anzeige
anzeige
Kultur

Sommer der ersten Liebe

Die Kinostarts der Woche

  Sommer der ersten Liebe | Die Kinostarts der Woche  Foto: Filmstill Salzgeber Thomas Nolf

Viel zu lang ist es schon wieder her, dass Wenzel Storch das Luru besuchte und noch viel länger, dass der wohl eigenartigste deutsche Regisseur seinen letzten Film »Die Reise ins Glück« realisierte. Jetzt kommt er wieder, liest aus katholischen Fotoromanen (s. kreuzer 11/24) und wirft Schmuddelbildchen auf die Leinwand. »Sommer der Liebe« soll es auch geben. Schön.

»Wenzel Storch«: 17. 1, 19 Uhr, Luru-Kino in der Spinnerei
 

Film der Woche: Der 14-jährige Elias lebt mit seiner Familie in einer flämischen Kleinstadt und ist seit einer Weile mit seiner Schulfreundin Valerie zusammen. Eines Tages stellt der frisch aus Brüssel zugezogene Nachbarsjunge Alexander sich als neuer Mitschüler in seiner Klasse vor, wo er sich auch schnell einlebt. Beim Quatschen über Dieses und Jenes erwähnt er Elias gegenüber irgendwann nebenbei, dass auch er schon mal verliebt war, und zwar nicht in ein Mädchen, sondern in einen Jungen. Elias geht zwar nicht näher darauf ein, doch je näher er Alexander kennenlernt, desto mehr bemerkt er, dass auch er selbst wohl nicht (oder zumindest nicht nur) auf Mädchen steht – und durchlebt ein emotionales Chaos aus Freude, Herzklopfen, Sehnsucht, Verwirrung, Verleugnung und Angst. Der belgische Regisseur Anthony Schatteman hat eine warmherzige Jugendromanze geschrieben und inszeniert, wie er sie selbst nach eigener Aussage gern mit 14 gesehen hätte. Der in seinem Heimatort gedrehte Film weiß mit seinen sommerlichen Bildern und dem natürlichen Spiel der beiden Nachwuchsdarsteller Lou Goossens und Marius De Saeger aber nicht nur Jugendliche, sondern auch ein erwachsenes Publikum für sich einzunehmen. Dabei sendet »Young Hearts« ganz unverkrampft eine mutmachende Botschaft zum Thema Coming-out aus, welches eines Tages hoffentlich genau das nicht mehr sein muss: ein Thema – weil Liebe einfach nur Liebe ist. PETER HOCH

»Young Hearts«: ab 16.1. Passage-Kinos


Eigentlich ist David der Überkorrekte, der jeden Schritt vorausplant. Als er am Flughafen ankommt, sitzt sein Cousin Benji bereits seit Stunden in der Abflughalle. Die unzähligen Nachrichten von David auf seiner Mailbox hat er ignoriert. Typisch für den planlos wirkenden Benji, der mit seinem Charme jedoch jeden für sich einzunehmen scheint. Und doch schimmert da eine Hilflosigkeit in ihm durch. Die Reise, die die beiden unternehmen wird nicht nur zu einer Probe ihrer Freundschaft, sondern auch zu einer Suche nach Orientierung. Vorbei an den Spuren des Holocaust reisen sie mit einer kleinen Gruppe Touristen durch Polen, um das Haus ihrer verstorbenen Großmutter aufzusuchen und ihr Lebewohl zu sagen. Angesichts des Grauens, das ihre Vorfahren durchlebten, erscheinen ihre eigenen Probleme nichtig und doch verschwinden sie nie ganz. Dieses nuancierte Spiel mit dem Gefühl von Schuld und der eigenen Lebenskrise balanciert Autor, Regisseur und Schauspieler Jesse Eisenberg gekonnt. Mit seiner zweiten Regiearbeit behandelt er seine eigene Herkunft als Sohn jüdischer Einwanderer. Mit Kieran Culkin hat er einen exzellenten Anspielpartner an seiner Seite. »A Real Pain« ist ein bemerkenswert gut beobachteter, sensibel erzählter Road Trip, der noch lange nachhallt.

»A Real Pain«: ab 16.1. Passage-Kinos, Schauburg, Regina-Palast


Das Kitchen-Drama hat in den letzten Jahren in TV und Kino eine Renaissance erlebt. Die US-Serie »The Bear« und das britische Pendant »Boiling Point« begeistern Kritiker und Publikum gleichermaßen mit menschlichen Dramen zwischen den Kochtöpfen. Hier reiht sich auch Alonso Ruizpalacios »La Cocina« ein. Allerdings verbindet er den Stress in einer Küche am New Yorker Times Square mit einem Blick auf die Lebensrealität von Einwanderer*innen im Big Apple. In Küche und Leben der Protagonist*innen regiert das Chaos. Statt Haute Cuisine wird hier in Cherry Coke gewatet, statt der Jagd nach Michelin Sternen geht es hier eher darum, den Tag zu überleben. Die 139 Minuten spielen sich größtenteils in Echtzeit ab und stressen entsprechend. Der kulinarische Zirkus wird getragen von einem exzellenten Schauspieler-Ensemble, in dessen Zentrum Rooney Mara und Raúl Briones stehen. Die irre Choreographie in der Küche inszeniert Juan Pablo Ramírez in ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Bildern und schwindelerregenden Plansequenzen. Nur essen möchte man nicht unbedingt, was hier auf den Teller kommt.

»La Cocina«: ab 16.1. Passage-Kinos, Schauburg


Licht wärmt, warnt und beeinflusst unsere Stimmung. Ohne Licht können wir nichts sehen, unsere Umgebung nicht, keine Regenbögen und Sterne und natürlich auch keine Filme. Deshalb ist es nur passend, dass ein Filmfestival mit einem Film über Licht eröffnet wird. Die Frage, die in »Tracing Light« gestellt wird, klingt dabei so banal wie kaum zu fassen: Was ist Licht? Die kurze Antwort ist, Licht besteht aus Photonen, die sich verhalten wie eine Welle, wenn sie sich im Raum bewegen und wie ein Teilchen, wenn sie von unserem Auge oder einer Kamera erfasst werden. Dann ist es aber auch schon wieder vorbei mit kurzen Antworten, denn es geht ganz schnell hinein in den Bereich der Quantenmechanik, der Planck-Zeit und des Rätsels, warum Photonen scheinbar bemerken, wenn sie beobachtetet werden und sich dann anders verhalten, als sie es sollten. Das aktuelle Wissen der Physik gerät bei der Erforschung des Lichts an seine Grenzen.

»Tracing Light« ist aber keine Wissenschaftsdokumentation, sondern ein Film, in dem sich Wissenschaft und Kunst begegnen und die Künstlerinnen und Künstler sind genauso ahnungslos wie das durchschnittliche Publikum. Deshalb stellen sie auch genau die Fragen, die bei näherer Betrachtung des Lichts entstehen: Wie groß ist ein Photon? Welchen Weg nimmt das Licht von seiner Quelle in unser Auge? Und was passiert in einem schwarzen Loch? Die Antworten der Wissenschaftler sind interessant, aber sie werfen auch immer neue Fragen auf, Fragen, die die Wissenschaftler selbst noch nicht beantworten können. Und genau an dieser Stelle setzt eben die Fantasie ein, die Wissenschaftler dann Hypothesen nennen und die Künstlerinnen und Künstler für ihre Projekte nutzen. Und die fängt Thomas Riedelsheimer wunderschön ein. Julie Brooks experimentiert in Schottland und Italien mit natürlichem Licht und Feuer, das Kollektiv Semiconductor versucht den Weg des Lichts mit High-Speed-Kameras nachzuvollziehen und sichtbar zu machen und das Duo Brunner/Ritz setzt das Licht mit aufwändigen Laserinstallationen in Szene. Das sieht nicht nur toll aus, sondern ist durch die Verbindung mit den wissenschaftlichen Erklärungen umso erstaunlicher. Wir wissen so wenig über Licht und können gleichzeitig so erstaunliche Sachen damit erzeugen. Aber was wir können, kann die Natur schon lange und auch natürliche Lichtspiele bindet Thomas Riedelsheime hervorragend in sein Porträt des Lichts ein.

Deshalb ist der Film auch so gut als Eröffnung für das Dok geeignet, weil er eben nicht nur als schnöde Wissenschaftsdoku daherkommt, sondern Kunst und Dokumentation nach bester Dok-Art verbindet. Und nicht nur inhaltlich und thematisch, sondern als Einheit von Form und Funktion. Das Erstaunen über die schönen natürlichen und künstlichen Lichtspiele macht neugierig, mehr über die Hintergründe zu erfahren und die Hintergründe machen mehr Lust auf schöne Lichtspiele. Während man beim Zusehen noch versucht, überhaupt einen Teil der Erklärungen zu verstehen, oder die Dimensionen von Licht zu begreifen, wird man schon wieder von der nächsten Installation verzaubert. Verzaubert ist genau der richtige Ausdruck, denn wie jeder gute Film hat »Tracing Light« auch tolle Protagonistinnen und Protagonisten, deren Begeisterung für Licht einfach ansteckend ist. Vor allem die Freude der Physiker, im Rahmen ihres Wissens den Künstlerinnen und Künstlern das Licht zu erklären, bringt im Film und vermutlich auch im Publikum reihenweise Augen zum Leuchten. Was es damit auf sich hat, bleibt offen, aber dass es passieren wird, ist so sicher, wie dass morgens die Sonne aufgeht. ALEXANDER BÖHLE

»Tracing Light«: ab 16.1. Passage-Kinos

 

Weitere Filmtermine der Woche


Filmriss Filmquiz

Wie viele Statisten tummeln sich in »Ghandi«? Welcher Film erhielt die meisten Oscars? Wie heißt Zendaya mit vollständigem Namen? Fragen über Fragen – für die Antworten winken Preise über Preise beim Filmriss Filmquiz, der unterhaltsamen Filmquizshow mit André Thätz und kreuzer-Redakteur Lars Tunçay.

Moritzbastei, 22.01. 20:00


Junge Mädchen zur Liebe gezwungen
I 1978, R: Franco Prosperi, D: Florinda Bolkan, Ray Lovelock, Flavio Andreini, 86 min

Die Nonne Cristina nimmt junge Mädchen in ihrem abgelegenen Haus in ihre Obhut. Als eines Tages drei Männer auftauchen und die Frauen vergewaltigen, schwört sie blutige Rache.

Luru-Kino in der Spinnerei, 19.01. 18:00 (Luru Archive)


Großangriff der Zombies
I/E 1980, R: Umberto Lenzi, D: Hugo Stiglitz, Laura Trotter, Francisco Rabal, 92 min

Durch ein nukleares Unglück kommt es in einer europäischen Stadt zur Katastrophe, in deren Folge blutrünstige Zombies die Straßen bevölkern.

Luru-Kino in der Spinnerei, 19.01. 20:00 (Luru Archive)


Der Graf von Monte Christo
F 2024, R: Matthieu Delaporte, Alexandre De La Patellière, D: Pierre Niney, Bastien Bouillon, Anaïs Demoustier, 178 min

Recht gelungene, imposant inszenierte Neuverfilmung der klassischen Geschichte von Alexandre Dumas.

Passage-Kinos, 19.01. 17:00 (Ausblick)


Der Brutalist
GB/USA/HUN 2024, R: Brady Corbet, D: Adrien Brody, Guy Pearce, Felicity Jones, 215 min

Formal experimentierfreudig und kompromisslos erzählt Brady Corbet die (frei erfundene) Lebensgeschichte von László Tóth, der 1947 aus Ungarn in die USA emigrierte.

Passage-Kinos, 20.01. 18:00 (OmU, Preview)


Die Dirnentragödie
D 1927, R: Bruno Rahn, D: Asta Nielsen, Werner Pittschau, Oskar Homolka, 78 min

Die alternde Dirne Auguste träumt von einem besseren Leben. Stummfilmdrama von 1927, begeleitet von der historischen Kinoorgel.

Musikinstrumentenmuseum der Universität Leipzig, 24.01. 19:30 (Stummfilm mit Kinoorgel)


Die letzten Männer von Aleppo
DK/D/SYR 2016, Dok, R: Feras Fayyad, Steen Johannessen, 110 min

Khalid, Subhi und Mahmoud, alles Gründungsmitglieder der Freiwilligen-Organisation »Weißhelme« in Aleppo, sind gewöhnliche Bürger. Sie sind jedoch die ersten, die ein gerade zerbombtes und zerstörtes Gebäude betreten, um in den Trümmern nach den Lebenszeichen Verschütteter zu suchen. Die drei leben einen zermürbenden Alltag von Einkesselung und Bombardierung.

Cinémathèque, 20.01. 19:30 (mit Gespräch, OmU)


Eolomea
DDR 1972, R: Herrmann Zschoche, D: Cox Habbema, Iwan Andonow, Rolf Hoppe, 82 min

Acht Raumschiffe verschwinden in der Nähe der Raumstation »Margo«. Rätselhafte verschlüsselte Morsezeichen aus dem viele Lichtjahre entfernten Sternbild Cygnus erreichen die Erde. Ihre Entschlüsselung ergibt das Wort »Eolomea«. Es scheint sich dabei um einen Planeten zu handeln.

Cinémathèque, 21.01. 19:30 (Viele Morgen)


European Outdoor Film Tour

Kurzfilmprogramm mit Outdoor- und Abenteuerdokus.

Werk 2, 20.01. 19:30


Frühes Versprechen
F 2021, R: Eric Barbier, D: Charlotte Gainsbourg, Pierre Niney, Didier Bourdon, 131 min

Die Geschichte von Romain, der mit seiner Familie vor den Nazis fliehen muss und sich schließlich dem Widerstand anschließt.

Schaubühne Lindenfels, 20.01. 19:00 (OmeU)


Spaceship Earth
USA 2022, Dok, R: Matt Wolf, 115 min

Filmabend im Rahmen der Ausstellung »Zukünfte. Material und Design von Morgen«

Cinémathèque, 21.01. 19:30 (mit Gespräch, OmeU)


Taking off
USA 1971, R: Milos Forman, D: Lynn Carlin, Buck Henry, Georgia Engel, 93 min

Gesellschaftssatire von Milos Forman: Auf der Suche nach ihrer entlaufenen Tochter, trifft ein Ehepaar auf Gleichgesinnte und die Vergnügen des Lebens.

Luru-Kino in der Spinnerei, 21.01. 19:00 (OmU, Rausch und Stigma – mit Vortrag und Diskussion, Eintritt frei)


Zwischen den Stühlen
D 2017, Dok, R: Jakob Schmidt, 106 min

Der Dokumentarfilm begleitet drei Referendare auf ihrem Weg zum Examen.

Passage-Kinos, 24.01. 18:30 (Zum Internationalen Tag der Bildung)


Was soll‘n wir machen ohne den Tod
D 1980, Dok, R: Elfi Mikesch, 108 min

Ein Dokumentarfilm über ein besonderes Altersheim und dessen Bewohner*innen.

Cinémathèque, 24.01. 19:30

 

 

 


Kommentieren


0 Kommentar(e)