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Kultur

Schützengräben

Die Kinostarts der Woche

  Schützengräben | Die Kinostarts der Woche  Foto: Constantin Film Verleih Jürgen Olczyk

Auftakt nach Maß: Der kreuzer-Klassiker im Januar ist nicht weniger als einer der besten Filme, die je gedreht wurden, ein perfektes Plädoyer gegen den Krieg. Stanley Kubricks »Wege zum Ruhm« von 1957 ist aktuell wie eh und je. Kirk Douglas besticht als Regimentskommandeur Colonel Dax, der sich im Ersten Weltkrieg vor Gericht wiederfindet, weil er seine Einheit nicht in den sicheren Tod schicken wollte. Und wenn Kubricks spätere Frau Christiane am Ende den »Tapferen Hursar« anstimmt, vergießt garantiert jeder eine Träne.

»Wege zum Ruhm«: Luru-Kino in der Spinnerei, 15.01. 19 Uhr (OmU)
 

Film der Woche: Der 5. September 1972 war ein schwarzer Tag in der deutschen Geschichte. Als palästinensische Terroristen bei den Olympischen Spielen in München elf Mitglieder des israelischen Olympiateams ermordeten, schaute die ganze Welt zu. Ausgerechnet auf deutschem Boden geschah etwas Unvorstellbares. Mittendrin war damals das Team der Sportsparte des US-Senders ABC. Weil sie die technischen Möglichkeiten hatten, wurden sie zum Auge der Weltöffentlichkeit. Millionen hockten gebannt vor dem Fernseher und verfolgten die Bilder live im TV. Der Schweizer Regisseur Tim Fehlbaum (»Hell«) schildert die Stunden im Schaltraum, wo die Bilder zusammenliefen. Den verlässt die Kamera nur durch die Aufnahmen und Berichte der Reporter. Ein cleverer Kniff, der die Spannung auf wenige Quadratmeter konzentriert. Getragen wird sie von einer Riege exzellenter Darsteller. Peter Sarsgaard (»Memory«) hat als TV-Chef Roone Arledge den Hut auf, John Magaro (»First Cow«) wächst als Aufnahmeleiter Geoffrey Mason über sich hinaus und Leonie Benesch (»Das Lehrerzimmer«) spielt als Übersetzerin eine entscheidende Rolle im kritischen Moment der Berichterstattung. Tim Fehlbaum inszeniert das hochspannend und mit sicherer Hand. Er wirft ebenso ein Licht auf das Versagen der deutschen Einsatzkräfte, wie die mediale Sucht nach den besten Bilder im Angesicht einer Katastrophe. Kein Wunder, dass der Polit-Thriller nach amerikanischem Vorbild ins Rennen um den Golden Globe und den Oscar als bester Film des Jahres geht.

»September 5«: ab 9.1. Passage-Kinos, Cineplex, Regina-Palast


Kopenhagen im Jahr 1919: Das Schicksal meint es nicht gut mit der jungen Karoline (Vic Carmen Sonne). Ihr Mann kämpft im Krieg. Ob er noch lebt, ist ungewiss. Solange bleibt ihr die Witwenrente verwehrt. Sie verliert ihren Job in einer Fabrik, die Affäre mit ihrem Chef findet ein jähes Ende. Allein, mittellos und schwanger sieht sie nur einen Ausweg: Sie muss ihr Kind loswerden und greift zur Stricknadel. Doch Dagmar (Trine Dyrholm) hindert sie daran, das Kind abzutreiben. Sie verspricht ihr, das Baby stattdessen an eine wohlhabende Familie zu vermitteln. Dagmar hat einen florierenden Handel etabliert, mit dem sie Frauen wie Karoline aus ihrer Not hilft. Die beiden Frauen werden Freundinnen und Karoline hilft bei den illegalen Geschäften. Bis sie eine schreckliche Entdeckung macht.

In finsteren Schwarz-Weiß-Bildern erzählt Magnus von Horn von einer dunklen Epoche der dänischen Geschichte. Insbesondere für alleinstehende Frauen geht es in jener Zeit ums nackte Überleben. Als Karolines Ehemann vom Krieg gezeichnet nach Hause zurückkehrt, wendet sie sich von ihm ab und dem wohlhabenden Fabrikbesitzer zu, dessen Versprechen verführerisch klingen. Die Figuren in von Horns Erzählung sind ambivalent, die Zeit rechtfertigt die Mittel. „Das Mädchen mit der Nadel“ ist ein Horrorfilm mit Monstern aus Fleisch und Blut. Angelehnt an eine wahre Geschichte legt der Film, der seine Premiere im Wettbewerb von Cannes feierte, den Fokus auf die weibliche Perspektive. Die Handlungen der Protagonistin sind nachvollziehbar, deshalb aber noch lange nicht richtig. Der Zuschauer befindet sich in einer konstanten moralischen Zwickmühle. Zu verdanken ist das den hervorragenden Darstellerinnen und der dichten Inszenierung, die vor allem in der zweiten Filmhälfte ihre Sogwirkung entfaltet.

»Das Mädchen mit der Nadel«: ab 9.1., Luru-Kino in der Spinnerei


Es gibt eine Szene, in der sich der superreiche Amon Maynard seine Kindergeburtstagsschminke – eine edle weiße Raubkatze – vom Gesicht wischt, die Demaskierung endet in einer Fratze. Ein Sinnbild für den ganzen Film. Die Maynards sind fast eine Bilderbuchfamilie: Jede Menge Ressourcen, Ansehen, Macht und Glück. Der Vater tollt herzallerliebst mit den beiden Multikulti-Adoptivtöchtern, knutscht stets frischverliebt seine ältere Frau und der älteste Spross Paula scheint aufgrund von Freizeitaktivitäten wie Polo und Co. auch ganz ausgeglichen. So hoch die Maynards jedoch auf der Bedürfnispyramide thronen, so tief stecken sie im moralischen Sumpf. Denn Papa hat neben immensen Investments und feindlichen Firmenübernahmen ein hasserfülltes Hobby: Er erschießt nebenbei Menschen. Dabei wird er sogar vom Justizminister gedeckt. Trotzdem kommen ihm ein seniler Jagdaufseher und ein abgehalfterter Journalist auf die Schliche. Aber was heißt das schon Die österreichischen Gesellschaftssatire streift durch die Fassaden und Abgründe einer machtbesoffenen Schicht, deren Vermögen – im doppelten Sinn – kaum Grenzen jedweder Art kennt und keinen anderen Gott, geschweige denn Mitmensch duldet. Eindringlich gespielt und mit einigen kuriosen Szenen und interessanten Soundeffekten ausgestattet, packt der bitterböse Streifen die Zuschauer an Hals und Herz. Einzig eine unglaubwürdige Wendung am Schluss wirft einen kleinen Schatten. MARKUS GÄRTNER

»Veni, Vidi, Vici«: ab 9.1., Passage-Kinos (am 11.1., 18:45 Uhr ist Hauptdarsteller Laurence Rupp ist zu Gast), Luru-Kino in der Spinnerei

 

Weitere Filmtermine der Woche

Queere Filmwoche

Eine Woche queere Filme, Männer, Frauen, queer, trans non-binary – Alle Farben der Liebe, Fragen der Geschlechter, Underground Klassiker und aktuelle Perlen: Die Kinobar Prager Frühling und das UT Connewitz stehen wieder ganz im Zeichen queerer Vielfalt mit Gästen und Gesprächen.

9.–16.1. Kinobar Prager Frühling, UT Connewitz


Architektur im Film: Das große Museum
A 2014, R: Johannes Holzhausen, Dok, 94 min

Ein Blick hinter die Kulissen des Kunsthistorischen Museums in Wien.

Stadtbüro, 14.01. 18:00 (Gespräch), 19:00 (Film: , Gast: Stefan Weppelmann)


Blickwechsel ­− Publika und Politiken der Darstellenden Künste
D 2024, Dok, R: Janina Möbius

Die Kultur als Angriffsziel von Rechts. Die Doku beleuchtet den ideologische Feldzug gegen die Künste und untersucht diese Entwicklung im Dialog mit Rimini Protokoll, CHICKS*, Katharina Warda, Sibylle Peters, Julia Wissert und vielen Weiteren.

Lofft, 11.01. 13:00, 14:30, 16:00


Diabel
PL 2024, R: Blazej Jankowiak, D: Paulina Galazka, Aleksandra Poplawska, 110 min

Nach 25 Jahren beim Militär kehrt Max in seine Heimat zurück, gerät in einen brutalen Bandenkrieg und kämpft mit seinem treuen Hund um Leben, Liebe und einen Neuanfang.

Cineplex, 11.01. 22:00 (OmeU, Polnisches Kino)


Kinds of Kindness
IRL/GB/USA 2024, R: Yórgos Lánthimos, D: Emma Stone, Jesse Plemons, Willem Dafoe, 164 min

Gerade hatte uns Yórgos Lánthimos noch mit »Poor Things« begeistert, da feierte diese abgründige Ensemble-Dramödie in Cannes Premiere, wo Jesse Plemons verdient als bester Darsteller geehrt wurde.

Passage-Kinos, 17.01. 20:00 (mit Einführung, OmU, Psychoanalyse trifft Film)


Shorts Attack: Zukunft ist jetzt

8 Filme in 90 Minuten (alle in OmU)

UT Connewitz, 16.01. 20:00


Vika!
PL/D/FIN 2023, Dok, R: Agnieszka Zwiefka, 74 min

Dokumentarfilm über eine 84-Jährige, die als DJ in Warschauer Clubs auflegt.

Passage-Kinos, 15.01. 19:00 (in Anwesenheit der Regiesseurin und Live-DJ-Set)


Westend Sneak

Ein Filmschatz mit Einführung aus dem ehemaligen Bestand der Westend-Arthousevideothek. Diesmal gibt es einen Anti-Western – welcher es ist, ist bis zur Vorführung geheim.

Bibliotheca Albertina, 15.01. 19:00 (Anti-Western)
 


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