Film der Woche: Marga hat das Patriarchat gründlich satt. Als weibliche Schauspielerin mit migrantischer Herkunft ergattert sie mit Anfang 40 trotz einem vielversprechenden Karrierestart kaum noch Engagements. Dabei spürt sie immer mehr, wie geschlechterspezifisch ungerecht es in der Branche zugeht. Und auch sonst springen sie an jeder trostlosen Berliner Ecke patriarchale Strukturen an. Auf der Straße, im Späti und in den Öffis tummeln sich übergriffige Männer, selbst der Callcenter-Chef wähnt sich genüsslich in einer Machtposition. Und bei jedem Termin beim Arbeitsamt sitzt derselbe Berater im Strickpullunder da, der nichts von ihrer Situation versteht und trotzdem über deren Verlauf mitentscheiden darf. Da hilft nur: Sich zur Wehr setzen und Banden bilden. Denn Patriarchat zerschlagen ist nichts für Einzelkämpferinnen, wie Teresa Bücker bei einer gemeinsamen Bootstour mit der Protagonistin bemerkt. Neben der Autorin begegnen uns noch zahlreiche andere Stimmen des Feminismus in »Geschlechterkampf« – manche in Form ihrer zitierten Gedanken, wie Laurie Penny oder Audrey Hepburn, andere, wie Bücker oder Lady Bitch Ray, leibhaftig. Anhand der Biografie der Hauptdarstellerin versucht »Geschlechterkampf – das Ende des Patriarchats« Geschlechterfragen in einer thesenhaften Annäherung zu erkunden. Am Ende wird klar: Um mit den vorherrschenden Strukturen zu brechen, müssen feministische Kämpfe vereinigt werden. Sarah Nägele
»Geschlechterkampf – das Ende des Patriarchats«: ab 3.8., Kinobar Prager Frühling, Luru-Kino in der Spinnerei
Vor zehn Jahren erzählte der wundervolle Zeichentrickfilm »Ernest & Célestine« von der ungewöhnlichen Freundschaft zwischen einem Bären und einer Mäusedame. Dafür gab es eine Nominierung für den Oscar. Zwischenzeitlich leben die Freunde Ernest und Célestine in einer Wohngemeinschaft. Der Frühling ist da und Bär Ernest erwacht mühsam aus dem langen Winterschlaf. Die Maus Célestine setzt alles daran, die Lebensgeister von Meister Petz zu wecken, aber der Magen knurrt und der Kühlschrank ist leer. Also muss der musikalische Bär erstmal zur Violine greifen, um die Haushaltskasse zu füllen. Doch als die quirlige Mäusedame Célestine die geliebte Geige des Bären holen will, stolpert sie und das Instrument ist hin. Nur der Geigenbauer Octavius kann sie reparieren. Doch der lebt in Ernests Heimat Charabien und der Weg dorthin ist weit. Der Bär hat keine Lust, zurück nach Hause zu reisen. Also macht sich Céleste auf eigene Faust auf den Weg. Aus Sorge reist ihr der Bär hinterher und so landen beide in Charabien, das Land, in dem es überall Musik gibt. Zumindest hatte Ernest es so in Erinnerung. Doch als die beiden dort eintreffen, müssen sie feststellen, dass die Richter alle Töne bis auf einen verboten haben. Deshalb landet der Musikbär Ernest erstmal im Gefängnis, wo er auf die geheimnisvolle Mifasol trifft, Anführerin des Widerstands gegen die strengen Richter. Mit viel Mut, Ideen und Witz überwinden die beiden Freunde jedes Hindernis und bringen die Musik zurück in die Straßen von Charabien. Ein aufregendes musikalisches Abenteuer, dass wieder einmal in wunderschönen Zeichnungen erzählt wird. Vorlage für die fantasievollen Abenteuer von Ernest und Célestine war die Kinderbuchreihe »Mimi und Brumm« von Gabrielle Vincent.
»Ernest & Célestine: Die Reise ins Land der Musik«: ab 3.8., Passage-Kinos
Eine flüchtige Begegnung, kaum mehr als ein kurzes Gespräch auf einem Krankenhausflur, reicht für Shauna und Pierre aus, um sich zueinander hingezogen zu fühlen. Erst 15 Jahre später laufen sich die beiden durch einen Zufall erneut über den Weg. Shauna ist inzwischen 71 Jahre alt, Pierre 45, und beide nicht auf der Suche nach einer neuen Liebe, hat er doch Frau und Kinder und Shauna ist mit ihrem Mutter- und Großmutterdasein ebenfalls ausgefüllt. Und doch entwickelt sich eine Affäre zwischen ihnen, ungeachtet des Altersunterschiedes. Was zentrales Motiv des Films sein möchte, eben jene 26 Jahre, fällt aber dramaturgisch zunächst weder optisch noch physisch besonders ins Gewicht. Nur das Umfeld des Paares wird nicht müde, auf den deutlichen Abstand zwischen Shauna und Pierre hinzuweisen. Fanny Ardant und Melvil Poupaud geben sich größte Mühe, die Anziehung und Unsicherheiten ihrer Figuren zu verkörpern, aber die Geschichte bleibt oberflächlich, fast märchenhaft. Erst die letzten 20 Minuten von »Im Herzen jung« lassen erahnen, wohin der Film mit einem klareren Fokus hätte gehen können. Grund zur Hoffnung gibt er aber allemal: Es gibt sie auch im wahren Leben, die Liebe zwischen Generationen, nahm sich Filmemacherin Carine Tardieu doch der Erzählung der verstorbenen Drehbuchautorin Sólveig Anspach an, die sich zu der Geschichte vom späten Liebesglück ihrer Mutter inspirieren ließ. Hanne Biermann
»Im Herzen jung«: ab 3.8., Passage-Kinos
Weitere Filmtermine der Woche
Wer weiß, wohin?
F/LIB 2011, R: Nadine Labaki, D: Nadine Labaki, Yvonne Maalouf, Claude Baz Moussawbaa, 110 min
Die Frauen um die Café-Besitzerin Amale zetteln in einem kleinen Dorf im Libanon einen Aufstand gegen die Männer an. Humorvoll-märchenhaftes Plädoyer für Toleranz.
Clara-Zetkin-Park, 03.08., 21 Uhr (OmU, Globale)
Nachtkatzen
CH 2022, R: Valentin Merz, D: Adrian Merz, Alain Labrune, Andoni De la Cruz, 100 min
Inmitten der Dreharbeiten zu seinem neuesten Fetisch-Film verschwindet der Regisseur Valentin plötzlich scheinbar spurlos. Der Fall nimmt schnell bizarre Züge an, denn ein spanisches Mitglied der Filmcrew behauptet, im Traum Valentins Leiche in einem Wald liegend gesehen zu haben.
Luru-Kino in der Spinnerei, 04.08., 19 Uhr (in Anwesenheit des Regisseurs, OmU)
Captaine Thomas Sankara
CH 2012, Dok, R: Christophe Cupelin
Dokumentarfilm über den Militäroffizier, Marxist, Revolutionär und Präsident von Burkina Faso.
Clara-Zetkin-Park, 04.08., 21 Uhr (Globale, OmU)
Das andere Leben
D 2020, Dok, R: KO-Filmkooperative Berlin/Jena/Leipzig
Im Film geben elf Interviewpartner aus der Sicht ihrer Lebensgeschichte Einblick in die Gesellschaft der Deutschen Demokratischen Republik.
Richard-Wagner-Hain, 09.08., 21 Uhr (Globale, OmU)
Deadly Dust – Todesstaub
D 2012, Dok, R: Frieder F. Wagner, 93 min
Die Dokumentation erzählt von einem Kriegsverbrechen: dem Einsatz von Uranmunition im Irak, im Bosnienkrieg und im Kosovo.
Clara-Zetkin-Park, 06.08., 21 Uhr (Globale, OmU)
El Enthusiasmo
E 2018, Dok, R: Luis E. Herrero
Der Film legt den Fokus auf einen der erbittertsten Gegner Francos: die Anarchisten und Syndikalisten.
Richard-Wagner-Hain, 08.08., 21 Uhr (Globale, OmU)
Ernst Busch – Themenabend
DDR 1981/81, Dok, R: Konrad Wolf u. a.
Auszüge aus »1935 oder das Faß der Pandora«, der die Lieder von Ernst Busch rund um die Ereignisse im Jahr 1935 kommentiert, und Buschs Zeit »In Spanien« während des Bürgerkrieges 1936–1939.
Richard-Wagner-Hain, 11.08., 21 Uhr (Globale)
Frutos de Resistencia
D/COL 2023, Dok, R: Aline Juárez, 25 min
Fünf ergreifende Geschichten der Hoffnung und des Widerstands aus dem Plastikmeer in Almería, dem Schwerpunkt der industriellen Landwirtschaft in Europa.
Cineding, 10.08., 20 Uhr (mit Gespräch, OmU)
Kobanê
SYR 2022, R: Özlem Yasar, D: Dijle Arjîn, Ziya Çiçek, Asif Ahmed, Awar Elî, Mordem Firat, 140 min
Freizeitclub Columbus Junior, 10.08., 20 Uhr (Kurdistan-Tage Leipzig)
Traumfabrik
D 2019, R: Martin Schreier, D: Dennis Mojen, Emilia Schüle, Ken Duken, 125 min
Die Romanze zwischen einem Komparsen und einer französischen Tänzerin im DEFA-Studio Babelsberg in den 1960er Jahren.
Zeitgeschichtliches Forum, 07.08., 19 Uhr (in der Reihe »Liebe im geteilten Land«)
Gulîstan, Land of Roses
CDN 2016, Dok, R: Zaynê Akyol, 86 min
Dokumentation über weibliche Guerilla-Soldatinnen der kurdischen Arbeiterpartei PKK im Kampf gegen den IS im Irak.
Luru-Kino in der Spinnerei, 03.08., 18 Uhr (Eintritt frei, mit Diskussion, OmU)
Shorts Attack: Sundance Shorts 2023
90 min
Eine Auswahl der preisgekrönten Kurzfilme vom Filmfestival in Sundance: »Help Me Understand», »Inglorious Liaisons», »Parker», »Pro Pool», »Rest Stop», »Take Me Home», »When You Left Me On That Boulevard»
Kinobar Prager Frühling, 09.08., 20 Uhr (OmU)
Filmriss Filmquiz
Wie groß ist Godzilla? Wie lautet der zweite Vorname von Ryan Gosling? Welche Hausnummer trägt das Haus in der Elm Street? Und welcher Film hat eigentlich den Begriff »Easter Egg« geprägt? Diese und viele weitere Fragen gilt es zu wissen, raten oder schätzen, wenn sich wieder der Vorhang hebt zum Filmriss Filmquiz in der Moritzbastei! Knobelt euch durch Bilderrätsel, Soundtracks und Filmclips und holt euch den Gruppensieg! Es winken haufenweise feine Preise zu aktuellen Kinostarts und das gute Gefühl, Bescheid zu wissen – Denn hier zahlt es sich aus, Kinonerd zu sein.
Moritzbastei, 09.08., 20 Uhr
Titelbild: Filmstill aus »Geschlechterkampf – das Ende des Patriarchats«, Copyright Filmgalerie 451