anzeige
anzeige
kreuzer plus

Akte X

Die Grundrechtsverletzungen um den Tag X werden ohne politische Folgen bleiben. Die Betroffenen sind weiteren Repressalien ausgesetzt.

  Akte X | Die Grundrechtsverletzungen um den Tag X werden ohne politische Folgen bleiben. Die Betroffenen sind weiteren Repressalien ausgesetzt.  Foto: Tim Wagner

Fast drei Monate sind nun vergangen seit dem sogenannten Tag X in Leipzig. Aus Anlass des Urteils am Oberlandesgericht Dresden gegen Lina E. und drei weitere Angeklagte wegen Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung hatten linke Gruppen am ersten Juni-Wochenende zu Protesten aufgerufen. Früh war klar, dass die Stadt Leipzig in Zusammenarbeit mit der Polizei diese Proteste soweit wie möglich klein halten wollte. Vor allem aber sollte um jeden Preis verhindert werden, dass es zu gewalttätigen Ausschreitungen kommt. Der Preis waren in diesem Fall die Grundrechte, die bereits mit der von der Versammlungsbehörde erlassenen Allgemeinverfügung massiv eingeschränkt wurden.


Elf Stunden ohne Grundversorgung

So war das gesamte Wochenende jede kollektive Meinungsäußerung zum Urteil im »Antifa-Ost«-Verfahren verboten. Einzig eine Demonstration, und zwar gegen das Demonstrationsverbot, blieb am Ende erlaubt. Auch diese durfte aber nicht laufen, sondern wurde zuerst auf eine stationäre Kundgebung eingeschränkt und mündete schließlich am Heinrich-Schütz-Platz im »Leipziger Kessel«, der bundesweit für Diskussionen sorgte. Bis zu elf Stunden, ohne Grundversorgung und Zugang zu Toiletten, wurden dort weit über 1.000 Menschen zum größten Teil willkürlich festgehalten, darunter auch viele Minderjährige. Selbst Amnesty International meldete sich im Anschluss zu Wort und kritisierte diese Maßnahme scharf.

Nachdem Stadt und Polizeiführung kurz nach dem Protestwochenende noch jegliche Kritik abtaten und sich gegenseitig für den gelungenen Einsatz lobten, gestand der Leipziger Polizeipräsident René Demmler Ende Juni doch ein paar Fehler ein, vor allem bezüglich der Kommunikation und der Dauer des Kessels. Zugleich hielt er fest: »Wir sind nach wie vor der Meinung, dass das alles rechtmäßig ist.« Ganz anders die Einschätzung des republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV), der zwei Wochen nach dem Tag X in Leipzig tagte. In einer Pressemitteilung kritisierte der Verein die »offensichtlich rechtswidrigen Repressionsmaßnahmen, die Leipzig am Wochenende des 2. bis 4. Juni 2023 in einen grundrechtsfreien Raum verwandelt haben«.

 

Polizeiliche Zahlenspiele


Kommentieren


0 Kommentar(e)