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Ausflug & Reise

Zwischen Bier und Blindengarten

Radeberg in Ostsachsen hat einen Mix aus Kultur, Natur und Kulinarik 

  Zwischen Bier und Blindengarten | Radeberg in Ostsachsen hat einen Mix aus Kultur, Natur und Kulinarik   Foto: Stadt Radeberg

Mit Braunkohle hat Radeberg nichts zu tun. Trotzdem profitiert die Stadt nahe Dresden in den kommenden Jahren vom Ausstieg aus der Kohlenutzung und dem Fördergeld, das vom Bund zur Bewältigung des Strukturwandels ins Lausitzer Revier fließt. Die gesetzlichen Bestimmungen machen es möglich. Und so bekommt Radeberg voraussichtlich um die 8,5 Millionen Euro. Damit soll die Hüttermühle im Hüttertal hergerichtet werden. In den schon lange leer stehenden Gebäudekomplex mit Ausflugslokal soll unter anderem ein Café einziehen. Auch Übernachtungsmöglichkeiten will die Stadt schaffen. Sie setzt auf Tourismus. Obwohl sie, so meinen manche, vielleicht auch ohne ganz gut leben könnte, im Speckgürtel von Dresden. Zudem haben hier und in Nachbarorten gleich mehrere mittelständische und ein größerer Lebensmittelhersteller ihren Sitz. Allen voran die Radeberger Brauerei. Ihretwegen hat sich Radeberg den Beinamen »Bierstadt« gegeben. Ein Biertheater gibt es auch: 2002 wurde es im einstigen Hotel »Kaiserhof« etabliert. Woher es seinen Namen erhielt, ist ungeklärt. Ein Kaiserbesuch oder gar eine kaiserliche Residenz lässt sich für Radeberg nicht nachweisen. Das Biertheater jedenfalls bringt Humorvolles auf die Bühne. Mit eigenen Stücken in sächsischer Mundart, die Titel haben wie »Bier frei!«, »Prost, Malzau« oder »Der Schwipsbogen«. Die Nachfrage ist groß, eine Ticketvorbestellung ratsam. 

Die Brauerei wiederum geht zurück auf fünf lokale Honoratioren, wie es in der Chronik des Unternehmens heißt. Darunter ein Rittergutsbesitzer, ein Bürgermeister und der Stadtkämmerer. Sie waren in den 1870er Jahren der Meinung, das Bier müsse besser werden, und gründeten eine Aktienbrauerei. Heute beschäftigt der Betrieb 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und gehört zur großen Radeberger-Gruppe – 2002 benannte sich der Brauereikonzern nach einer seiner »Premiummarken«. Dienstags bis samstags sowie an einigen Feiertagen sind Führungen durch die Brauerei samt Verkostung möglich. Deutlich älter als dieser Betrieb ist das hiesige Schloss Klippenstein. Seine Wurzeln liegen wohl im 13. Jahrhundert. Der ursprüngliche Bau wurde einst im Hussitenkrieg Anfang des 15. Jahrhunderts zerstört. Später diente er als Jagdschloss und Verwaltungsgebäude, auch einige Gefängniszellen wurden eingerichtet. Saniert wurde die Anlage zu DDR-Zeiten kaum, so dass das Schloss akut bedroht war. Engagierte Bürgerinnen und Bürger sowie dann auch die Stadt und ein Verein retteten das Ensemble, in dem heute ein Museum mit Dauerausstellung und Sonderausstellungen untergebracht ist. Bis Anfang März geht es in einer davon um das »Leseland DDR«. Zu Fuß sind es nicht mal fünf Minuten vom Schloss zum Rathaus und zu den kleinen Geschäften am historischen Markt, der sich regelmäßig in einen Handelsplatz verwandelt, mit Obst- und Gemüse-, Backwaren- und Fisch-Ständen. 

Womit wir wieder beim Essen wären. Von »Butterkeksen aus Radeberg«, die DDR-Rockikone Tamara Danz einst besang, weiß man hier zwar nichts. Aber andere Lebensmittelproduzenten haben Tradition: so die Käsemacher der Firma Heinrichsthaler oder das Familienunternehmen Korch, das auf Wurst und Schinken spezialisiert ist und einen Werksverkauf hat. Und im benachbarten Leppersdorf gibt es mit Sachsenmilch einen Standort der Unternehmensgruppe Theo Müller, deren Namensgeber zuletzt durch seine Kontakte zur AfD in die Schlagzeilen geraten war.

Wenig bekannt ist, dass Radeberg eine besondere Grünanlage hat: einen Botanischen Blindengarten an der Pillnitzer Straße. Ab den neunziger Jahren wurden hier 22.000 Quadratmeter »blindengemäß« gestaltet. Das bedeutet unter anderem Handläufe, Orientierungsflächen, gut begehbare Wege, viele Möglichkeiten zum Berühren und vor allem viele Düfte. Im Winter ist die Anlage zwar geschlossen, doch das Dufthaus mit den Kamelien öffnet bereits im Januar – im Mai folgen dann der Garten und ein Café. Ganzjährig unterwegs sein kann man im teilweise zu Radeberg gehörenden Seiferdorfer Tal. Das Landschaftsschutzgebiet führt entlang der Großen Röder und verbindet Natur mit Kultur, bietet Mühlen, ein Schloss samt Park, Denkmäler und Aussichtspunkte. Ein Ausflugsparadies. 


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