In Leipzig gibt es 300 öffentliche Spielplätze. Einige davon karger als andere. Ein Spielplatz in Plagwitz, in der Naumburger Straße, besteht zum Beispiel aus einer Tischtennisplatte und alten Öl-Tonnen. In Schönefeld-Ost reichen zwei Fußballtore ohne Netz, um als Spielplatz definiert zu werden. Für mehr Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten sollen offene Schulhöfe in Leipzig sorgen. Die Stadt möchte so insbesondere in Stadtteilen mit einer Unterversorgung an öffentlichen Spiel- und Sportflächen Bewegungsangebote für Kinder, Jugendliche und Familien schaffen, sagt Patricia Ritter, Sprecherin des Amtes für Schule in Leipzig. Dafür rief die Stadt das Pilotprojekt »Öffnung von Schulhöfen« im Frühjahr 2022 ins Leben. Zunächst wurden damals Schulen von der Stadt angefragt. Ob ein Schulhof für die Öffentlichkeit geöffnet werden kann, entscheiden Stadt und Schulträger zusammen.
Seit April 2023 haben die ersten fünf Leipziger Schulen ihre Tore geöffnet: die August-Bebel-Grundschule in Neustadt-Neuschönefeld und die Oberschule in Wiederitzsch stellen ihren Schulhof zur Verfügung. Außerdem können die Sportplätze der Gerda-Taro-Schule im Zentrum-Süd, der Förderschule Wladimir Filatow in Grünau und der Grundschule Gießerstraße in Lindenau genutzt werden. Das funktioniert an allen Schulorten gleich: Die Schulhöfe und Sportplätze sind am Wochenende und an Feiertagen ab 10 Uhr für die Öffentlichkeit geöffnet – von November bis März bis zum Einbruch der Dunkelheit, von April bis Oktober bis 20 Uhr. Von April bis Oktober sind Schulhöfe und Sportplätze auch Montag bis Freitag von 17 bis 20 Uhr geöffnet. Man könnte verkürzt sagen: Wenn keine Schule und es draußen hell ist, stehen die Plätze zur Verfügung. Denn die schulische Nutzung hat natürlich Vorrang: »An Grundschulen können die Flächen wochentags auch in den Ferien erst ab 17 Uhr geöffnet werden, da sie bis dahin durch den Hort genutzt werden«, so Patricia Ritter vom Amt für Schule.
Die Plätze werden von einem Wach- und Schließdienst betreut, der auf- und zuschließt, aber auch »bei Unruhen« gerufen werden kann – was laut Schulleiterin Nancy Kallenbach an ihrer Schule – der August-Bebel-Grundschule – noch nicht vorgekommen sei. Ein Reinigungsdienst dreht zudem jeden Morgen seine Runde. Die Kosten für Sicherheit und Reinigung trägt die Stadt Leipzig.
Schulleiterin Kallenbach ist positiv überrascht, wie gut das bisher funktioniere. Zu Beginn habe es viel Skepsis gegeben: Lehrkräfte und Hausmeister hätten Angst vor Vandalismus gehabt. Tatsächlich wurde bisher einmal eine Scheibe eingeschlagen, »ansonsten sind Kinder schon mal auf das Dach der Turnhalle geklettert. Es gab auch mal eine Beschwerde von den Anwohnenden, aber das hat sich schnell geklärt«, sagt Kallenbach. Solche einzelnen Zwischenfälle findet die Schulleiterin unproblematisch: »Der Schaden war schnell beseitigt und die Sorgen der Lehrkräfte waren in einem gemeinsamen Gespräch aus dem Weg geräumt. Die Zusammenarbeit mit der Stadt funktioniert auch gut.« Dem Amt für Schule seien bisher keine Probleme gemeldet worden, sagt dessen Sprecherin Patricia Ritter.
Rita Becker ist Schulleiterin der Wladimir-Filatow-Schule für Blinde und Sehbehinderte in Grünau. Ihre Schule hat den Sportplatz für die Öffentlichkeit freigegeben. »Im Vorfeld wurde der Sportplatz oft illegal genutzt: Es wurde dort gegrillt, Zäune und Schlösser wurden aufgebrochen, es gab Verschmutzungen und Vandalismus«, so Becker. Mit der Öffnung und der Betreuung durch den Wachdienst sowie die tägliche Reinigung sei das kein Problem mehr. Denn wer die Anlage nutzen möchte, müsse sich eben an einige Regeln halten: Fahrräder, Skateboards und motorisierte Zweiräder sind genauso verboten wie Feuer, laute Musik, Alkohol- und Drogenkonsum. Auch Hunde müssen draußen bleiben. Die Anlage soll sauber übergeben werden. Und für die Sicherheit: Zum Spielen sollen Helm und Schlüsselbund abgenommen werden.
Wer sich an diese Regeln hält, darf die eigentlichen Schul-Flächen nutzen. Für das Viertel im Leipziger Osten ist das zum Beispiel ein großer Gewinn, bietet der August-Bebel-Schulhof doch Basketballkörbe, eine Tischtennisplatte und einen Fußballplatz. Im Unterschied zu den Sportflächen haben die Spielgeräte auf den Schulgeländen Altersbeschränkungen. »Wenn ich am Wochenende mal abends da bin, nehme ich die Atmosphäre auf dem Schulhof immer positiv wahr«, beschreibt Nancy Kallenbach ihre Eindrücke. Als Schulleiterin einer sportorientierten Grundschule sei es ihr wichtig, dass es im Viertel genügend Bewegungsangebote gibt: »Im Lene-Voigt-Park gibt es den Fußballkäfig, aber da haben die Kleinen keine Chance mitzukicken.« Es sei für sie ein Privileg, den Schulhof nach der offiziellen Schulzeit offen zu lassen, sagt Kallenbach: »Wir müssen damit verantwortungsbewusst umgehen, damit das auch so bleiben kann.«
Weitere Öffnungen seien vonseiten der Stadt gewünscht, sagt Patricia Ritter, die Sprecherin des Amtes für Schule. Es gebe zwar noch keine konkreten Pläne, aber man stehe im Austausch mit den städtischen Schulen. NASTASJA KOWALEWSKI