Wo die Fußball-Bundesliga-Profis trainieren, wohnen auch 49 Nachwuchsspieler in 49 Einzelzimmern im Internat. Ein großer Innenhof, ein Essenssaal und Aufenthaltsräume komplettieren das, was die Jugendlichen ihr Zuhause nennen. Und was gehört noch zu einem Zuhause? Eltern. Diese Rolle übernehmen seit 2013 Sabine und Christoph Schiefer. Im selben Jahr lernte Sabine Schiefer – damals noch an einer Leipziger Schule tätig – ihren späteren Chef kennen, erhielt wenig später das Angebot, die Internats- und pädagogische Leitung zu übernehmen. »Im August 2013 haben wir den großen Schritt gewagt und sind als Betreuerfamilie ins Internat gezogen«, erinnert sich Sabine Schiefer. Seitdem arbeiten sie und ihr Mann nicht nur am Cottaweg, sondern leben auch hier: »Unsere beiden Töchter sind mit RB Leipzig aufgewachsen. Die große war damals acht, die kleine zwei, also kennen sie kaum ein anderes Leben«, sagt Sabine Schiefer lachend.
Die »Internatseltern« führen mit den Nachwuchsspielern ein Leben wie in einer großen Familie, legen aber Wert darauf, dass es bei aller Nähe immer eine professionelle Distanz gibt: »Wir haben aber keine klassischen Arbeitszeiten. Tatsächlich können ab 6.15 Uhr die ersten Meldungen kommen, dass jemand krank ist, in der Schule abgemeldet oder noch etwas für die Schule ausgedruckt werden muss. Ab um sechs gibt es Frühstück, ab halb sieben kommt der Frühdienst. Mein Tag startet inhaltlich gegen 7 Uhr, im Büro bin ich ab halb, um neun und erledige alltägliche operative Aufgaben, aber auch Konzeptionelles«, beschreibt Sabine Schiefer. Ihr Mann ergänzt: »Der Frühdienst setzt sich wie in einer Familie auch beim Frühstück zu den Jungs, um über ihren Tag zu sprechen. Der Frühdienst hat auch die Aufgabe, Zimmerkontrollen durchzuführen. Wir haben ein Reinigungsteam, das die Zimmer und Bäder säubert, allerdings klappt das nur bei aufgeräumten Zimmern. Manchmal kümmere ich mich auch darum, bespreche das aber natürlich hinterher mit den Jungs.« Christoph Schiefer kümmert sich zudem um die Wartung im Gebäude, steht immer in Kontakt mit dem Service- und dem Küchenteam: »Essen ist ein großes Thema. Im Gebäude wird für die Profiabteilung, die Nachwuchsabteilung und natürlich auch unsere Mitarbeiter gekocht. Für unsere Jungs gibt es Frühstück, Mittag- und Abendessen. Zum Mittagessen kommen die Jungs her und fahren anschließend wieder in die Schule.« Gegen 15 Uhr kommen die Nachwuchsspieler wieder ins Internat, haben am späten Nachmittag Training für etwa zwei Stunden. »Im Anschluss gibt es Abendessen, teilweise Nachhilfe hier in der Akademie, ein bisschen Freizeit und schlussendlich geht es in die Zimmer. Der Spätdienst macht um 22 Uhr noch mal eine Runde und sagt allen Gute Nacht. Wenn ich im Dienst bin, dauert das schon mal eine Stunde oder noch länger, weil ich mit allen noch mal spreche«, erzählt Christoph Schiefer. »Zudem haben wir eine Nachtbereitschaft, die auch bei uns liegt, weil wir vor Ort sind. Das ist unser Lebensalltag.«
Den Schiefers sei es besonders wichtig, den Jungs Soft Skills mit auf den Weg zu geben: »Selbstreflexion, Kritikfähigkeit, Lösungsorientierung, Konfliktfähigkeit – die Jungs nehmen einen Blumenstrauß an Alltagsfähigkeiten mit«, erklärt Sabine Schiefer ihren Ansatz. Denn eins sei klar: Nur ein Bruchteil der Jugendlichen wird tatsächlich Fußball-Profi. »Das ist ihnen bewusst, aber trotzdem hat die Mehrzahl die Zielstellung und das Bewusstsein: ›Ich bin der, der es schafft.‹ Sie müssen diesen Fokus haben, damit sie allen Unwägbarkeiten und schwierigen Momenten trotzen können.« Wenn ehemalige Spieler sich ein erfolgreiches Leben außerhalb des Fußballs aufgebaut haben, seien die »Internatseltern« sehr stolz.