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Sport

»Das Warten geht einem auf den Keks«

Franz Semper vom SC DHfK hat es in den Olympia-Kader der Handball-Nationalmannschaft geschafft

  »Das Warten geht einem auf den Keks« | Franz Semper vom SC DHfK hat es in den Olympia-Kader der Handball-Nationalmannschaft geschafft  Foto: Ingrid Anderson Jensen

Helene Fischer dringt gedämpft durch die verglasten Wände. Man spürt ein leichtes Dröhnen. Der Blick liegt auf Hunderten Menschen, die sich in Grün und Weiß auf der Handballplatte tummeln. Das letzte Heimspiel des SC DHfK Leipzig ist gerade zu Ende gegangen und Franz Semper, Spieler beim SC DHfK und Nationalspieler, hat sich kurz aus dem Trubel zurückgezogen, um mit mir über seine Olympia-Ambitionen zu reden. Geschafft, aber dankbar – das verrät nicht nur sein Sonder-Trikot mit großem »Danke«-Aufdruck – lässt der 26-Jährige seine Karriere Revue passieren und legt seine Wünsche offen. Anfang Juli verkündete der Handball-Bundestrainer, dass Semper es in den Olympiakader geschafft hat.

 

Wie sind Sie zum Handball gekommen?

Mein Papa hat früher in Borna Bezirksliga-Handball gespielt und dadurch war ich an den Wochenenden immer mit in der Halle. Dort konnten in der Halbzeit oder nach dem Spiel alle Kinder aufs Spielfeld und da habe ich dann mit meinen Kumpeln die Zeit verbracht, bis das Licht ausgegangen ist und die Eltern nach Hause wollten. In der C-Jugend, also so mit 12, 13 Jahren, wurde ich dann das erste Mal von der Schule für eine Woche freigestellt, um in ein Trainingslager mit der Sachsenauswahl zu fahren. Mit 15 bin ich dann nach Leipzig gekommen, um aufs Sportinternat zu gehen und auch vormittags trainieren zu können. Ich war einer der Letzten, die dazugestoßen sind – hatte also das Glück, 15 Jahre gute Erziehung von zu Hause mitbekommen zu haben. (lacht)
 

Deutschland gilt als Fußballland, aber auch die Handball-Bundesliga gilt als stärkste der Welt. Warum ist Handball cooler als Fußball?

Wenn in einer Handball-Halle innerhalb von 30 Sekunden drei oder vier Tore fallen, ist das eine Stimmung, die man nicht so richtig beschreiben kann. Es ist ein superschnelles, attraktives Spiel, in dem immer etwas passiert. Wenn man einmal blinzelt, kann es sein, dass man etwas Entscheidendes verpasst hat, und das macht den Handball aus. Wenn du im Fußball beim einzigen Tor in 90 Minuten blinzelst, hast du das Spannendste verpasst. (lacht)
 

Sie sind letztes Jahr nach einem Ausflug in den Norden wieder zurück nach Leipzig gekommen. Was bedeuten Ihnen der Verein und die Stadt?

Dadurch, dass ich so zeitig hier war und alle Jugendmannschaften durchlaufen habe, ist es für mich etwas ganz Besonderes in Leipzig. Wenn ich hier an der Schule vorbeifahre, grüßen mich noch die Lehrer, ich kenne alle Jugendtrainer, alles im Sportforum ist Heimat für mich. Es fühlt sich an wie ein kleines Dorf in einer großen Stadt. Der Verein hat mir einiges ermöglicht und sehr an mich geglaubt, als ich jung war. Das ist einfach ein richtig schönes Gefühl.
 

Sie waren schon bei Europameisterschaften und U-Weltmeisterschaften dabei. Was macht Olympia dennoch für Sie besonders?

Ich kann nicht sagen, wie Olympia ist, aber bei Handball-Wettkämpfen sind natürlich nur die Handball-Mannschaften da. Bei Olympia sind auch die Basketballer aus der NBA mit dabei oder man bekommt Tickets ganz schnell und einfach für die Weltklasse-Tennis-Matches oder diese Spieler laufen einem beim Frühstück über den Weg … Vielleicht kann man sich da auch noch was abgucken und mitnehmen. Ich glaube nämlich schon, dass wir im Handball im Vergleich zu anderen Spitzensportarten noch einiges lernen und aufholen können. Ich denke da an Professionalität und trainingswissenschaftliche Themen.
 

Um die Nominierung des Kaders für die Fußball-EM wurde viel Wind gemacht. Sie kennen das Prozedere auch aus dem Handball. Wie nervenaufreibend ist so eine Kadernominierung?

Das Warten geht einem auf den Keks. Aber im Endeffekt war ich schon immer so, dass ich es nicht zu sehr an mich herangelassen hab, bevor es nicht endgültig war. Zum Glück hat man ja das tägliche Brot mit Bundesliga und privaten Themen vor sich, mit denen man genug zu tun hat.
 

Was wünschen Sie sich für Olympia?

Ich glaube, man muss sich bei Olympia in einen Rausch reinspielen und es kommt darauf an, wie viele Widrigkeiten man wegstecken kann. Ich habe mit anderen Sportlern gesprochen, die schon bei Olympia waren, und die haben gesagt, dass so ein Spiel um neun Uhr morgens, wie das bei Olympia manchmal vorkommt, schon etwas ganz anderes ist. Es kommt dann drauf an, wer damit besser zurechtkommt. Wer kommt mit Doppelstockbetten im Hotel besser zurecht und wer schafft es am besten, die äußeren Bedingungen auszublenden und nicht zu meckern. Es ist schwer vorauszusagen, wo man am Ende landen wird. Wenn die Gruppen komisch fallen, hat man Dänemark am Ende im Viertelfinale vor der Brust, und dann ist das Viertelfinale schon wie ein Finale.
 

> XXXIII. Olympische Sommerspiele: 26.7.–11.8., Paris


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