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Politik

26. Juni: Clearasil für die Verwaltung

Finanzbürgermeister Torsten Bonew wird für sein kreuzer-Interview kritisiert

  26. Juni: Clearasil für die Verwaltung | Finanzbürgermeister Torsten Bonew wird für sein kreuzer-Interview kritisiert  Foto: Stefan Ibrahim


»Bitte, Frau Schrei«, sagt Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) und offenbart noch ein paar Namenslücken im noch immer relativ neuen Stadtrat. »Frau Schneiß!«, souffliert sein Nebenmann. »Frau Schmals«, wiederholt Sleepy Jung. Wie auch immer. Chantal Schneiß (Grüne) hat eine Frage zu einem Interview, das Finanzbürgermeister Torsten Bonew (CDU) dem kreuzer gab. Bonew sprach darin über den Leipziger Doppelhaushalt und kritisierte die Leistungsbereitschaft in der Gesellschaft. Er würde beim Wort Work-Life-Balance »Pickel im Gesicht« bekommen und Berufseinsteiger, die keine 40-Stunden-Woche mehr schaffen, gern zum Betriebsarzt schicken.

Für die Stadt eine »persönliche Meinungsäußerung«, wie sie in ihrer Antwort schreibt. »Wie erkennt die Öffentlichkeit, was Privatmeinung ist und was im Namen des Oberbürgermeisters gesagt wird?«, fragt Schneiß. »Hm«, Jung ist wieder wach. »Ich versuch’s mal.« Bonew vertrete Jung im Bereich des Dezernates Finanzen, »dennoch hat er ja eine Meinung, dennoch hat er politische Überzeugungen und Haltungen.«

»Ich traue insbesondere der Intellektualität der Leserinnen und Leser des kreuzer zu, diese Unterscheidung treffen zu können«, sagt Jung. kreuzer-Fan Michael Weickert (CDU) applaudiert. Und Jung outet sich direkt als Leser. »Herr Bonew, ich hab’s verstanden, wenn sie nicht als Oberbürgermeister sprechen«, sagt er und blickt väterlich auf Bonew.

Aber das Elterngespräch ist noch nicht vorbei. »Stimmen Sie mir zu, dass solche Aussagen respektlos unseren Mitarbeitenden gegenüber sind?«, fragt Schneiß. »Jetzt gebe ich Herrn Bonew mal die Gelegenheit, das richtigzustellen«, sagt Jung. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versucht zu diskreditieren.«

»Ganz im Gegenteil«, sagt Bonew, der schnell ans Rednerpult gelaufen ist. Diese »pointierte Privatmeinung und pointierte Zuspitzung« entspreche dem Bericht der Wirtschaftsweisen der Bundesregierung, »dass wir in unserem Land zu wenig arbeiten.«

Wie denn seine Äußerungen zu der in den Führungsleitlinien der Stadt festgehaltenen Vorbildfunktion passen würden, will Schneiß wissen. »Die gute Benotung, die ich von meinen Führungskräften in meinem Führungsfeedback habe, geben mir da glaube ich Recht«, sagt Bonew. »Das freut mich«, sagt Schneiß, »und es freut mich, dass auch so faule Schweine wie ich, die in Teilzeit arbeiten, ihre Gesundheit nicht gefährden.«

Denn auf Anfrage der Grünen schrieb die Verwaltung, dass ihr »derzeit keine dokumentierten Fälle vorliegen, in denen die Teilzeitbeschäftigung von Mitarbeitenden nachweislich zu physischen Beschwerden, insbesondere im Bereich der Haut, bei Führungskräften geführt hätte.« Ein Mitarbeiter der Verwaltung hat wohl extra eine Literaturrecherche angelegt: »Ebenso sind keine wissenschaftlichen Studien bekannt, die einen direkten oder indirekten Zusammenhang zwischen flexiblen Arbeitszeitmodellen und dermatologischen Reaktionen im Führungspersonal belegen würden.« Sollten sich zukünftig Hinweise auf psychosomatische Erkrankungen ergeben, würde die Stadt diese »selbstverständlich mit der gebotenen Ernsthaftigkeit prüfen.«


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