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Literatur

»Das bewegt einen dann schon«

Verleger Markus Weber über das grafische Olympia-Buch und die deutsch-ukrainische Zusammenarbeit

  »Das bewegt einen dann schon« | Verleger Markus Weber über das grafische Olympia-Buch und die deutsch-ukrainische Zusammenarbeit  Foto: Nicole Matschoss, Moritz Verlag

Am Tag nach einem EM-Spiel in Frankfurt am Main erreichen wir Markus Weber am Telefon. Der Leiter des Moritz-Verlags nimmt sich Zeit für ein Gespräch über eine deutsch-ukrainische Koproduktion. Das dabei entstandene Buch befasst sich mit einem sportlichen Großevent, das diesen Sommer in Paris stattfindet: die Olympischen Spiele. Der kreuzer sprach mit Weber über die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen in der Ukraine, die Bedeutung von Sportgeschichte(n) und wie man Olympiagold gewinnen kann, ohne es zu wissen.
 

Brauchen wir noch ein Buch über die Olympischen Spiele?

Die Frage kann man sich grundsätzlich bei all dem, was auf den Buchmarkt kommt, stellen. Aber es gibt doch immer wieder die Faszination, die Leser und Leserinnen zu Büchern jedweder Art greifen lässt. Und auch Büchermacher dazu bringt, neue Titel zu verlegen. Und zwar dann, wenn sie anders sind. Wenn man das Gefühl hat, dass es sie in dieser Form noch nicht gegeben hat und dass man selbst und das Lesepublikum sie auch gerne haben möchte. Und wenn beides zusammenkommt, dann macht man ein Buch.
 

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem ukrainischen Team um Iryna Taranenko und Marija Worobjowa?

Ich bekam eine Rundmail einer Literaturagentin, die vornehmlich Bücher aus Osteuropa vermittelt. Sie schrieb nach dem Motto »So: Alle, die schnell sind, haben jetzt die Chance zuzugreifen«. Dann stellte sie in wenigen Worten ihr Projekt vor. Es ging um Begebenheiten während der Olympischen Sommerspiele der Neuzeit, also seit 1896. Darunter seien sehr spezielle und bemerkenswerte, manchmal auch kuriose Fakten, und da könne man doch mal gucken. Dann habe ich mir die Probeseiten angeschaut und ihr sofort mitgeteilt, dass ich mir ein solches Buch vorstellen könne. Dann habe ich mich mit den Kolleginnen im Verlag zusammengesetzt – und der Funke ist übergesprungen.
 

Der Moritz-Verlag hat hauptsächlich Bilder- und Kinderbücher im Programm. Was hat Sie überzeugt, das Buch zu verlegen?

Die Zeichnungen und die ganze grafische Umsetzung der wenigen Seiten, die es zu diesem Zeitpunkt gab, haben mir ausgesprochen gut gefallen! Ich habe dann auch mit Buchhändlern gesprochen und erfahren, dass bei Sportbüchern für Kinder das Angebot überschaubar sei, auch wenn es dafür Nachfrage gäbe. Und dieses Buch ist kein explizites Kinderbuch. Es ist ein Buch für viele und richtet sich an Kinder wie an Erwachsene, die zeitgeschichtlich oder sportlich interessiert sind oder einfach ein offenes Ohr für Skurriles haben, das auch darin vorkommt.
 

Wie hat der Krieg die Zusammenarbeit beeinflusst?

Der Krieg schwebte über dem ganzen Projekt wie ein Damoklesschwert. Etwa das Thema Stromversorgung: Wir mussten ja die Daten bekommen. Würde das Internet stabil bleiben? Würden alle Seiten wie versprochen bis Ende März fertig sein? Es gab ja Angriffe auf Kiew, wo das ganze Team sitzt, während der Verlag in Lemberg zu Hause ist. Das Projekt war also unsicher und musste aber doch rechtzeitig fertig werden, also übersetzt, lektoriert, korrigiert. Fakten mussten überprüft werden. Jetzt, wo das Buch da ist, kann ich sagen: Es hat sich gelohnt.
 

Was ist Ihnen aus der Zusammenarbeit mit den Kolleginnen in der Ukraine besonders hängen geblieben?

Das Zusammentreffen mit Ivan Fedechko, dem ukrainischen Lizenzverantwortlichen, auf der Kinderbuchmesse in Bologna war schon speziell. Er erzählte, wie er aus der Ukraine ausgereist ist. Dafür braucht man immer eine Sondergenehmigung vom Innenministerium, weil er im wehrpflichtigen Alter ist. Dann hat er von seinen Kindern erzählt, von Dingen, die im Alltag fehlen und von der Angst. Und wie wichtig es gleichzeitig ist, dass man weiterarbeiten kann und dass man solche Bücher machen kann, um nicht immer an das ganze Elend denken zu müssen. Und das bewegt einen dann schon, wenn man weiß, in fünf Tagen fährt er wieder zurück dorthin …
 

Was ist Ihr Lieblings-Olympia-Fakt aus dem Buch?

1900 fanden die Olympischen Spiele in Paris statt. Damals war Olympia noch keine Marke, da konnten die Leute noch nicht so richtig was mit anzufangen. Und darum hat Pierre de Coubertin [Vater der modernen Olympischen Spiele, Anm. d. Red.] sich damals an die Weltausstellung, für die auch der Eiffelturm gebaut wurde, angehängt. Er hoffte, dass die Olympischen Spiele davon profitieren würden. In diesem Rahmen fand auch ein Golfturnier statt. Margaret Ives Abbott, eine US-Amerikanerin, die einfach gern Golf spielte, hat dabei mitgemacht. Sie war dann tatsächlich die erste US-Amerikanerin, die olympisches Gold gewann. Aber sie wusste bis zu ihrem Tod 1955 nicht, dass das ein olympisches Turnier und sie Olympiasiegerin gewesen war. Und das finde ich schon extrem schräg.

> Irina Taranenko et al.: Olympia! Bewegende Momente – Besondere Geschichten. Aus dem Ukrainischen übersetzt von Annegret Becker. Frankfurt/M.: Moritz 2024. 80 S., 25 €


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