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Zwei Schnäpse für die kommunale Hand

Die Linke will städtische Betriebe langfristig sichern. Vor lauter Wahlkampf geht unter, dass sich darüber aktuell alle einig sind.

  Zwei Schnäpse für die kommunale Hand | Die Linke will städtische Betriebe langfristig sichern. Vor lauter Wahlkampf geht unter, dass sich darüber aktuell alle einig sind.  Foto: Stefan Ibrahim

Gleich zweimal will die Linksfraktion heute einen Antrag zur Sicherung städtischer Betriebe durchbringen. »In den letzten Jahren summierten sich die Probleme in den Beteiligungsunternehmen«, begründet Steffen Wehmann den Zeitpunkt des Antrags seiner Fraktion. Den Stadtwerken musste in der Energiekrise unter die Arme gegriffen werden, die Verkehrsbetriebe bräuchten immer höhere Zuschüsse. Mit dem Beschluss soll daher der Verkauf von Unternehmen der Daseinsvorsorge bis Ende 2033 verhindert werden.

Später am Abend wird noch der Erhalt der Kultureigenbetriebe bis 2035 diskutiert werden. Um es kurz zu machen: Am Ende werden zu beiden Anträgen die Beschlussvorschläge der Verwaltung übernommen. Darin bekennt sich der Stadtrat weiterhin zum Nichtverkauf stadteigener Betriebe wie der Stadtwerke oder dem Klinikum St. Georg und zur langfristigen Absicherung der Kulturbetriebe in kommunaler Hand wie dem Gewandhaus oder dem Theater der Jungen Welt. Beide Beschlüsse werden am Ende ohne Gegenstimme, der erste sogar ohne Enthaltungen gefasst.

Trotz dieser Ergebnisse nutzten die Fraktionen die letzte Sitzung vor der Stadtratswahl aber nicht, um auf die gemeinsamen Ziele anzustoßen. Auch wenn trotz des Alkoholverbots im Saal das ein oder andere Bier zu sehen ist. Statt in die Arme, fällt man sich ins Wort.

CDU-Fraktionschef Michael Weickert erinnert an seine Idee aus der letzten Ratsversammlung, immer einen Kurzen zu kippen, wenn es um Wahlkampf gehe. »Nun bin ich aber selber gerade auf Schonkostdiät, deswegen spare ich mir das an der Stelle«. Denn es gebe keine ernstzunehmende politische Kraft in Leipzig, die für den Verkauf der kommunalen Daseinsvorsorge sei. »Sie schaffen ja eigentlich nur, den Menschen Angst zu machen.« Mit süffisantem Mitleid wirft Weickert den Linken vor, »diese billige Tour« nur aus Angst vor dem Bündnis Sahra Wagenknecht zu machen.

Katharina Krefft, Fraktionsvorsitzende der Grünen, will es »ein bisschen freundlicher« versuchen. Sie verstehe nicht, warum der Antrag den Verkauf nur bis 2033 ausschließe. »Wir wollen städtisches Gut überhaupt nicht mehr verkaufen.« Der Antrag sei lediglich eine »Warnkerze«.

Sichtlich genervt tritt Franziska Riekewald (Linke) ans Mikro: »Herr Weickert, wenn ich bei ihrer Rede jetzt jedes Mal einen Schnaps getrunken hätte, wenn Wahlkampf gewesen wäre, wäre ich jetzt aber auch besoffen. Ich bin zum Glück nicht im Fasten, habe aber leider keinen Alkohol dabei.« Die Sicherung kommunaler Unternehmen sei nicht nur in Wahlkampfzeiten ein Thema der Linken. Es gehe darum, »jetzt die Mehrheiten im Rat zu nutzen, um dieses Bekenntnis zu bekräftigen«, fordert die Stadträtin. »Weil sie Angst haben!«, grätscht Weickert dazwischen. »Ja, wir haben Angst vor einer anderen Mehrheit in diesem Stadtrat«, gibt Riekewald zu.

Freibeuterkapitän Sven Morlok fährt gleich die ganz großen Geschütze auf. »Sie erreichen damit gar nichts«, kritisiert Morlok den »Wahlkampfantrag«. Der nächste Stadtrat könne beschließen, was er will. Indem man den Wählern falsche Sicherheit suggeriere, würde man nur Demokratieverdrossenheit erreichen. »Wundern sie sich nicht, wenn Sie mit dieser Politik der Steigbügelhalter der extremen Rechten sind.«

Zum Schluss geht Weickert nochmal ans Pult: »Wir alle wissen doch, wie ernst die Haushaltslage in den nächsten Jahren wird. Wenn wir Pflichtaufgaben haben, die teurer werden, was können wir uns denn dann an freiwilligen Aufgaben noch leisten?« Diesmal ruft Riekewald ihm hinterher: »Also doch verkaufen!?« Weickert zuckt mit den Schultern: »Ne!«

Nach der Abstimmung kann sich auch Oberbürgermeister Burkhard Jung einen Kommentar nicht verkneifen: »Solange ich Oberbürgermeister bin, werde ich keine Verkaufsvorlage kommunaler Unternehmen in diesen Stadtrat einbringen.«


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