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Stadtleben

Stärken für die Gegenwart

Am 9. Oktober 2025 wird der Grundstein für das Einheitsdenkmal gelegt

  Stärken für die Gegenwart | Am 9. Oktober 2025 wird der Grundstein für das Einheitsdenkmal gelegt  Foto: Philipp Kirschner


»Die Grundsteinlegung des Nationaldenkmals und eine etwas kleinere Variante des Lichtfestes«, mit dieser Ankündigung eröffnete am Freitagmittag der Pressesprecher der Stadt Leipzig, Matthias Hasberg, den alljährlichen Pressetermin in Vorbereitung auf den städtischen Gedenktag am 9. Oktober.

Dieser erinnert an jenen Tag im Jahr 1989, als zwei Tage nach dem 40. Geburtstag der DDR 70.000 Menschen gegen staatliche Repressionen demonstrierten. Seit 2009 wird der 9. Oktober daher als städtischer Gedenktag und »Tag der Freiheit« begangen. Dazu gehört das Friedensgebet in der Nikolaikirche, die Rede zur Demokratie und einige künstlerische Produktionen mit viel Licht, die mal mehr und mal weniger bemüht didaktisch Assoziationen zur Freiheit herstellen sollen und wollen.

Oberbürgermeister Burkhard Jung betonte am Freitag, dass das Lichtfest dieses Jahr zum 36. Jahrestag im Vergleich zu runden Jubiläen » ein sehr kleines, aber ein ganz besonderes Lichtfest sein wird«. Denn geplant ist die Einweihung einer Informationsskulptur in Vorbereitung auf die Einweihung des Freiheits- und Einheitsdenkmals am 9. Oktober 2029 – ganze vierzig Jahre nach den Demonstrationen (siehe kreuzer 11/2024)

Als im vergangenen Jahr der Siegerentwurf verkündet wurde, träumte Jung noch laut davon, dass am 9. Oktober 2025 erste Transparente auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz aufgestellt werden könnten.

Doch nun gibt es erstmal eine Grundsteinlegung für das Nationaldenkmal mit dem Titel »Banner, Fahnen, Transparente«, das letztes Jahr bei einem künstlerischen Realisierungswettbewerb gewonnen hat. Die Pläne kommen von den Leipziger Zila Architekt.innen sowie der Künstlerin Bea Meyer und dem Architekten Michael Grzesiak. Bis zur Fertigstellung, soll eine Informationsskulptur auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz stehen. Dessen Form ist allerdings noch geheim und soll die Menschen einstimmen auf den Park in der Stadt, in dem das Denkmal in vier Jahren stehen wird.

Auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz werden sich dann zwischen den Bäumen die weißen Transparente befinden. Wenn es nach Burkhard Jung geht, außerdem Menschen, die darüber nachdenken und in ihrer Kontemplation Fragen wie »Was würden wir heute auf Transparente schreiben?« nachhängen. Aber, so betont das Stadtoberhaupt weiter, sollte der »Glücksmoment 89 uns für die Gegenwart stärken« und einen »Weckruf für ein gesellschaftliches Miteinander« darstellen. Mehr Menschlichkeit, weniger Nabelschau wünscht er sich und erinnerte daran, dass die Zahl der Autokratien weltweit die der Demokratien aktuell übersteigt. Bei all den aktuellen Ereignissen und Entwicklungen wirkt das diesjährige Motto für das Lichterfest »Aufeinander zugehen – 35 Jahre Deutsche Einheit« dann doch sehr schwach, da es harmonisiert, statt ein gründliches Nachdenken zu forcieren.


»Nehmt einander an…«

Die Feierlichkeiten am 9. Oktober beginnen um 17 Uhr mit dem Friedensgebet in der Nikolaikirche, das unter dem Motto »Nehmt einander an…« (Römer 15,7) steht. Pfarrer Stief betonte bei der Ankündigung, dass nicht vergessen werden dürfe, dass die Menschen, die am 9. Oktober 1989 demonstrierten und davor bei den Friedensgebeten waren, die deutsche Einheit nicht als Forderung formulierten. Trotzdem wird der 9. November hier schon vorgefeiert, indem Erfahrungen von Ost-West-Paaren, die in der Nikolaikirche geheiratet haben, den Gottesdienst ergänzen. Den musikalischen Rahmen gestaltet Max Prosa.

Michael Kölsch von der Stiftung Friedliche Revolution, welche die daran anschließende Rede zur Demokratie organisiert, unterstrich, dass die Friedensbotschaft von 89 auch im »Aufeinanderzugehen« bestehe, um die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden. Es stellt sich hierbei die Frage, ob nicht viel eher auf die Gründe der Spaltung eingegangen werden sollte. Um 18.15 Uhr wird die 1983 in Tiflis geborene und heute in Berlin lebende Autorin Nino Haratischwili zu aktuellen Herausforderungen der Demokratie in Deutschland und in ihrem Heimatland Georgien sprechen.

Das Leipziger Stadtmarketing organisiert 2025 außerdem den sogenannten »Lichtweg« von der Nikolaikirche über den Neumarkt und den Schillerpark zum Wilhelm-Leuschner-Platz, um der historischen Demonstration eine zeitgenössische Interpretation und ein Gemeinschaftserlebnis hinzuzufügen. Hierbei sind fünf künstlerische Positionen zu erleben, die wieder einmal mit höchst didaktischen Produktionen daherkommen – wie etwa vom Berliner Künstler Lukas Taido »Sichtbar werden« an der Fassade der Volksbank. Suchscheinwerfer, die als Zeichen der staatlichen Repression in der DDR stehen, sollen einzelne Menschen an der Fassade sichtbar werden lassen. Mit Musik soll »die emotionale Ebene« des Publikums angesprochen werden, um den Mut von damals aufzuzeigen.

Ab 20 Uhr beginnt die Grundsteinlegung auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz mit einem Programm, bei dem nicht nur der jüngst mit Hufeisentheorie hervorgetretenen Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Wolfram Weimer, anwesend sein wird, sondern auch der sächsische Ministerpräsident und die Leipziger Ehrenbürgerin Gesine Oltmanns.

Uraufgeführt wird außerdem das Chorwerk »Unser Mut wird nah bei uns sein« in Kooperation mit der Oper Leipzig sowie einer Performance der Tanzcompany der Gerda-Taro-Schule.


Freiraum auf dem Leuschnerplatz

Bereits ab dem 1. Oktober ab 17 Uhr nimmt der Freiraum-Pavillon der Stiftung Friedliche Revolution wieder Platz auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz. Bis zum 9. Oktober finden dort Filmaufführungen, Gespräche und Konzerte statt – etwa am 6. Oktober zum Leipziger Herbstsalon 1984 oder einen Tag später um 18 Uhr mit einem Live-Podcast zum Siegerentwurf mit dem Entwurfsteam.


www.lichtfest.leipziger-freiheit.de

www.freiheitsdenkmal-leipzig.de

› Frei_Raum, 1.-9.10., täglich 14-22 Uhr, Sa+So ab 11 Uhr


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