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Stadtleben

Montessori-Kita bleibt vorerst an der Köhlerstraße

Die Villa Kunterbunt kämpft seit einem Jahr um ihr Bestehen

  Montessori-Kita bleibt vorerst an der Köhlerstraße | Die Villa Kunterbunt kämpft seit einem Jahr um ihr Bestehen  Foto: Christiane Gundlach

Wie ein Märchenschloss wirkt die Stadtvilla in der Köhlerstraße 7, neben Köhlerpark und Dresdner Straße. Darin seit 25 Jahren: die Kindertagesstätte Villa Kunterbunt. Diese führt der freie Montessori-Träger nicht nur nach Maria Montessoris Pädagogik, die Kita hat auch ausgebildete Integrativ-Fachkräfte, die die Kita auf Deutsch und Spanisch führen.

Kündigung im September 2023

Bei einem üblichen Termin zwischen Stadtverwaltung und Träger im September 2023 heißt es: Der Mietvertrag wird nicht verlängert, die Kita müsse zum Jahresende 2024 ausziehen. Der Zustand der Villa aus dem kommunalen Gebäudebestand sei zu marode und die Sanierung zu teuer, heißt es dazu von der Stadtverwaltung auf kreuzer-Nachfrage.

»Wir waren schockiert«, sagt Stephan Jakubowski vom Elternrat der Kita. Nach der Vertragskündigung hätten weder Träger noch Elternrat Informationen bekommen, wie es mit der Kita weitergehen würde. »Wir Eltern haben uns schnell zusammengefunden und wollten etwas tun, gleichzeitig hat sich die Kitaleitung sehr engagiert, dass es weitergeht«, so der Vater. In seinen Augen habe sich die Stadt zunächst keine Mühe gegeben, Unsicherheiten abzubauen. Es habe keine Gespräche zwischen Stadtverwaltung und Träger sowie Elternrat von September 2023 bis Januar 2024 gegeben. Im Februar habe die Stadt dann vorgeschlagen, die Kita könne samt Konzept, Personal und Familien in die Paul-Küstner-Straße ziehen – also nach Alt-Lindenau, sieben Kilometer entfernt. Dies stößt vor allem bei den Eltern auf Unverständnis: Die Fahrt von Ost nach West sei für sie mit Arbeit und Alltag nicht zu vereinen, sagt Jakubowski. Zudem sei der Erhalt der Einrichtung im Viertel wertvoll, da sie hier die einzige mit Montessori-Konzept sei. Außerdem sei es nicht leicht, einen Platz mit gelebter Integration zu finden, berichtet Jakubowski, dessen Kind mit Trisomie 21 besonders von der engen Bindung zu den Erzieherinnen und Erziehern profitiere. Für die Kita habe er sich bewusst entschieden, nachdem er in umliegenden kommunalen Einrichtungen schlechte Erfahrungen gemacht habe: »Da war alles viel schneller, lauter und hektischer. Da gab es auch nicht den entsprechenden Personalschlüssel, um sich auf Inklusionskinder einzulassen.« In der Köhlerstraße sei oft eine Eins-zu-eins-Betreuung für die Inklusionskinder möglich.

 

Eltern-Petition im März 2024

Im März reicht Stephan Jakubowski im Namen des Elternrates eine Petition ein, die eine Mietverlängerung um zwei Jahre und eine alternative Einrichtung im Umkreis von zwei Kilometern fordert. Das Dezernat für Jugend, Schule und Demokratie lehnt die Petition ab – der Träger der Kita habe am 21. März mitgeteilt, dass er den Wechsel in die Paul-Küstner-Straße im Spätsommer 2024 vollziehen wolle. Jakubowski ist verwundert und teilt dem kreuzer mit, dass es diese Zusage nie gegeben habe – Träger und Elternrat seien jederzeit in Absprache. Der Träger und die Leitung der Kita möchten sich während des laufenden Verfahrens nicht dazu äußern.

Mit der Stadtverwaltung kommt Jakubowski nur ins Gespräch, weil Felix Sauerbrey, zu der Zeit zuständig für die Kitaplanung, einem Telefonat zustimmt – obwohl er eigentlich gar nicht für die Sache zuständig ist. Erst als Manuela Kastrup später – im Mai – als Leiterin des Jugendamtes entlassen wird und Sauerbrey im Interim übernimmt, wird der neue Leiter zu Jakubowskis festem Ansprechpartner. Wir fragen Sauerbrey später nach der monatelangen Funkstille: Im Bereich der Kindertageseinrichtungen könne es zu »komplexen Gesprächskonstellationen und unterschiedlichen Interpretationen von Sachverhalten kommen, für die wir als Fachamt ein besonderes Gespür in der Kommunikation mitbringen müssen«, räumt der Jugendamtsleiter ein. Diese Komplexität habe man zunächst unterschätzt: »Hier müssen wir als Fachamt sehr wohl selbstkritisch auf den Anfang der Kommunikationsprozesse schauen«, bestätigt Sauerbrey.

 

Der Elternrat sucht selbst einen Ausweichort

Verwaltung und Träger haben sich darauf geeinigt, dass die Kita in kommunale Trägerschaft kommt. Nachdem der erste Verwaltungsstandpunkt des Petitionsausschusses im Juni abgelehnt wurde, stimmt Vicki Felthaus, die Bürgermeisterin und Beigeordnete für Jugend, Schule und Demokratie, einer Neufassung zu. Einige Eltern haben da laut Jakubowski schon die Kita verlassen, weil sie eine vorzeitige Schließung befürchteten. Stephan Jakubowski bleibt – und recherchiert Gegenvorschläge für einen Standort im Osten: »Es gibt ein Gebäude in der Stötteritzer Straße 1, das gerade saniert wird und als Interim für eine Kita aus Lößnig herhalten soll. Wenn diese aber wieder zurückzieht, könnte unsere Kita dauerhaft dort integriert werden. So lange bleiben wir in der Villa, aber hätten dann eine dauerhafte Lösung im Osten, in einem Gebäude, das auch den aktuellen Standards entspricht.«

Eine Reaktion von der Stadt bleibt zunächst aus, nach weiteren Gesprächen zwischen Elternrat, Stadtverwaltung, Kita-Leitung und -Träger kommt es im August zur Einigung, der auch der Petitionsausschuss zustimmt und der der Stadtrat am 19. September zustimmte: Der Mietvertrag kann nun bis zu dreimal um ein Jahr verlängert werden, danach wird die Kita in der Köhlerstraße geschlossen und zieht in die Stötteritzer Straße. So sollen die Familien genügend Zeit für einen Übergang haben, die Kita-Angestellten sollen sich für den neuen Standort bewerben können.

Stephan Jakubowski ist erleichtert: »Für die Kita ist es gut, nun endlich wieder etwas Planungssicherheit zu haben und sich ihren Kernaufgaben widmen zu können. Es bleiben ja auch noch einige Baustellen.«
Dieses Ergebnis sei der Unterstützung aus Politik und Gesellschaft zu verdanken. Auch aus der Verwaltung habe es vermehrt progressive Ansätze gegeben, die nun zu einer zufriedenstellenden Lösung geführt hätte »Ich bin überzeugt, dass es für alle Beteiligten das beste ist, dass die Kita auch nach den drei Jahren im Kiez bleibt.«

Was dann mit der Stadtvilla passiert, soll laut Felix Sauerbrey mithilfe einer »Nutzungsanalyse« der Stadt Leipzig geprüft werden. Die Einrichtung entspreche aber nicht mehr den Standards einer modernen Kita, betont Sauerbrey. Darüber sind sich alle Beteiligten einig.


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