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Von Kühen zu Menschen und Katzen

Elke Jäpelt verkauft die Kippe seit 1995

  Von Kühen zu Menschen und Katzen | Elke Jäpelt verkauft die Kippe seit 1995  Foto: Christiane Gundlach


»Elke Jäpelt ist ein Leipziger Original.« – Was vor exakt zwanzig Jahren im kreuzer stand, trifft bis heute zu. In der Grimmaischen Straße hat die Kippe-Verkäuferin ihr Gebiet, steht aber nicht mehr jeden Tag von morgens bis abends hier. »Früher schaffte ich zehn Stunden am Stück«, sagt sie dem kreuzer. Heute ist sie kürzer unterwegs. »Vier Stunden, wenn ich gut bin.« Zumal sie weiteren Tätigkeiten nachgeht, wie schon damals Straßenkatzen versorgt. Und dazu das Futter selbst kocht – als 83-Jährige.

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Menschen treffen, Menschen helfen, das ist Jäpelts Lebenselixier. Darum verkauft sie die Zeitung, kommt unter Leute, zeigt Touristen den Weg. Und verschenkt ihre Bernsteine, die sie ursprünglich im Tagebau Goitzsche fand. Auch der große braune Stein, der um Jäpelts Hals baumelt, ist ein Fundstück. Sie will den Leuten mit den kleinen Geschenken eine Freude bereiten. Der stets ausgesuchte Kleidungsstil der Frau unterstützt das. Jäpelt ist bekannt für ihre Hüte und kräftigen Farben.

»Den kreuzer habe ich auch mal verkauft«, sagt Jäpelt. Die Andere Zeitung habe sie vertrieben und das linke Szenemagazin Klarofix, das von 1993 bis 2002 monatlich erschien, die DAZ als Wochenzeitung 1990/91, deren monatliche Kulturbeilage der kreuzer einst war. »Mit dem kreuzer war es schwierig, also probiere ich es mal«, habe Jäpelt damals gedacht, als sie 1995 jemand vom Kippe-Team ansprach. Sie blieb dabei. Wohl auch, weil die Reaktionen oft positiv sind. Natürlich nicht alle: »Ein Mann drückte mir mal eine Mark in die Hand und meinte, ich soll’s nicht vertrinken.« Aber: »Schlechte Erlebnisse hake ich ab.«

Jäpelt ist Ur-Leipzigerin, 1942 wurde sie geboren. Das Wohnhaus ihrer Familie stand am Brühl, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Nach der Schule lernte sie Rinderzucht an der Fachschule für Landwirtschaft, arbeitete in der Tierzuchtinspektion. Nachdem ihr Sohn auf die Welt kam, wechselte Jäpelt als Technische Assistentin an die Uni in die Veterinärmedizin, später in die Produktion an den Milchhof. Mit der Wende kam die Entlassung, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen folgten. »Arbeiten konnte ich immer«, so Jäpelt. Sie stockt die Rente mit den Kippe-Einnahmen auf, auch wenn sie ohne diese wohl über die Runden kommen würde. Wie viele Zeitungen sie verkauft, darüber schweigt Jäpelt lieber.

»Früher war mehr los für Leute mit kleinem Geld«, sagt Jäpelt über die Veränderungen in der Stadt. Viel grauer sei Leipzig einst gewesen, »da ist etwas draus geworden«. Eine Welt nur für Vermögende soll aber die Stadt nicht werden.

»Schwätzchen halten, das mag ich. Und ich gebe mal Ratschläge, wenn es sein muss.« Die sozialen Kontakte schätzt sie, und dass sie allerhand erlebt. »Ich fühle mich in der Innenstadt am wohlsten«, sagt Jäpelt, die schon für eine Stadtführerin gehalten wurde. An welchen Orten sie die freilaufenden Katzen füttert, will Elke Jäpelt nicht verraten. Jeder Mensch braucht seine Geheimnisse. Dass Igel dazugekommen sind, erzählt die humorige Frau dann doch noch. Und rätselt darüber, warum ihr gerade neben Hühnerbeinen und Hähnchenherzen nicht die anderen Zutaten fürs selbstgemachte Futter einfallen.


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