Gleich zwei Mal wurden Tische am Freisitz des Goldhorns am vergangenen Wochenende durch Unbekannte mit einer brennbaren Flüssigkeit überschüttet und angezündet. Die beiden Brände konnten gelöscht werden, niemand kam zu Schaden. Anzeige wegen Sachbeschädigung wurde erstattet, bestätigt die Polizei.
Die angezündeten Tische reihen sich in die ungeklärten Vorfälle ein, die sich in den letzten Tagen im Haus der Eisenbahnstraße 97 ereignet haben: So sei ein Stromkabel des Goldhorns vorsätzlich beschädigt worden, woraufhin die Bar für Stunden ohne Stromversorgung gewesen sei, schreibt die Kampagne »E97 bleibt« am Montag in einem Pressestatement. Zudem sei der Gas-Notschalter im Haus am 28. Mai ohne Vorwarnung umgelegt worden - mit dem Ergebnis, dass alle Mietparteien im Haus seitdem ohne warmes Wasser, teilweise ohne Küche leben müssten: »Wir als Mieterschaft wurden nicht informiert, warum und ob das Abschalten notwendig war, geschweige denn, wann die Gasversorgung wieder hergestellt ist«, schreibt die Kampagne. Bevor die Gasversorgung wieder hergestellt werden kann, müssten die Gasleitungen zuvor überprüft werden – hierfür müsse der Eigentümer den Auftrag erteilen, was bisher nicht passiert sei.
Zuvor ist das Haus vor einigen Wochen in ein Baugerüst gehüllt worden, das die Wohnungen des Hauses zum Teil vollständig vom Tageslicht abschirmt – was ohne erkennbaren Grund passiert sei, so die Kampagne im Pressestatement. Die für die Eisenbahnstraße 97 zuständige neue Hausverwaltung NAS-Immobilien hätte diesbezüglich Nachfragen der Bewohnerinnen unbeantwortet gelassen, auch auf Anfrage des kreuzer äußert sich diese nicht. Am Freitagnachmittag sind Bauarbeiter auf dem Gerüst und bringen neue Regenrinnen an der Hausfassade an.
Vorfälle dieser Art häufen sich, seitdem das Haus in der Eisenbahnstraße 97 im letzten Sommer an den neuen Eigentümer verkauft wurde. Die im Erdgeschoss ansässige Kneipe Goldhorn befindet sich aktuell im Rechtsstreit mit dem neuen Eigentümer über die Kündigung der Räumlichkeiten. Dieser habe aber schon mehrfach klargemacht, dass er eigentlich alle Mietparteien loswerden wolle, erzählt Henrik Weimler* aus dem Umfeld der Eisenbahnstraße 97, der aufgrund der zunehmenden Spannungen rund um das Haus anonym bleiben möchte. Allerdings besitzen die Mietparteien längerfristige Mieterverträge zu relativ niedrigen Mietpreisen, die eine unkomplizierte Kündigung verhindern. »Er hat schon mehrmals unverblümt klargemacht, dass er Marktpreise erwartet. Der weiß, dass man auf der Eisenbahnstraße mehr Geld machen kann, wenn man entsprechend skrupellos ist«, sagt Weimler.
Die Kampagne »E97 bleibt«, die sich im Zuge des Verkaufs gegründet hatte und sich für den Verbleib aller Mietparteien einsetzt, spricht im Pressestatement von »Schikane« und »Einschüchterungsversuchen«. »Es wurde schon verschiedenen Leuten aus dem Haus gegenüber Drohungen ausgesprochen« so Weimler, auch von Schlägertrupps sei die Rede gewesen.
Dabei habe es im letzten Jahr einen Annäherungsversuch zwischen Eigentümer und Hausgemeinschaft gegeben. Die Stadt Leipzig hätte ihr Vorkaufsrecht geprüft, der Erwerb sei allerdings durch die Bundesgesetzgebung verhindert worden, so Weimler. Zudem hätte die Solidarische Wohngenossenschaft dem Eigentümer ein Kaufangebot unterbreitet, der allerdings einen deutlich höheren Betrag im niedrigen siebenstelligen Bereich gefordert hätte. Danach sei der Eigentümer von seiner Bereitschaft abgerückt, das Haus zu verkaufen, wobei die Hausgemeinschaft und die Genossenschaft nach wie vor offen für einen Kauf wären, betont Weimler. Daher wünsche man sich, dass der öffentliche Druck, sowohl politisch als auch juristisch, auf den Neueigentümer und die NAS-Immobilien steige.
*Name wurde von der Redaktion geändert