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Kultur

Von Leipzig aus in die Welt

Weltkino-Chef Michael Kölmel blickt zum zehnten Geburtstag des Filmverleihs zurück auf Höhen und Tiefen

  Von Leipzig aus in die Welt | Weltkino-Chef Michael Kölmel blickt zum zehnten Geburtstag des Filmverleihs zurück auf Höhen und Tiefen  Foto: Weltkino Filmverleih

Vor zehn Jahren fand sich in Leipzig eine Gruppe Filmliebhaber zusammen, um einen Verleih zu gründen. Das Ziel: anspruchsvolle Filme aus aller Welt in die deutschen Lichtspielhäuser zu bringen. Seitdem behauptet sich der Leipziger Verleih Weltkino auf dem deutschen Markt. Hervorgegangen ist der Filmverleih aus den Überresten der Kinowelt. Schon einmal hatte Michael Kölmel versucht, gegen die übermächtig erscheinende Konkurrenz aus Hollywood zu bestehen. Lange sah es gut aus: Die Kinowelt hatte sich etabliert, mit Filmen wie »Deutschland, ein Sommermärchen« und der »Saw«-Reihe hatte man waschechte Kinohits. Doch dann kam die Finanzkrise und die große Partnerschaft mit dem französischen Verleih Studiocanal ging in die Brüche.

2011 musste Kölmel die Kinowelt verkaufen und konzentrierte sich fortan auf das DVD-Geschäft mit dem Versandhandel Zweitausendeins. »Und dann kam eben die Idee, nach zwei, drei Jahren: Warum sollen wir uns auf den DVD-Verleih beschränken?«, erinnert sich Kölmel. »Wir machen wieder einen richtigen Filmverleih – einen Filmverleih für Filmkunst.«

Der erste Film fürs Kino wurde »Jung & Schön« des französischen Arthaus-Regisseurs François Ozon – eine Partnerschaft, die Weltkino bis heute begleitet. Im Juli hat der Verleih Ozons 22. Film in die Kinos gebracht: »Mein fabelhaftes Verbrechen«. Ein Filmstart, auf den Kölmel alle Hoffnung legt: »Das letzte und vorletzte Jahr waren anstrengend. Corona war für uns fürchterlich. Es gab diese Hilfen, die Kinos zum Teil erhalten haben. Doch die gab es für uns nicht, weil wir ja nicht einhundert Prozent Umsatz verloren haben. Es gab ja noch die DVDs und Filme, die wir ans Fernsehen verkauft haben. Unser Glück im Pech war, dass wir 2021 einen Hit hatten mit ›Der Rausch‹.«

Fast 800.000 Besucher sahen den Oscargewinner von Thomas Vinterberg, dessen Durchbruch »Das Fest« bereits über Kinowelt nach Deutschland kam. Doch das Polster, das der Film einbrachte, musste für zwei Jahre reichen. Werke wie der Berlinale-Wettbewerbsteilnehmer »Schwesterlein« mit Nina Hoss und Lars Eidinger wurden Opfer der Pandemie. »Da hatten wir das Pech, dass wenige Tage nach dem Start die Kinos schließen mussten.« Trotzdem will Kölmel den Kampf um die Gunst der Zuschauerinnen und Zuischauer nicht aufgeben – trotz der Konkurrenz durch die Streaminganbieter, die besonders dem DVD-Geschäft zusetzen. »Es muss halt Spaß machen. Und es ist immer wieder beglückend, wenn man tolle Filme findet. Dieses Komponierte auf zwei Stunden, das ist schon etwas Tolles.« Mit der Krimi-Serie »German Crime Story: Gefesselt« nach dem Hamburger Säurefassmörder-Fall hat Weltkino unlängst auch eine erfolgreiche Produktion beim Streamingdienst Amazon an den Start gebracht. Der Verleih sucht die Flucht nach vorn. »Unsere Konsequenz aus den schlechten letzten Jahren ist eher, dass wir es noch mal wissen wollen. Also haben wir relativ gute Filme in der Pipeline. Wir haben die Daumenregel: Jeden Monat ein Film. Wenn wir die Dokumentarfilme dazunehmen, sind das insgesamt fünfzehn.«

Dazu zählen der neue Film der »Ziemlich beste Freunde«-Regisseure Olivier Nakache und Éric Toledano (»Une année difficile«), neue Werke von Meisterregisseuren wie Roman Polanski (»The Palace«) und Woody Allen (»Coup de Chance«). Aber auch spannende Dokumentarfilme wie »Living Bach« über das größte Treffen der Bach-Familie in Leipzig. Ein Heimspiel – und aus Leipzig will Kölmel auch so schnell nicht weg: »Leipzig ist schon ein Statement, also dass wir hier bleiben. Wir sind ja sogar die einzige Verleihfirma hier in der Region oder sogar in ganz Sachsen. Das hat an manchen Punkten Nachteile und an manchen Vorteile.« In Leipzig betreibt Kölmel zudem das größte Programmkino der Stadt, die Passage-Kinos.

Beim Stellenwert der Messestadt im internationalen Wettbewerb sieht Kölmel aber viel Luft nach oben. »Deshalb sage ich der Mitteldeutschen Medienförderung immer wieder: Ihr müsst noch mehr Power geben in Leipziger Firmen und nicht nur nach Berlin schielen, wo dann ein Film entsteht, der hier in der Region ein paar Drehtage hat, nur um die Förderung zu legitimieren. Das ist dann ein Eingeständnis dafür, dass in Leipzig nichts Großartiges entsteht, sondern nur huckepack mit anderen, die ihren Sitz in einer anderen Stadt haben.«

Eigene Filme produzieren will Weltkino im kommenden Jahr auch wieder. Dafür hat man sich den Partner Neue Bioskop Film ins Boot geholt – und nach Leipzig, von wo aus auch in den nächsten Jahren Kino für die Welt entstehen soll.


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