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Kultur

Alter und Erinnerung

Die Kinostarts der Woche

  Alter und Erinnerung | Die Kinostarts der Woche  Foto: Filmstill / Komplizen Film

Die Leipziger Künstlerin Sophie Stephan hat die lange Geschichte eines Hauses und seiner Bewohnerinnen und Bewohner dokumentiert. In über 400 Stunden Bildmaterial gewährt sie in ihrer Videoinstallation Einblick in das Leben der Menschen. Begleitend zeigt die Cinémathèque die Dokumentarfilme »Im Schatten des Apfelbaums« (8.2.) und »Ein Haufen Liebe« (10.2.) der Leipziger Filmemacherinnen Claudia Euen und Alina Cyranek, die sich mit dem Alter und Erinnerung auseinandersetzen.

»Biotop der unfreiwilligen Freiwilligkeit«: bis 14.2., Cinémathèque


Film der Woche: Paris kann unwirklich sein. Erst recht im Kino. Staub wirbelt durch die Luft alter Wohnungen. In der Seine spiegelt sich das Licht und an den Bäumen wirken die Blätter wie hingetupft. Vor dieser Kulisse inszeniert Regisseur Pablo Larraín seinen neuen  Film. Protagonistin ist die große Opernsängerin Maria Callas. Auf langen Spaziergängen begleitet die Kamera sie durch die Stadt, zeigt sie in den Straßencafés und Bars, wo sie den Heimweg noch etwas hinauszögert. Zuhause ist von einer umjubelten Karriere wenig übrig geblieben. Abend für Abend erwarten sie nur ihr Butler, die Haushälterin und der schwarze Flügel. Das Leben könnte so vergehen, doch Maria Callas hat noch ein Ziel. Erschöpft von Verlusten und rauen Mengen an Tabletten plant sie ihr Comeback.

Larraín hat Biopics über berühmte Frauen zu seinem Markenzeichen gemacht. Markant ist seine anachronische Erzählweise. Was seine Werke darüber hinaus auszeichnet, lässt sich auf eine einfache Formel bringen: Ikonen nahbar machen, ohne ihren Zauber zu brechen. Nach »Jackie« und »Spencer« gelingt das auch diesmal. Einerseits weil Angelina Jolie zu Hochform aufläuft. Ihre Maria Callas irgendwo zwischen Größenwahn, Witz und Verletzlichkeit ist eine Offenbarung. Andererseits weil Larraín konsequent auf seine Nebenfiguren setzt. Die Dialoge zwischen ihnen und Maria Callas gehören zu den anrührendsten Momenten in einem durchweg starken Film. JOSEF BRAUN

»Maria«: ab 30.1. Passage-Kinos, Schauburg, Regina-Palast         


Verschiedene spanische Filme haben es sich in den letzten Jahren zur Aufgabe gemacht, die Gräueltaten der Falangisten während und nach dem spanischen Bürgerkrieg aufzuarbeiten, am prominentesten 2022 Pedro Almodóvars »Parallele Mütter«. Patricia Font hat sich nun der wahren Geschichte des Lehrers Antoni Benaiges angenommen, der 1936 als Gewerkschaftsmitglied von den Franco-Faschisten verschleppt und ermordet wurde, seine sterblichen Überreste wurden nie gefunden. Dennoch beginnt ihr Film mit der Exhumierung eines Massengrabs im Jahr 2010. Am Rande steht Ariadna, deren Urgroßvater damals ebenfalls verschwand. Ihr an Demenz erkrankter Großvater wurde von Benaiges unterrichtet. Diesen Handlungsstrang verknüpft die Regisseurin mit der Geschichte des idealistischen jungen Lehrers. Der wird 1934 an eine nordspanische Dorfschule versetzt und bringt mit seinen freigeistigen Methoden gleich den strengen Pfarrer gegen sich auf. Die Kinder begeistert er jedoch und vermittelt ihnen unter anderem durch das Erstellen von Klassenzeitungen Freude am Lesen und Schreiben. Benaiges’ Wirken und Fonts Film erzählen vom Wert von Freundlichkeit und guter Pädagogik, von der Bedeutung des Sich-Erinnerns und des Nicht-Verschweigens und nicht zuletzt auch davon, wie die Schrecken der Vergangenheit Effekte aufs Hier und Jetzt haben – und dass sie sich, wenn wir nicht aufpassen, nur allzu leicht wiederholen. PETER HOCH

»Der Lehrer, der uns das Meer versprach«: ab 6.2., Passage-Kinos, Regina-Palast


Weitere Filmtermine der Woche


Haltlos
D 2024, R: Kida Khodr Ramadan, D: Lilith Stangenberg, Samuel Schneider, Jeanette Hain, 93 min

Die schwangere Martha entschließt sich dazu, ihr Kind zur Adoption freizugeben. Mit großer emotionaler Wucht erzählt der Film von ihrer Entscheidung und deren Folgen, die zu einem seelischen und gesellschaftlichen Kampf um Weiblichkeit, Mutterschaft und Freiheit führen. Im Anschluss Soundtrack-Konzert im Westflügel.

Schaubühne Lindenfels, 07.02. 20:00 (anschließend Konzert im Westflügel)


Der Andere
D 1913, R: Max Mack, D: Albert Bassermann, Emmerich Hanus, Nelly Ridon, 77 min

Der Rechtsanwalt Dr. Hallers leidet nach einem Sturz unter einer Bewusstseinsveränderung und verwandelt sich in den Anderen. Sein Alter Ego durchstreift nun die Berliner Halbwelt.

Schaubühne Lindenfels, 06.02. 19:30 (im Rahmen von Franz Kafka und der Film)


Battles Without Honor and Humanity
J 1973, R: Kinji Fukasaku, D: Bunta Sugawara, Hiroki Matsukata, Kunie Tanaka, 100 min

Ein ehemaliger japanischer Soldat erschießt kurz nach dem Zweiten Weltkrieg einen Gangster, der seinen Freund getötet hat. Als er aus der Haft entlassen wird, tritt er einem Yakuza-Syndikat bei.

Cineding, 07.02. 19:00 (OmU, Reihe Zeitlos)
 

Zucker für den Mörder
I 1968, R: Maurice Cloche, D: Kerwin Mathews, Marilù Tolo, Venantino Venantini, 86 min

König Faoud, Herrscher des asiatischen Landes Kafiristan, weilt in Venedig. Der Profikiller Oscar Snell hat es auf sein Leben abgesehen, das der CIA-Agent Mark Stone schützen soll. Kurzweiliger Italo-Agentenstreifen.

Luru-Kino in der Spinnerei, 09.02. 18:00 (Luru Archive)
 

Abenteuer in Rio
I/F 1964, R: Philippe de Broca, D: Jean-Paul Belmondo, Françoise Dorléac, Jean Servais, 110 min

Italo-französischer Action-Reißer mit Belmondo vor »exotischer Kulisse«. Der erfolgreiche Abenteuerfilm wurde später Vorlage für Filme wie Indiana Jones.

Luru-Kino in der Spinnerei, 09.02. 20:00 (Luru Archive)
 

American Psycho
USA/CAN 2000, R: Mary Harron, D: Christian Bale, Justin Theroux, Josh Lucas, 102 min

Exzellent gespielte, schwarzhumorige Verfilmung des schockierenden Romans von Bret Easton Ellis über die Exzesse eines reichen New Yorker Börsen-Yuppies (Christian Bale), der zugleich auch Parabel auf die postindustrielle Konsumgesellschaft der westlichen Welt ist.

Cinestar, 07.02. 20:00, 22:50 (OF)
 

Die Schwarze aus Dakar
SEN/F 1966, R: Ousmane Sembéne, D: Therese MʼBissine Diop, Anne-Marie Jelinek, Robert Fontaine, 60 min

Diouana kommt aus dem Senegal in Frankreich an und arbeitet dort als Dienstmädchen.

Ost-Passage-Theater, 12.02. 20:00 (Black Cinema, Black History Month, mit Vorfilm, OmU)


Jozef van Wissem vertont »Der müde Tod«
D 1921, R: Fritz Lang, D: Bernhard Goetzke, Lil Dagover, Frank Tidy, 98 min

Eine junge Frau verliert ihren Geliebten an den Tod und will ihn um jeden Preis zurück. Der Tod, allegorisch in der Gestalt eines hageren Mannes, stellt ihr drei Aufgaben, an denen sie scheitert. Erst als sie sich selbst opfert, werden die Liebenden im Tod vereint.

UT Connewitz, 08.02. 20:00
 

Porträt einer jungen Frau in Flammen
F 2019, R: Céline Sciamma, D: Noémie Merlant, Adèle Haenel, Luàna Bajrami, 122 min

Eine Malerin aus Paris malt 1770 auf einer bretonischen Insel eine junge Adelige und die beiden Frauen kommen sich langsam – sehr, sehr langsam – näher.

Passage-Kinos, 09.02. 20:15 (OmU, Passagen-Werke mit Einführung und Gespräch)


Vergiss mein nicht
USA 2004, R: Michel Gondry, D: Kate Winslet, Jim Carrey, Mark Ruffalo, 108 min

Intelligenter, skurriler und berührender Diskurs über die Liebe von Michel Gondry, bis in die Nebenrollen hervorragend gespielt und einfallsreich inszeniert.

Passage-Kinos, 14.02. 20:45
 

Was will der Lama mit dem Gewehr
BT 2023, R: Pawo Choyning Dorji, D: Harry Einhorn, Tandin Wangchuk, Kelsang Choejay, 107 min

Ein Amerikaner auf der Suche nach einem antiken Gewehr in Bhutan. Dort trifft er auf einen heimischen Mönch, der die Berge durchstreift, um Wiedergutmachung zu leisten.

Cinémathèque, 12.02. 19:30 (OmeU, Screening Religion)
 

König hört auf
D 2022, Dok, R: Tilman König, 85 min

Das Filmporträt des Jenaer Jugendpfarrers Lothar König ist die kritische Würdigung eines streitbaren Charakters, der sich mit der Pensionierung neu erfinden muss.

Cineding, 08.02. 19:00 (Hommage und Diskussion)
 

Im Schatten des Apfelbaums
D 2018, Dok, R: Claudia Euen, 60 min

Die Leipzigerin Claudia Euen erzählt in ihrem Dokumentarfilm die Liebesgeschichte ihrer Großeltern. Im Anschluss Gespräch mit der Regisseurin.

Cinémathèque, 08.02. 19:30 (mit Regiegespräch)
 

Ein Haufen Liebe
D 2016, Dok, R: Alina Cyranek, 91 min

Die Leipziger Filmemacherin Alina Cyranek begleitete Frauen einer Theatergruppe und ließ sie über ihr Leben und ihre Liebe erzählen. Anschl. Gespräch mit der Regisseurin.

Cinémathèque, 10.02. 19:30 (mit Regiegespräch, OmeU)
 

High Noon – Europa im Energierausch
D 2024, R: Anette Dorothea Weber

Der Dokumentarfilm handelt von Landschaftszerstörungen, dem drohenden Heimatverlust von Menschen und den Widerstandsbewegungen, die Folge der skrupellosen Ausbeutung natürlicher Ressourcen durch internationale Energiekonzerne sind. Im Anschluss Gespräch.

Kinobar Prager Frühling, 12.02. 18:00 (mit Regiegespräch)
 

Architektur im Film: Die rote Wüste
I 1964, R: Michelangelo Antonioni, D: Richard Harris, Monica Vitti, Xenia Valderi, 112 min

Stilisiertes, allegorisches Gesellschaftsdrama von Michelangelo Antonioni, in dem er die Folgen des Verlusts von religiösen, emotionalen und sozialen Bindungen ins mitunter Surreale steigert.

Stadtbüro, 11.02. 18:00 (Gespräch), 19:00 (Film)


Filmriss Filmquiz

Wie viel Knete steckt im »Wallace & Gromit«-Film? Wo wurde Leo DiCaprio geboren? Wann flimmerte der erste Film im Kino? André Thaetz und kreuzer-Redakteur Lars Tunçay quizzen wieder durch die Filmgeschichte mit frischen Fragen, Filmclips und Soundtracks. Als Lohn winken Preise zu aktuellen Kinofilmen und das gute Gefühl, Bescheid zu wissen.

Moritzbastei, 11.02. 20:00


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