anzeige
anzeige
Ausflug & Reise

Dem Himmel so nah

Ein Besuch des Sonnenobservatoriums Goseck ist auch im Winter reizvoll

  Dem Himmel so nah | Ein Besuch des Sonnenobservatoriums Goseck ist auch im Winter reizvoll  Foto: Kremtz

Die Archäologie buddelt ja gerne mal im Boden herum. Woher weiß sie eigentlich, dass eine Grabung sich lohnen könnte, wenn es oberirdisch nichts zu sehen gibt, was auf Funde in der Erde hindeutet? Da sind Luftbildaufnahmen hilfreich. Und die Landwirtschaft, die berichtet, dass sich das mit dem Bewuchs in einer bestimmten Ecke seltsam verhält. Goseck, ein kleines Örtchen zwischen Weißenfels und Naumburg, war lange nur für sein idyllisch auf den Saalehang gesetztes Schloss bekannt. Das veränderte sich mit Erkundungen aus der Luft zu Beginn der Neunziger. Von oben waren ringförmige Bodenverfärbungen sichtbar, die darauf hinwiesen, dass dort im Boden was los ist. Das sagten auch die Bauern. Man begann zu graben und zu untersuchen und legte eine Kreisgrabenanlage frei, die 7.000 Jahre alt ist. Die ließ sich exakt rekonstruieren und so kann man dort erleben, was die Leute in der Zeit zwischen 4.900 und 4.700 vor Christus sehen konnten. Das war lange bevor Stonehenge oder die ägyptischen Pyramiden errichtet wurden.

Die Anlage aus der Jungsteinzeit besteht aus einem Außenring mit Graben und kleinem Erdwall von etwa 75 Metern Durchmesser. Innerhalb befinden sich zwei weitere Ringe aus Baumstämmen. In der Mitte steht man also auf der Wiese, über sich den Himmel, und schaut auf Holzstämme, die in knapp 25 Metern Entfernung einen Kreis bilden. Stimmt man hier ein Lied an, freut sich ein Zuhörer, der in der Nähe der Pfähle steht, über die Verstärkung des von der Mitte ausgehenden Klangs. Im Gang zwischen den beiden Palisadenreihen erscheinen Geräusche dagegen wie verschluckt. In die Anlage gelangt man durch drei Tore: im Norden, im Südosten und im Südwesten. Angenommen, man begibt sich täglich zur Kreisanlage und stellt sich in ihre Mitte, dann könnte man die Sonne passieren sehen: Anfang Dezember erscheint sie im Bereich der beiden südlichen Tore, geht im Südosttor auf und im Südwesttor unter, bis sie den Torbereich im Januar wieder verlässt. Ähnlich genau lassen sich die Sommersonnenwende und der 1. Mai unseres heutigen Kalenders bestimmen. Was es mit dem nördlichen Tor auf sich hat, ist noch nicht enträtselt.

Es liegt also die Annahme nahe, dass man in Goseck diese Menge an Baumstämmen in den Boden gerammt hat, um mittels Sonnenbeobachtung ein Kalendarium für wichtige Tage im Jahr zu haben. Deshalb ist auch vom Sonnenobservatorium die Rede. Die Baumstämme haben die sieben Jahrtausende natürlich nicht überlebt. Aber sie haben im Boden Verfärbungen hinterlassen, die der Archäologie die Rekonstruktion möglich machten. Es ist denkbar, dass die Anlage auch ein Ort für Zusammenkünfte war: Vielleicht tanzten die Gosecker der Jungsteinzeit hier in den Mai. Gefunden wurden jedenfalls Spuren von Feuer, eine in die Anlage integrierte Grube mit menschlichen und Tierknochen sowie Keramik. Auffällig ist die Häufung von Rinderschädeln in den Torbereichen.

Das Observatorium Goseck ist der »früheste archäologische Beleg für systematische Himmelsbeobachtungen«. So formuliert es das Landesmuseum für Vorgeschichte Halle, das für die Forschung zur Anlage verantwortlich ist. Ganz allein ist sie nicht: Solche ringförmig angelegten Monumente aus Gräben und Pfosten waren in der Zeit in ganz Zentraleuropa üblich, manche von ihnen bringen es auf 200 Meter Durchmesser. Goseck ist also nicht die größte Kreisgrabenanlage. Aber eben die älteste.

Beim Thema alt. Wenn man schon mal dort ist, sollte ein Blick auf das bereits erwähnte Schloss nicht ausbleiben. Ein Vorgängerbau fungierte schon im 9. Jahrhundert als Grenzburg an der Saale. Später wurde aus einem Teil ein Kloster, von der Klosterkirche lässt sich unter anderem noch die bemerkenswerte Krypta aus dem 13. Jahrhundert besichtigen. Dafür ist bis Ende März eine Anmeldung nötig. Unterhalb des Schlosses ist man immer noch weit oben auf dem Saalehang und hat einen tollen Blick über das Tal, auf die gegenüberliegende Schönburg und bis nach Naumburg. 

> Informationen im E-Museum: www.emuseum-himmelswege.de
> Anmeldung im Schloss bis 31.3. unter brief[at]schlossgoseck.de

 


Kommentieren


0 Kommentar(e)