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Kultur

Leben und Sterben auf der Leinwand

Die Kinostarts der Woche

  Leben und Sterben auf der Leinwand | Die Kinostarts der Woche  Foto: Filmstill

Das »Electric Cinema«, das fahrbare Kinomobil der Schaubühne Lindenfels, kommt im Vorfeld der Französischen Filmtage an vier Terminen zurück auf Leipzigs Straßen! Eine »Kinowanderung« beinhaltet vier Stationen mit jeweils ca. 10 Minuten Programm mit französischen Kurzfilmen und Filmszenen.Die ersten beiden Termine werden im Leipziger Westen und damit in der Nähe der Schaubühne Lindenfels stattfinden, die an den Tagen gleichzeitig auch als Start- und Endpunkt fungieren wird. Am Freitag, den 17.11. und Dienstag, den 21.11. geht es dann in Richtung Zentrum, um selbstverständlich auch in unmittelbarer Nähe der Passage-Kinos präsent zu sein.

Der Eintritt ist frei (Spende optional). Um Voranmeldung unter service@schaubuehne.com wird gebeten.

10., 15.11., jeweils 18.30 Uhr, Schaubühne Lindenfels

 

Film der Woche: Alle kommen zusammen, im Haus des Großvaters von Sol. Die Siebenjährige streift durch die Zimmer und beobachtet das hektische Treiben. Es wird gekocht, gebacken und geputzt, Geister werden ausgetrieben, Familienmitglieder und Freunde treffen ein, um den Geburtstag von Sols Papa Tona zu feiern. Eine Feier des Lebens und des Abschieds soll es werden, denn Tona ist schwer krank, dieser Geburtstag wird sein letzter sein. Eine verwirrende Zeit für das Mädchen, das plötzlich erwachsen werden muss, aber viel lieber durch den Garten streift und die Insekten beobachtet. Beeindruckend reflektiert wird sie verkörpert von Naíma Sentíes, die hier zum ersten Mal vor der Kamera stand und im Zentrum eines einnehmenden Ensembles agiert. Ist die Vielzahl der Figuren und Gespräche am Anfang noch recht überfordernd, fügt sich an dem schicksalhaften Tag eins zum anderen, sentimental, aber ohne Kitsch. Ein in allen Belangen bewegendes Familiendrama aus Mexiko, das verdient den Preis der Ökumenischen Jury bei der diesjährigen Berlinale erhielt.

»Tótem«: ab 9.11., Passage-Kinos

 

Franky ist Anfang 20 und weiß noch nicht so recht, wohin sie ihr Leben steuern soll. Geld verdient sie mit einem öden Job im Getränkemarkt und mit ihrer besten Freundin Katja teilt sie sich eine Wohnung, in der auch schon mal wilde Partys gefeiert werden. In Liebesangelegenheiten ist die junge Frau recht schüchtern und gelegentlich himmelt sie ihren desinteressierten Nachbarn an. So weit, so durchschnittlich. Immer wenn sie in Situationen gerät, die sie emotional überfordern, »beamt« sie sich jedoch per Aufzug in ein baufälliges Belle-Époque-Hotel, dessen vier schräge Angestellte und Gäste unterschiedliche Aspekte von Frankys Persönlichkeit verkörpern – und die dann auch in der realen Welt zeitweise die Kontrolle übernehmen, was irgendwann für jede Menge Gefühlschaos sorgt. Regisseurin Birgit Möller hat für ihren zweiten Kinospielfilm zusammen mit Ko-Autor Knut Mierswe eine charmante, märchenhafte Liebeskomödie entworfen, die ähnliche Knöpfe drückt wie vor über zwanzig Jahren Jean-Pierre Jeunets Genreklassiker »Die fabelhafte Welt der Amélie«. Dank der originellen Gedankenhotel-Idee schafft es »Franky Five Star« aber fantasievoll und effektiv, eigene Schwerpunkte zu setzen. Als Glücksgriff erweist sich dabei Darstellerin Lena Urzendowsky (»Kokon«), die Unsicherheit und Verpeiltheit der Hauptfigur ebenso überzeugend transportiert wie deren Liebesbedürftigkeit und Lebenslust. PETER HOCH

 »Franky Five Star«: ab 9.11., Luru Kino in der Spinnerei

 

Haider ist mit Mumtaz verheiratet, die beiden sind aber noch immer kinderlos, im Gegensatz zu seinem Bruder, dessen Frau zum fünften Mal Nachwuchs bekommt. Alle wohnen noch zusammen mit Haiders Vater in einer einfachen Bleibe in Lahore. Haider war bislang als Hausmann tätig und fungierte für seine vier Nichten als Vorbild-Onkel. Nun erhält er das Angebot, in einem erotischen Theater für die Trans-Tänzerin Biba als Background-Tänzer tätig zu werden. Haider hat zunächst Skrupel, zumal er weiß, dass sein Vater dies niemals gutheißen würde. Nachdem er Biba aber kennengelernt hat, ist er von der hübschen Trans-Frau dermaßen fasziniert, dass er den Job nicht nur auf der Stelle annimmt, sondern sich auch in seine neue Chefin verliebt. Saim Sadiq ist in seinem Langfilmdebüt »Joyland«, das 2022 in Cannes mit der Queer Palm und dem Jurypreis der Sekion »Un Certain Regard« ausgezeichnet wurde, tief in das zwischen Traditionen und Moderne oszillierende Pakistan unserer Tage eingetaucht und erzählt die Geschichte einer sehnsuchtsvollen Begegnung, der von Anfang an etliche Hindernisse im Weg stehen. Man ahnt schon früh, dass die konservative Familie mit dem verruchten Arbeitsplatz Haiders ihre Probleme haben wird, auch ohne dass sie alle Details kennen. Aber auch in Bibas direktem Umfeld kommt es zu Diskriminierungen und Mobbing, was man als westlicher Betrachter traurig und beschämt registriert. Ein ruhiger, durchdachter Erstlingsfilm, der mitunter eine beeindruckende poetische Kraft entfaltet. FRANK BRENNER

»Joyland«: ab 9.11., Passage-Kinos

 

Robert Seethalers 2014 erschienener Roman „Ein ganzes Leben“ wurde in 40 Sprachen übersetzt und hat sich allein im deutschsprachigen Raum mehr als 1,1 Millionen Mal verkauft. Es ist die Chronik eines Lebens von den ersten Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts, über zwei Weltkriege hinweg bis in die Moderne. Der Waisenjunge Andreas Egger wächst in den österreichischen Alpen auf dem Hof des Kranzstocker auf, wird geschlagen und misshandelt, bis er als Erwachsener endlich dem freudlosen Zuhause den Rücken kehrt. Gebildet ist er nicht, aber seine Kraft verschafft ihm schnell eine Arbeit bei der Errichtung der ersten Seilbahnen. In einer Gastwirtschaft lernt er die schüchterne Marie kennen und lieben. Doch der Wandel der Zeit meint es nicht gut mit den beiden. Der Jahrhundertoman erzählt eine universelle Geschichte und erhielt viel Kritikerlob. Regisseur Hans Steinbichler fast die 80 Lebensjahre in zwei Stunden Film und idyllische Naturaufnahmen. Mit schwachen Dialogen und klischeehaften Figuren mag allerdings keine rechte Empathie für die Figuren aufkommen. 

»Ein ganzes Leben«: ab 9.11., Passage-Kinos, Schauburg

 

Weitere Filmtermine der Woche

Filmriss Filmquiz
Wie groß ist Godzilla? Wie lautet der zweite Vorname von Ryan Gosling? Welche Hausnummer trägt das Haus in der Elm Street? Und welcher Film hat eigentlich den Begriff »Easter Egg« geprägt? Die Antwort auf diese und viele weitere Fragen gilt es zu wissen, zu raten oder zu schätzen, beim Filmriss Filmquiz, präsentiert von André Thätz und kreuzer-Redakteur Lars Tunçay. Als Lohn winken Preise zu aktuellen Kinostarts und das gute Gefühl, Bescheid zu wissen. Hier zahlt es sich aus, Kinonerd zu sein.

Moritzbastei, 15.11. 20:00


Unter dir die Stadt 
D 2010, R: Christoph Hochhäusler, D: Nicolette Krebitz, Mark Waschke, Robert Hunger-Bühler, 110 min

Konzentrierte Personenstudie von Christoph Hochhäusler im Milieu der Frankfurter Hochfinanz. »Das intensive Bild einer Sphäre, deren Bewohnern im Zuge ihrer permanenten Selbst-Performance der Bezug zur Wirklichkeit entglitten ist.«

Architektenkammer Sachsen, 14.11. 17:00 (Architektur im Film)


Für immer 
D 2023, Dok, R: Pia Lenz, 87 min

Eva und Dieter Simon sind seit mehr als 60 Jahren ein Paar. Filmemacherin Pia Lenz ergründet das Geheimnis ihrer Partnerschaft in einem einfühlsamen Dokumentarfilm.

Passage-Kinos, 10.11. 18:30 (Premiere mit Regisseurin)


Ich bin dein Mensch 
D 2021, R: Maria Schrader, D: Maren Eggert, Dan Stevens, Sandra Hüller, 108 min

Basierend auf der Erzählung von Emma Braslavsky inszenierte Maria Schrader die Annäherung einer Frau zu einem Partnerschafts-Roboter.

Zeitgeschichtliches Forum, 09.11. 19:00 (Wissenschaftskino)


Das schwarze Quadrat
D 2020, R: Peter Meister, D: Bernhard Schütz, Sandra Hüller, Jacob Matschenz, 105 min

Schwarze Krimikomödie um zwei Kunstdiebe, die auf einem Kreuzfahrtschiff ein geraubtes Bild ihrem Auftraggeber aushändigen wollen und getarnt als David-Bowie und Elvis-Imitatoren in haarsträubende Situationen geraten.

Bibliothek Schönefeld, 09.11. 18:30
 

Istina & Neues vom Ballaballa-Balkan
SRB/D 2023, R: Tamara Denić, D: Nika Rozman, Milica Vuksanovic, Elizabeta Djorevska, 30 min

Als Fotojournalistin eines investigativen Redaktionsteams in Belgrad wird Jelena zum Ziel rechtsextremer Gruppierungen. Gewinnerfilm des diesjährigen Student*innen-Oscars. Präsentiert wird er von den Machern des Podcasts für Polemik und Palaver mit dem Schwerpunkt Südosteuropa.

Cinémathèque in der Nato, 10.11. 19:30 (Film und Podcast, OmU)


Nur eine Frau
DDR 1958, R: Carl Balhaus, D: Karla Runkehl, Rudolf Grabow, Lore Frisch, Eva-Maria Hagen, 105 min

Ein biografischer Film über die Frauenrechtlerin Louise Otto-Peters, Autorin sozialkritischer Romane und Gründerin der ersten Frauenzeitschrift Deutschlands.

Cineding, 16.11. 19:00 (Filmgespräch)
 

Elaha 
D 2023, R: Milena Aboyan, D: Derya Dilber, Derya Durmaz, Bayan Layla, 110 min

Elaha wird kurz vor ihrer Hochzeit damit konfrontiert, dass ihr Umfeld die Erwartungshaltung eines intakten Jungfernhäutchens an sie heranträgt, was die junge Deutsch-Kurdin in eine existenzielle Krise stürzt.

Passage-Kinos, 12.11. 18:45 (Preview)


Demon Pond
J 1979, R: Masahiro Shinoda, D: Tamasaburô Bandô, Go Kato, 123 min

Die japanische Fantasy-Romanze erzählt die Legende von einem kleinen Dorf, dessen Teich von einer mythischen Kreatur bewohnt wird.

Cineding, 11.11. 21:15 (OmU, Reihe Zeitlos)
 

Expedition: Depression
D 2022, Dok, R: Michaela Kirst, Axel Schmidt, 91 min

Fünf junge Erwachsene auf Roadtrip durch Deutschland – auf den Spuren der Depression. Auf der Suche nach Antworten zur Erkrankung.

Kinobar Prager Frühling, 16.11. 17:00 (mit dem Leipziger Bündnis gegen Depression)
 

Auf der Kippe 
D 2023, Dok, R: Britt Beyer, 86 min

Porträt der Lausitz vor dem Kohleausstieg und wie sich die Gegend im Namen des Strukturwandels neu erfinden muss.

Cinémathèque, 17.11. 18:30 (mit Filmgespräch, OmU)


Best of Kurzsuechtig: Mitteldeutsche Kurzfilmnacht 

15.11. 20:00, Sechs Kurzfilmhighlights der Mitteldeutschen Kurzfilmnacht.

Ost-Passage-Theater
 

Die Höhenluft – Für Alle und Keinen
D 2023, R: Mika’Ela Fisher, D: Mika’Ela Fisher, 100 min

Ein Beobachter, der weder zu erfassen noch sichtbar ist, wird Zeuge eines infamen Schauspiels mitten im Gebirge. Seine Stimme kommentiert die Abläufe des Geschehens, nach Worten von Nietzsche.

Kinobar Prager Frühling, 17.11. 18:00 (Premiere mit der Regisseurin)
 

Geschichten hinter vergessenen Mauern III
D 2012, Dok, R: Enno Seifried, 87 min

In seiner »Lost Places«-Dokumentarfilmreihe sucht der Leipziger Enno Seifried verlassene Gebäude und erzählt ihre Geschichten.

KOMM-Haus, 16.11. 19:00 (Eintritt frei)
 

Queer Lieben und Leben 

Die Denkmalwerkstatt der Stiftung Friedliche Revolution lädt zum Doppelfilmabend im Cinema Casino zum Thema Queer Lieben und Leben. Zwei Filme und Gespräch bei freiem Eintritt.

Denkmalwerkstatt, 14.11. 18:00 (Filmgespräch mit der Regisseurin Barbara Wallbraun)


Uferfrauen – Lesbisches L(i)eben in der DDR
D 2019, Dok, R: Barbara Wallbraun, 115 min

Die Doku porträtiert sechs lesbische Frauen, die vom Leben als Homosexuelle in der DDR berichten.

Denkmalwerkstatt, 14.11. 18:00 (Cinema Casino)

 

Coming Out 
DDR 1988, R: Heiner Carow, D: Michael Gwisdek, Dagmar Manzel, Matthias Freihof, 108 min

Der einfühlsam erzählte Film über die Konflikte eines jungen Lehrers, der sich mit seiner verdrängten Homosexualität konfrontiert sieht, feierte in der Nacht Premiere, in der die Mauer fiel. Heiner Carow, Regisseur des DDR-Kultklassikers »Die Legende von Paul und Paula«, inszenierte die DEFA-Produktion.

Denkmalwerkstatt, 14.11. 20:45 (Cinema Casino)


Queer Xplicit

Queeres Programm mit diversen und intersektionalen (Kurz‐)Filmen – experimentell, künstlerisch, dokumentarisch, erotisch.

Kinobar Prager Frühling, 11.11. 19:00, 12.11. 20:00


The lost Boys 
USA 1986, R: Joel Schumacher, D: Kiefer Sutherland, Corey Feldman, Jami Gertz, 93 min

Tagsüber schlafen sie. Nachts jagen sie auf ihren Motorrädern durch die Vergnügungsanlagen des Küstenstädtchens Santa Clara: Die »Lost Boys«, eine Gang moderner Vampire. Furios trashiges Vampirhorror-Rock-Märchen aus den Achtzigern.

Passage-Kinos, 13.11. 20:00 (Filmgespräch, OmU, Passagen Werke − Unsere Lieblingsfilme,wissenschaftlich aufgearbeitet)
 

Queerfilmfestival Weimar und Leipzig 2023

Cineding, 09.11. 19:00


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