16.000 Volunteers stehen gerade in grün-gelben Trainingsanzügen deutschlandweit an Bahnhöfen, Flughäfen und Stadien, um Fans der Fußball-EM Wege zu zeigen, Fragen zu beantworten. Jeder Zehnte davon arbeitet allein Leipzig. Christian Lieberwirth ist einer von von ihnen. Freiwillig, motiviert, unbezahlt. Warum er sich für dieses Ehrenamt sogar unbezahlten Urlaub nimmt, hat er dem kreuzer erzählt.
Wann waren Sie das erste Mal Volunteer?
Ach Gott, das erste Mal Volunteer war ich zur Berlinale. Das ist jetzt bestimmt 14 oder 15 Jahre her, das heißt, da war ich so 17 oder 18 Jahre alt. Ich war da ganz klassisch Saaleinweiser, Kartenabreißer und habe mich um die Berlinale-Gäste gekümmert.
Wie viele Volunteer-Einsätze hatten Sie bereits?
Im Schnitt zwei bis drei im Jahr. So große wie die EM jetzt natürlich weniger.
Welches war Ihr liebstes Event?
Tatsächlich haben alle in ihrer Eigenheit etwas Tolles, das heraussticht. Die European Maccabi Games (eine der größten jüdischen Sportveranstaltungen, Anm. d. Red.) waren sehr spannend, weil sie zum ersten Mal in Deutschland stattfanden. Die Special Olympics waren genauso besonders, weil sie in der Masse an Athleten und Zuschauern einmalig waren.
Was arbeiten Sie »im echten Leben«?
Ich bin im Gericht beschäftigt und dort in der Verwaltung tätig. Öffentliche Arbeitgeber sind immer etwas entspannter und flexibler, was Dinge wie das Ehrenamt angeht. Man kann Urlaub oder Sonderurlaub nehmen, das kommt immer etwas aufs Event an. Trotzdem ist es natürlich unbezahlter Urlaub.
Was ist Ihre Motivation? Warum nehmen Sie sich unbezahlten Urlaub, um einer unbezahlten Tätigkeit nachzugehen?
Das klingt immer etwas hochtrabend, aber das ist meine Art, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Andere Leute spenden aus schlechtem Gewissen jedes Jahr an Weihnachten 25 Euro an Greenpeace und denken, dass das die gute Tat des Jahres ist. Das mache ich zwar auch (lacht), aber ich finde, man kann nichts Wertvolleres spenden als die eigene Freizeit. Und zudem macht es mir natürlich viel Spaß. Man wächst, man bekommt interkulturelle Skills, die man so in der Freizeit nicht bekommen würde, und lernt immer wahnsinnig interessante Menschen aus allen Ecken der Welt kennen. Aus diversen Einsätzen sind da tatsächlich auch längere Freundschaften entstanden.
Sind Sie Fußball-Fan?
Gar nicht (lacht). Ich bin per se kein sportliebender oder sportbegeisterter Mensch. Ich find’s wahnsinnig spannend, wie viel Energie und Enthusiasmus Menschen da reinstecken können. Was mich beim Fußball teilweise stört, ist das Ultra-Fantum und die Gewalt, die immer mal wieder mitschwingt. Das soll ja aber bei der EM anders sein. Das Motto ist ja, dass alle friedlich zueinanderfinden. Aber persönlich hat Fußball einen sehr geringen Stellenwert für mich.
Können Sie das erklären, wie Ihre Abneigung gegenüber Fußball mit Ihrem Engagement bei der EM zusammenpasst?
Ich bin Volunteer, um das Projekt voranzutreiben, und da hilft es, finde ich, manchmal sogar, wenn man selbst nicht so großer Fan ist. Man ist dann weniger abgelenkt und konzentriert sich mehr auf den Job oder das Ziel.
Bei welchem Event würden Sie gerne noch mal mitwirken?
Tatsächlich gibt es kein Traum-Event von mir, bei dem ich nicht schon gearbeitet hätte. Ich freue mich, dass ich gegebenenfalls nächstes Jahr wieder beim ESC arbeiten kann. Es muss einfach spannend sein und ich muss etwas für mich mitnehmen können.