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Duftende Schoten

Aus Ostafrika nach Leutzsch: Janine Häbel vertreibt tansanische Vanille

  Duftende Schoten | Aus Ostafrika nach Leutzsch: Janine Häbel vertreibt tansanische Vanille  Foto: Janine Häbel

Wenn Janine Häbel den Raum betritt, bringt sie den Duft der weiten Welt mit. In ihrem Fall ist das mehr als eine Metapher: Die 35-jährige Vielgereiste unterhält seit anderthalb Jahren einen Onlineshop für Vanille, die am Kilimandscharo angebaut wird. Das Besondere an »Kili Vanili«: Häbel vertreibt das wohlriechende Gewürz nicht nur, sie lebt auch einige Monate im Jahr in Tansania – und kennt die Vanillebäuerinnen und -bauern, die sich dort in einem lokalen Verband zusammengeschlossen haben, persönlich.

Ihre Beziehungen ins ostafrikanische Land reichen bereits elf Jahre zurück: Damals absolvierte die gebürtige Döbelnerin ein Praktikum für ihr Ethnologiestudium. In der Stadt Moshi im Norden Tansanias gründete sie zusammen mit ihrer Partnerin die NGO »Good Hope«, die sich um Bildung für sozial benachteiligte Jugendliche kümmert. Inzwischen promoviert Häbel in Amsterdam und spricht fließend Swahili. Als sie vor drei Jahren in Moshi ein Grundstück kaufte, um dort zu leben, bemerkte sie, dass auf dem Nachbargelände Vanille angebaut wurde – und schon war das Interesse der Hobbyköchin geweckt.

Vanille ist ein brisantes Thema in der Region: Madagaskar, das traditionelle Hauptanbaugebiet des Gewürzes, steckt seit 2017 in der Krise. Zeitweise stieg der Kilopreis auf dem internationalen Markt auf 700 Euro, die Luxusschoten weckten Begehrlichkeiten. Eine hohe Kriminalität, erzählt Häbel, führte dazu, dass Vanilleschoten geerntet werden mussten, bevor sie reif waren, da sie sonst von der Pflanze weggestohlen wurden. Durch die verfrühte Ernte sank die Qualität der Vanille. Gleichzeitig stieg – angetrieben durch Spekulationen – der Preis, während sich die verfügbare Menge durch Zyklone und Missernten verknappte.

Janine Häbel weiß eine Menge über Vanille, man merkt ihr die intensive Beschäftigung mit der Pflanze an. Als damals ihr Interesse geweckt war, nahm sie Kontakt zum lokalen Bauernverband auf. »Die einzelnen Bauern produzieren 5 bis 30 Kilo Vanille im Jahr, der Verband erntet aktuell etwa 450 Kilo jährlich«, erzählt sie. Der getrockneten, verkaufsfertigen Vanilleschote geht ein langwieriger und aufwendiger Prozess voraus: Die ursprünglich aus Mexiko stammende Orchideenpflanze wird in ihrer Heimat von Kolibris und Bienen bestäubt. Doch die gibt es in Tansania nicht. Deshalb muss das Prozedere von den Bäuerinnen und Bauern per Handarbeit übernommen werden. »Während der Blütezeit im Oktober gibt es täglich nur ein schmales Zeitfenster bis zum Mittag, in dem bestäubt werden kann.« Aus so einer bestäubten Blüte entsteht innerhalb von neun Monaten eine Schote. Nach der Ernte werden die Schoten gewogen und zum Trocknen vorbereitet.

Vanilleschoten in der Sonne
Vanilleschoten trocknen in der Sonne

Auch dieses Verfahren ist aufwendig: Zuerst kommen die Schoten kurz in heißes Wasser. Das tötet die Keime ab und leitet den Fermentationsprozess ein. Anschließend wickelt man die Schoten in Wolldecken und legt sie zum Schwitzen in große Holzkästen. Ein bis zwei Monate lang werden die Decken täglich für zwei Stunden herausgeholt und die Schoten in der Sonne ausgebreitet. Sieben Kilo grüne Vanille reduzieren sich so zu einem Kilo für den Verkauf. Sind die Schoten getrocknet, werden sie nach Größe sortiert und abgepackt. Den kleinen, dünnen Stängeln, die man aus deutschen Supermärkten kennt, ähneln sie wenig – sie sind deutlich größer, breiter und enthalten mehr vom kostbaren Mark.

Ein Leipziger, der Häbels Vanille für seine Backwaren einsetzt, ist Konditor Mario Krüsmann: »Uns ist es wichtig, fair gehandelte Rohstoffe zu verwenden. Auch wenn die Zertifizierung fehlt, kennen wir ja die Geschichte dahinter.« In seinem gleichnamigen Café in Lindenau kann man die Röhrchen mit den Stängeln direkt kaufen. Auch Sophie Kaufmann von S1 Vinyl & Kaffee backt mit Häbels Vanille: »Sie ist ganz unkompliziert zu beziehen, wird lokal – hier in Leutzsch – vertrieben. Und es macht immer Spaß, das Döschen zu öffnen und die Vanille zu riechen!«

Zurzeit ist Häbel die Einzige, die ihre Vanille direkt beim örtlichen Bauernverband bezieht. Der Rest der Ernte geht an Zwischenhändler. Für die Bauern ist die Zusammenarbeit mit Kili Vanili vorteilhaft: So bleibt mehr Geld bei ihnen. Auch Häbel schätzt die entstandene Partnerschaft und möchte sich langfristig engagieren: »Vanille interessiert mich«, sagt sie. »Das Gewürz wird gebraucht. Außerdem kann ich auf diese Weise mit Menschen zusammenarbeiten, die ich mag – und habe gute Gründe, immer wieder nach Tansania zurückzukehren.«

> Kili Vanili, Georg-Schwarz-Str. 122, 04179 Leipzig, www.kilivanili.de


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