Slow Pulp stammen ursprünglich aus Wisconsin, wohnen aber inzwischen in Chicago. Emily Massey, ihres Zeichens Sängerin und Gitarristin der Band, hat in den letzten Jahren so einiges durchgemacht. Gerade als die Gruppe im Jahr 2019 nach drei EPs und angenehmen Tour-Erfahrungen mit Alex G etwas bekannter wurde, sah sie sich plötzlich mit zwei Diagnosen auf einmal konfrontiert: Lyme-Borreliose und chronische Mononukleose. Beide Krankheiten beeinträchtigen ihren Alltag enorm und sind dementsprechend mental herausfordernd. Zu allem Überfluss wurden wenig später ihre Eltern bei einem Autounfall schwer verletzt, so dass sie zeitweilig nach Wisconsin zurückkehrte, um deren Gesundung zu unterstützen.
Für das Debüt »Moveys« nahm sie deshalb ihren Gesang gemeinsam mit ihrem Vater, der ebenfalls Musiker ist, in dessen Home-Studio auf. Daraufhin schickte sie die Tonspur nach Chicago, wo dann der Rest der Band das Album fertigstellte. In diesem Jahr wechselten Slow Pulp zum renommierten Indie-Label Anti Records und brachten dort kürzlich ihr zweites Werk »Yard« heraus. Hierfür nahm Massey die Vocals erneut getrennt von ihren Kollegen auf. Diesmal aber in selbst gewählter Isolation in einer abgelegenen Hütte in Wisconsin. Daher ist es kaum verwunderlich, dass freiwillige und unfreiwillige Isolation wichtige Themen in den Songtexten des Zweitlings sind. Zusätzlich geht es um den ganz normalen Wahnsinn des Alltags: Selbsthass, Menstruationsbeschwerden und sich selbst erfüllende Prophezeiungen.
Klanglich sind Slow Pulp ein guter Beweis für die Genre-Fluidität im aktuellen Indie-Pop. Insbesondere auf dem zweiten Album jongliert das Quartett so virtuos mit College-Rock, Dream-Pop und Country, dass einem die Ohren schlackern. Alle ihre Songs klingen schwer nach den Neunzigern. So viel ist bereits beim ersten Hören offenkundig. Bands wie The Breeders und The Beths dürften »Yard« umgehend ihren Segen erteilen. Denn Slow Pulp sind eine gute Adresse für Menschen, die der Kombination aus verträumtem weiblichem Gesang und schrammeligen Gitarren etwas abgewinnen können. Eine große Leistung von »Yard« ist es zudem, dass es viele Stimmungen von ausgelassen bis niedergeschlagen bedient. Daher sollte keine unnötige Langeweile beim Konzert aufkommen.
> 14.12., 20 Uhr, Conne Island