mdbk.de
Katharinenstr. 10, 04109 Leipzig
Di, Do–So, Feiert. 10–18, Mi 12–20 Uhr
Was gibt es zu sehen?
Über 4.600 Gemälde, 1.800 Plastiken, Skulpturen, Medaillen und Plaketten, über 5.000 Fotografien und über 70.000 Arbeiten auf Papier
Einsame Inseln
Manchmal ist man ignorant. Oder unwissend. Manchmal beides. Ich zumindest. Frisch in Leipzig angekommen – das Konzept der schrumpfenden Stadt war noch nicht ersonnen –, erstand ich in einer Buchhandlung ein eigenartiges Gemälde. Also den Kunstdruck eines eigenartigen Gemäldes, nämlich »Die Toteninsel V« von Arnold Böcklin. Damit hatte ich etwas mit Sigmund Freud gemein, aber das wusste ich damals noch nicht – wie mir auch entgangen war, dass das Original im Leipziger Bildermuseum hängt. Aber wir hatten auch nur Modem.
Also hängte ich den Druck neben meinen Schreibtisch. Und erfreue mich seitdem am dunklen Symbolismus dieses steinigen Felseneilands, auf das ein Boot mit Trauerndem und Sarg zusteuert. Eigentlich fährt es in die falsche Richtung, denn der Ruderer kehrt mir Betrachter den Rücken zu. Das bemerkte ich spät. Böcklin malte das Motiv der Toteninsel in fünf Variationen. Die letzte davon erwarb der Leipziger Kunstverein 1886. Durch eine entsprechende Radierung machte der Leipziger Max Klinger die Komposition berühmt. Sergei Rachmaninow ließ sich zu einer sinfonischen Dichtung inspirieren – er sah das Gemälde wohl in Leipzig. Ich kannte das Motiv längst, bevor ich herzog. Und war geplättet, ihm plötzlich im Museum zu begegnen.
»Unsere skulpturalen Projekte auf den Terrassen (Mahama, Chiharu Shiota, Hito Steyerl, Sandra Mujinga …) liegen in den entgeltfreien Bereichen, also kommt ihnen künftig eine größere Bedeutung zu, auch für Kunstvermittlungsformate. Die Kunstvermittlung erarbeitet ein neues ›Toolkit‹, das eine kreative Auseinandersetzung mit der Dauerausstellung ermöglichen soll.
Grundsätzlich möchten wir Performances stärken: Auch diese würden wir dann in die entgeltfreien Bereiche legen, so dass Besuchende spezifisch nur dafür kommen können. Wir werden bestehende Formate (Blaumachen, Führungen in Gebärdensprache) auch in die entgeltfreien Bereiche legen, damit sie kostenlos angeboten werden. Das Angebot der eintrittsfreien Dauerausstellung ermöglicht auch eher kurze individuelle Besuche, auf die wir durch entsprechende Angebote reagieren werden, dies befindet sich aber noch in Abstimmung. Außerdem werden wir Kooperationen – DOK, Kinder- und Jugendkunstausstellung, F/Stop – anders ins Haus hinein wirken lassen können. Wir müssen sie nicht mehr aufs Erdgeschoss einschränken, da die Besuchenden solcher Veranstaltungen dann ja ohne Ticket etwa in die große Mittelhalle oder auf die Terrassen ins 2. OG gehen können.
Wir erwarten uns also, dass die Dauerausstellung ein Ort wird, an dem viel passiert. Längerfristig geht es um die Idee des Museums als ›dritter Ort‹. Jedenfalls möchten wir perspektivisch innerhalb der Dauerausstellungsbereiche auch Räume (Terrassen, Bibliothek, Studio) anbieten, die von sozialen Trägern oder Vereinen oder Gruppen auch für eigene Veranstaltungen genutzt werden können. Hier erwarten wir uns perspektivisch, dass die Stadt das Museum nicht nur als Lernort wahrnimmt, sondern auch als Ort der Begegnung mit anderen Menschen und natürlich mit Kunst.«
– Stefan Weppelmann, Museumsdirektor
Geschichte des Hauses
1848
Der 1837 gegründete Kunstverein eröffnet am 10. Dezember in der Bürgerschule auf der Moritzbastei eine Ausstellung zeitgenössischer Künstler unter der Bezeichnung »Städtisches Museum«
1853
Der Leipziger Seidenwarenhändler Adolf Heinrich Schletter vermacht der Stadt testamentarisch seine Sammlung zeitgenössischer französischer Kunst sowie ein Vermögen, damit sie innerhalb von fünf Jahren ein Kunstmuseum errichtet
1858
Eröffnung des Kunstmuseums an der Südseite des Augustusplatzes am 18. Dezember
1883–86
Erweiterung des Baues durch Hugo Licht aus den Mitteln von Franz Dominic Grassi
1943
Zerstörung des Gebäudes am 4. Dezember durch Luftangriffe der Royal Air Force
1952
Nach Zwischenstation in der ehemaligen Reichsbank in der Petersstraße Umzug ins ehemalige Reichs- und heutige Bundesverwaltungsgericht (dort bis 1997)
1963
Einrichtung der Abteilung »Sozialistische Gegenwartskunst«
1996
Beschluss der Stadt: Neubau des Museums auf dem Sachsenplatz, Bauphase 1999–2004, 74,5 Millionen Euro Kosten
2004
Nach zwischenzeitlichem Umzug ins Interim Handelshof eröffnet der MdbK-Neubau am 4. Dezember mit 10.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche