Der Eintrittsstempel ist ein Pilz, im Treppenhaus zeigen Bilder neonfarbene Konturen auf schwarzem Grund, im Toilettenbereich gibt es Memes über Drogenkonsum – versehen mit dem Hinweis, dass diese Drogenkonsum verherrlichen und nicht die Meinung der Veranstalter des Kongress’ widerspiegeln. Willkommen beim zweiten Drogenkulturkongress in Leipzig, willkommen in der Klinge 22, einem hellen Coworking-Space im Leipziger Westen. Eingeladen hat die Psychedelic Society Leipzig, auf dem Programm stehen Workshops, Vorträge und Lesungen. Es geht um kompetenten Konsum, Microdosing und holotropes Atmen, aber auch um die Prävention vor sexuellen Übergriffen bei Zeremonien, den Umgang mit Verschwörungsmythen in der Szene und die Entstigmatisierung und Entkriminalisierung von Konsumierenden. »Uns war es wichtig, verschiedene Aspekte auf dem Kongress einzubeziehen: vom geschichtlichen Überblick über safer use bis hin zu kritischen Perspektiven«, beschreibt Maximilian Wüsten das Programm. Er ist Vorstandsmitglied der Psychedelic Society und hat den Kongress mitorganisiert.
Die vermutlich bekannteste psychedelische Droge ist LSD, aber auch halluzinogene Pilze und magic mushrooms gehören dazu. Alle Substanzen führen zu Bewusstseinsveränderungen, man nimmt Farben und Töne teilweise intensiver war oder sieht Dinge, die real nicht existieren. Viele dieser psychedelischen Substanzen sind in Deutschland illegal, aber zunehmend beschäftigt sich die Wissenschaft mit der Frage, ob Psychedelika gegen Depressionen oder Suchterkrankungen helfen können.
Doch vielen Konsumierenden geht es gerade um die bewusste Möglichkeit der Bewusstseinsveränderung. Diesen Ansatz vertritt auch die Psychedelic Society: »Wir sind überzeugt, dass Psychedelika ein großes Potenzial haben. Menschen können mit diesem Werkzeug Erfahrungen machen, die sie weiterbringen«, sagt Wüsten.
Der Kongress ist vor allem als Austauschort gedacht: »Wir wollten einen Raum schaffen, in dem man sich ohne Tabuisierung und Stigmatisierung über seine Konsumerfahrung austauschen kann«, sagt Wüsten. Neben der »Szene« soll der Kongress auch Menschen ansprechen, die selbst noch keine Konsumerfahrung haben, sondern neugierig sind. »Für uns ist es wichtig, dass die Diskussion über Entkriminalisierung und Entstigmatisierung auch in der Mitte der Gesellschaft ankommt – und im sozialen Umfeld der Konsumenten«. Rausch und der Wunsch nach Bewusstseinsveränderung gehöre zum universellen Bedürfnis der Menschen, heißt es auf der Website der Veranstaltung. »Uns geht es darum, Aufklärungsarbeit zu leisten und Informationen zu sicherem und risikoarmem Konsum bereitzustellen. Die Risiken von Drogenkonsum dürfen nicht außer Acht gelassen werden, aber sehr lange war der Diskurs von rein negativen Bildern geprägt. Jetzt ist Zeit für die positiven Aspekte«, beschreibt Wüsten die Ziele der Society.
Auch den meisten Besucherinnen und Besuchern der Veranstaltung geht es darum, miteinander ins Gespräch zu kommen. »Ich bin wegen des Vortrags zur schamanischen Weltsicht gekommen. Aber mir geht es auch darum, mit Gleichgesinnten zu connecten, mich inspirieren zu lassen«, erklärt Saskia aus Leipzig, warum sie zum Kongress gekommen ist. »Mich interessiert sowohl die psychologische als auch die spirituelle und die vergnügliche Sicht auf Psychedelika«, erzählt Tom, der extra aus Berlin angereist ist.
Am Ende des dreitägigen Kongresses schätzen die Veranstalter, dass pro Tag etwa 130 Gäste anwesend waren. Dass ein Raum für Austausch entstanden ist, zeigt sich auf dem Gelände. Überall stehen Menschen zusammen, sprechen über ihre Erfahrungen und diskutieren rege miteinander.
Wie kompliziert die Entkriminalisierung von Drogen dann doch ist, zeigt die geplanten Cannabis-Legalisierung der Bundesregierung. Es bleibt eine Abwägung zwischen Freiheit des Einzelnen und Fürsorgepflicht des Staates. Und ob nach Cannabis auch andere Drogen erlaubt werden, steht derzeit noch gar nicht zur Debatte.