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»Wenn es weiter so läuft, sind die Strukturen bald weg«

Kristin Marosi vermittelt im Leipziger Nachtrat zwischen Clubs und Stadtverwaltung – wir haben mit ihr über ihre Arbeit und die hiesige Clublandschaft gesprochen

  »Wenn es weiter so läuft, sind die Strukturen bald weg« | Kristin Marosi vermittelt im Leipziger Nachtrat zwischen Clubs und Stadtverwaltung – wir haben mit ihr über ihre Arbeit und die hiesige Clublandschaft gesprochen  Foto: Christiane Gundlach

Wie Arsch auf Eimer passe sie auf die Stelle als Koordinatorin des Leipziger Nachtlebens, sagten ihre Freunde über Kristin Marosi und: »Da musst du dich drauf bewerben!« Marosi hat zwar Verlagswesen an der HTWK studiert, aber auch sehr viel auf Festivals gearbeitet und war lange WG-Party-Support. Bitte was? »Es gab eine Zeit lang die Möglichkeit, dass man sich mit seiner WG-Party für Sponsoring, also Getränke bewerben konnte. Da habe ich fünf Jahre gearbeitet, war teilweise auf drei WG-Partys an einem Abend und habe zum Beispiel ausgeschenkt.« Auch sonst sei sie immer »relativ viel« feiern gewesen, aber nicht beruflich.

Das schätzte man an ihr im Nachtrat (s. Infokasten), dass sie weiß, wovon sie spricht, ohne in einer bestimmten Subkultur oder einem konkreten Club verankert zu sein. Seit August 2023 ist Marosi im Amt, im November 2024 zu Besuch in der kreuzer-Redaktion.


Wie wird das Nachtleben in Ihrer Stelle definiert?

In Berlin gibt es die große Nachtkulturkonferenz: die »Stadt nach acht«. Das ist ein guter Richtwert, eigentlich geht’s uns aber um die Stadt nach 22 Uhr und da ist klar, dass wir eher weniger im Restaurantbereich sind, sondern vielmehr in den Bars und in den Clubs. Deswegen ist die Definition schon sehr durch Clubkultur geprägt. Aber natürlich gehört der ganze Bereich Sicherheit in der Nacht auch dazu. Oder der ÖPNV. Und wir organisieren auch Workshops zu Awareness, auf ganz grundsätzlicher Ebene für solche Veranstalter, die noch nichts damit zu tun hatten.

Das Livekommbinat – wo Ihre Stelle ja angesiedelt ist – vertritt kulturelle, kuratierte Clubs, von Conne Island und Distillery bis zum TV Club und Werk 2. Es gibt ja aber auch Clubs wie das Nachtcafé oder das Elsterartig, die dem nicht entsprechen und trotzdem Teil des Nachtlebens sind. Die sind da außen vor, oder?

Dazu Ukraine, Energiepreise, Reallöhne. Die Leute lassen ihr Geld nicht mehr so im Club, das Feiern hat sich auch verkürzt: Da wird grad so Eintritt bezahlt, aber drinnen nur noch Wasser getrunken – egal aus welchen Gründen. Und auf Seite der Veranstalter sind die Kosten ja auch gestiegen, Löhne sind ein Riesenthema.

Und dann gibt es da ja auch noch politische Debatten.

Das trifft in Leipzig einige Clubs richtig hart, aus anderen Städten, mit denen wir im Gespräch sind, höre ich das weniger. Aber hier ist das ein polarisierenderes Thema, im Conne Island und im IfZ zum Beispiel: Da fragen sich Besuchende, ob sie dort noch teilnehmen wollen, aber auch Künstler:innen, die dann ihre Termine lieber absagen. Und das hat natürlich auch finanzielle Konsequenzen.

Welchem Club geht es denn gerade richtig gut?

Wir stehen nicht super intensiv im Austausch mit Läden, die nur eine wirtschaftliche Ausrichtung haben. Aber finanzielle Schwierigkeiten haben alle und entsprechend wird die Stimmung angespannter – wobei es in Leipzig nicht so krass wie in anderen Städten ist. Hier machen ja auch noch ab und zu neue Sachen auf, die neue Tille oder das Tanklager West nächstes Jahr zum Beispiel.

Apropos – wie sieht es mit der Nachfolge für das Anfang 2025 schließende IfZ aus?

Sowohl die Stadt als auch alle Beteiligten haben großes Interesse an einer Nachnutzung. Denn man kann zwar Orte neu hochziehen, aber wenn so ein Ort, wo an Equipment und Genehmigungen schon alles da ist, einmal verloren geht, dann ist es unwahrscheinlich, dass der je wieder als Club genutzt wird. Es gibt ja einen Stadtratsbeschluss dazu, dass der Kohlrabizirkus, den die Stadt gekauft hat, für Freizeit-, Sport- und Kulturangebote genutzt wird. Das ist eine sehr gute Nachricht, finde ich.


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