Weil er »keinen Bock mehr auf bestimmte Kabinen-Dynamiken« hatte, kam Johannes Duschka 2015 zum Roten Stern Leipzig: »Ich wollte einfach in einem Umfeld ohne Homophobie und Sexismus Fußball spielen.« Seit 2020 ist Duschka auch Nachwuchstrainer, seit 2021 zusammen mit Thekla Funke, die als Spielerin 2019 von Turbine Potsdam zum Roten Stern kam. Schon nach wenigen Treffen hätten die beiden ihren Modus gefunden, erzählt Funke. Am Roten Stern schätze sie besonders, dass es hier nicht nur um Wettkampf und Leistung gehe. Auch sie habe erfahren, dass Sexismus kein Teil von Fußball sein muss: »Früher habe ich das weggesteckt und gedacht: Gehört zum Fußball dazu«. Selbst in der D-Jugend müssten sich die Mädchen heute gelegentlich von gegnerischen Jungs-Teams anhören, dass Mädchen gar nicht Fußball spielen könnten. »Das macht die echt schnell wütend«, erzählt Funke. Die Coaches haben mit dem Team aber einen Umgang damit gefunden: »Wir ballern denen 30 Tore rein!«, würden die Mädchen mittlerweile auf solche Aussagen antworten.
Wir besuchen das letzte Training der Mannschaft vor der Sommerpause. Die Mädchen werden in zwei Gruppen eingeteilt. Bei Duschka werden lange Pässe in offener Spielstellung geübt – die geliebte Schiebermütze trägt der Trainer auch auf dem Spielfeld. In Funkes Gruppe lernen die Mädchen Pässe im Spiel auf engem Raum. Das sei momentan der Schwerpunkt, erklärt die Trainerin und passt den Ball selbst gekonnt zu einer Spielerin. Den Wechsel zwischen beiden Positionen findet Funke oft schwierig: Als Spielerin im FLINTA-Team rutsche sie gerne mal in die Trainerinnen-Rolle: »Das geht den meisten aber auf den Geist«, erzählt die Innenverteidigerin und grinst. Spielen und trainieren möchte Funke noch so lange, bis sie mit den Mädchen in derselben Liga spielen kann – »also noch mindestens sechs Jahre«.
Während des Trainings beobachten Funke und Duschka sehr genau, wie die Mädchen spielen, rufen entweder Lob zu oder halten die Übung an, um Fehler und Taktiken zu besprechen. Eine liebevolle Strenge, die die Mädchen offenbar gut annehmen. Gemeckert wird auf dem Platz jedenfalls nicht. Auch nicht, als Funke eine Spielerin daran erinnern muss, das Gras nicht aus dem Boden zu reißen.
Dann heißt es in beiden Gruppen Abschlussspiel – bei Duschka schießen die Teams auf jeweils zwei kleine, in Funkes Gruppe auf ein großes Tor. »Parkverbot! … PARK-VER-BOT!«, ruft die Trainerin. Das bedeutet: nicht stillstehen, sondern mit kleinen Sprints immer in Bewegung bleiben. Das hat sich Johannes Duschka ausgedacht und ist eins der Spielprinzipien, mit denen die beiden versuchen, in möglichst kindgerechter Sprache Fußball zu vermitteln.
Eine Spielerin mit zwei Zöpfen und Stern-Trikot flankt den Ball perfekt in die Mitte, ihre Mitspielerin steht parat und brettert den Ball rein. »Saugeiles Tor«, ruft Funke den Mädchen zu. Aber auch die Torhüterinnen legen Paraden hin, die die ankommenden Eltern zum Staunen bringen. Am Ende versammelt sich das Team zum letzten Abschlusskreis der Saison, der richtig laut werden muss, findet die Trainerin. Also wird aus vollen 24 Kinderlungen geschrien: »ROTEROTEROTER! – STERNSTERNSTERN!«