich, laut Verlagsangabe mit einer Auflage von zehntausend Exemplaren, und wird gratis verteilt. Herausgeber ist der Verlag Sackmann und Hörndl, der seit 1985 das Comiclabel Comicplus+ betreibt. Verlag und Label waren lange in Hamburg beheimatet und sitzen seit einigen Jahren in Leipzig, wo auch Verlagsgründer Eckart Sackmann wohnt.

Mehrheitlich ist Comics Info ein Magazin für Anzeigen und Eigenwerbung, aufgelockert mit ein paar Newsmeldungen und redaktionellen Texten, geringe Substanz, geringe Relevanz, die übliche Melange für Gratishefte halt. Herausgeber Sackmann ist Autor der meisten Texte in Comics Info, die vorwiegend anonym erscheinen, so wie auch jener »Kriegsgreuel«-Textes, der – trotzdem – einen Dammbruch entstehen lassen könnte. Der Text bespricht »Die Befreiung von Nemmersdorf«, einen bei Hydra Comics erschienen Band über das sogenannte »Massaker von Nemmersdorf«, ein Kriegsverbrechen sowjetischer Soldaten, als sie 1945 auf Berlin vorrückten. In der rechtsextremen Szene wird gern darauf verwiesen, um von der deutschen Kriegsschuld abzulenken.
Gestützt auf Quellen wie den Völkischen Beobachter will der Comic so auch nicht weniger als »die Bindung zwischen den Generationen« wiederherstellen und die »progressive Vergangenheitsbewältiger« zerstörten, wie es im Nachwort heißt. Da bleibt kein Zweifel an der dahinterliegenden Ideologie.

Zunächst durchaus sachlich fasst Sackmann in seiner Rezension den Comic zusammen. Die erste Stolperfalle kommt im dritten Absatz, wenn Sackmann Hydra Comics »rechts« nennt, in Anführungszeichen, wie um zu signalisieren: die sind nicht rechts, die werden nur so genannt.
Hydra ist aber sehr wohl rechts. Belltower News schreibt: »Hinter den Comics steht das extrem rechte Netzwerk Einprozent. (...) Verantwortlich für die Verlegung der Comics zeigt sich Michael Schäfer, ein fester Mitarbeiter bei Einprozent und ehemals Bundesvorsitzender der JN (Jugendorganisation der NPD).«

Sackmann scheint sich an diesen Zusammenhängen nicht zu stören, obwohl sie ihm offensichtlich bekannt sind. »Die Vorverurteilung des Verlags dürfte dafür sorgen, dass das Heft auch im regulären Comic- und Buchhandel nicht angeboten wird«, schreibt er im vierten Absatz. Linke, beklagt Sackmann, würden mit Rechten nicht diskutieren, darum sei es »schwierig, sich über rechte Publikationen zu informieren«. Dass die rechtsextreme Szene längst ihr eigenes Informationsnetzwerk hat, verschweigt Sackmann.

In einer bizarren Umkehr von Täter und Opfer beklagt Sackmann schließlich: »Gerade haben sich die rechten Verlage von der Leipziger Buchmesse zurückgezogen. Sie hätten dort mit massiven Störungen rechnen müssen.« Es war in den Jahren vor Corona genau andersherum, wie etwa Zeit-Online zu den Vorfällen um das rechtsextreme Compact-Magazin auf der Buchmesse schrieb: »Immer wieder wurden Journalisten eingeschüchtert, bedroht und rabiat der Halle verwiesen.« 

Sackmann sieht die freie Verfügbarkeit extrem rechter Publikationen als Teil der »ungehinderten Meinungsbildung«. Sein Fazit: »Es ist ein Comic, der in Schulen behandelt werden sollte« Warum, das lässt er offen und ruft direkt zum Kauf des Comics auf. Vielleicht, schreibt er, unterstütze man dadurch die »rechte Szene« (erneut im Original in Anführungsstriche gesetzt), aber man bewahre sich seine «Gedankenfreiheit«.

Es ist nicht das erste Mal, dass Sackmann seltsam auffällt. Von 2012 bis 2015 veröffentlichte er bei Comicplus+ die Serie »Der Wüstenfalke« des Schweizer Zeichners Franz Zumstein, eine mindestens verharmlosende Erzählung der Afrikakämpfe der Wehrmacht im II. Weltkrieg. »Der Wüstenfalke« war eine indirekte Fortsetzung der Serie »Der Stern von Afrika« des gleichen Zeichners im Magazin ZACK, die dort nach Leserprotesten abgesetzt worden war.
Konnte man die Veröffentlichung des »Wüstenfalken« noch mit viel gutem Willen als, nun ja, Naivität verstehen, gibt es am aktuellen Text keine Zweifel mehr. Sackmann ergreift Partei für Rechtsextreme.


Titelfoto: Artikel aus Comics Info. Foto: Stefan Pannor.


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4 Kommentar(e)

Oliver 05.07.2023 | um 12:29 Uhr

Ich sehe nichts falsches daran, rechte Verlage von Buchmessen auszuschließen. Klingt sehr nach "Ich bin ja kein Nazi, aber ..."

Oliver 05.07.2023 | um 12:35 Uhr

Ach ja, nebenbei finde ich es auch befremdlich, dass man ein Linker sein muss, um gegen Rechtsextreme zu sein. Mit denen nicht zu diskutieren, sollte Konsens sein. Für jeden, mit einem minimalen historischen Hintergrundwissen.

Eckart Sackmann 05.07.2023 | um 13:21 Uhr

Wie kommen Sie dazu, meinen Namen falsch zu schreiben?! Alles Juristische folgt. Schöne Grüße Eckart Sackmann

Uwe Dentel 10.07.2023 | um 08:51 Uhr

Wiki müsste bitte mal um diesen Artikel zu S. ergänzt werden ! Keine Handbreit den Geschichtsverdrehern und machtgierigen Hassmenschen ! Für ein Leben in gleichsozialer offener Welt , frei sein eigenes Leben zu gestalten , für ausreichendes bedingungsloses Grundeinkommen , damit Menschen Ihre Kreativität und sozialen Beziehungen gestalten können . Füreinander , Miteinander in waffenlosem Frieden