An dieser Stelle beantworten kreuzer-Redakteure ausgewählte Leserbriefe. Aktuell reagiert Politikredakteurin Thyra Veyder-Malberg auf eine E-Mail zu ihrem im Septemberheft veröffentlichten Beitrag »Der Phrasendrescher«, der in der Rubrik »Schnecke des Monats« erschienen war.
Sehr geehrte Frau Thyra Veyder-Malberg,
es wird ja viel dummes Zeug geschrieben, nun haben Sie mit »Der Phrasendrescher« auch Ihren Beitrag geleistet. Doch sollte das, was Sie sich da aus den Fingern saugen, wenigstens stimmen. Da musste nicht der LVZ, sondern vielmehr dem kreuzer wohl schnell etwas her, um nicht im Sommerloch zu verschwinden.
Der Gedanke für ein weiterführendes Gespräch mit dem OBM war schon Anfang des Jahres da, als Herr Jung mich ins Rathaus eingeladen hatte. (Das hätten Sie auch meiner ersten Frage entnehmen können/müssen.) Da war erst einmal von einer Veröffentlichung bei der LVZ keine Rede. Erst Monate später brachte die LVZ das inzwischen fertige – entgegen Ihrer Behauptung von ihr nicht in Auftrag gegebene – und ohne meine Zustimmung gekürzte Gespräch.
Ich bin ein Schriftsteller, der für Erwachsene wie auch für Kinder schreibt, und kein – wie Sie es sehen – »debiler Kinderbuchautor, den die LVZ zum OBM geschickt hat, um jede politische Frage von vornherein zu unterbinden«. Sie arbeiten entweder bewusst mit Unterstellungen und Lügen, oder aber Sie haben schlecht recherchiert, was genauso verwerflich ist. Auf das Interview hin habe ich einen Packen Wortmeldungen bekommen, die an den Fragen die Brisanz und die vom Fragesteller eingebrachte eigene Befindlichkeit und Weltsicht honorieren. Dass die Fragen durchaus »politisch« waren und weit über Leipzig hinausgingen, müsste, bei aller Leichtfertigkeit, sogar Ihnen aufgefallen sein. Oder ist alles nur Boshaftigkeit à la Boulevardpresse, wo Wirklichkeit und Wahrheit nach Belieben missbraucht werden, um ein paar Leser bei der Stange zu halten? (Es ist ja so »in«, »cool« und »geil«, jemanden, den man gar nicht kennt, in aller Öffentlichkeit niederzumachen. Den Pöbel hat man dabei immer auf seiner Seite.)
Übrigens: In der deutschen Sprache sollten Sie sich, wenn Sie sich schon zum Schreiben berufen fühlen, doch auskennen. Sie schreiben, dass Herr Jung im Gespräch nach »Herzenslust menscheln« durfte, und unterstellen in etwa, dass er sich beim Leser anbiedern oder ihn dumm reden wollte. Aber unter »menscheln« verstehen wir gemeinhin: menschliche Schwächen deutlich werden lassen. Das aber haben nur Sie mit Ihrem Beitrag geschafft.
Die »Schnecke des Monats«, Frau Thyra Veyder-Malberg, gebührt allein Ihnen. Vielleicht finden Sie ja dafür an Ihrem alten Hut – neben der »goldenen Feder« – noch Platz.
Hören Sie den Rat eines altgedienten Schriftstellers: Lernen Sie lesen, bevor Sie schreiben, vor allem den Kontext.
Ich bin gespannt, ob der kreuzer so frei ist und meinen Brief in einer Ausgabe unterbringt. Wundern würde es mich schon, denn der Besserwisser lässt gemeinhin nur seine Meinung gelten.
Gunter Preuß
Sehr geehrter Herr Preuß,
vielen Dank für Ihre Kritik, als junge Journalistin bin ich für Ratschläge von altgedienten Schriftstellern immer dankbar. Mit großer Verwunderung muss ich daher zur Kenntnis nehmen, dass Sie offenbar auf Ihren eigenen Ratschlag manchmal selbst nicht hören und meinen Text nicht wirklich durchgelesen haben, bevor Sie Ihren Leserbrief verfasst haben.
So habe ich Sie persönlich überhaupt nicht kritisiert, geschweige denn niedergemacht, wie Sie in Ihrem Brief behaupten. Ganz im Gegenteil: Sie wurden noch nicht einmal namentlich erwähnt. Aus gutem Grund, denn meine – zugegebenermaßen sehr polemische – Kritik richtete sich eben nicht gegen Sie, sondern gegen die etwas verqueren Antworten des Oberbürgermeisters, die ich zu diesem Zweck auch zitiert habe.
Nun sind Sie nur bedingt für die Antworten Ihres Gesprächspartners verantwortlich zu machen. Leider ist es Ihnen aber nicht gelungen, etwas mehr aus Ihrem Gesprächspartner herauszuholen als einen Haufen persönlicher Befindlichkeiten und ein paar politische Gemeinplätze. Denn dass Jung als Leipziger Stadtoberhaupt ein überzeugter Demokrat ist und glaubt, er könne wenigstens im Kleinen etwas verändern, ist für mich weder überraschend noch berichtenswert. Und die menschliche Seite des Oberbürgermeisters finde ich nur begrenzt spannend – mich interessiert vor allem, ob er seinen Job gut macht. Daher fällt es mir schwer, diese Unterhaltung als politisches Interview zu werten, auch wenn es – da haben Sie Recht – als solches gedacht war.
Stattdessen hätte ich mir ein Gespräch über konkrete (kommunal-)politische Themen gewünscht – denn hierfür ist Jung ja zuständig. Das zu leisten ist aber gar nicht Ihre Aufgabe. Dazu hätte das Gespräch von einem Redakteur aus dem lokalpolitischen Ressort geführt werden müssen – und eben nicht von einem Schriftsteller. Daher trifft der Vorwurf nicht Sie, sondern die Redaktion der LVZ. Auf welche Weise das Interview nun in die LVZ gelangte, ist dabei vollkommen unerheblich. Es ist der Gesprächstyp, der mich stört – und der so typisch für das Sommerloch ist.
Und um es ganz deutlich zu sagen: Mit keinem Wort habe ich behauptet oder auch nur suggeriert, Sie selbst oder Autoren von Kinderbüchern im allgemeinen seien »debil« – da unterstellen nun Sie mir etwas. Denn das wäre in der Tat sehr anmaßend und vor allem blanker Unsinn. Sie sind nur eben keine Lokalredakteure. Ihr Brief erweckt jedoch den Anschein, als würden Sie diesen diffamierenden Begriff direkt aus meinem Text zitieren. Das ist nicht der Fall.
Die »Schnecke des Monats« ist eine Glosse, und sie ist auch als solche gekennzeichnet. Daher ist sie – das muss ich Ihnen als Schriftsteller sicher nicht erklären – schon vom Wesen her polemisch. Diese Art der Polemik wäre in einem normalen Beitrag sicherlich vollkommen unpassend. Doch genau das unterscheidet uns von der Boulevardpresse: Wenn wir übertreiben, wird das auch gekennzeichnet. Nun können Sie diese »Schnecke« für misslungen, spitzfindig oder gar für dummes Zeug halten – gerade diesen Monat gingen die Meinungen darüber sehr auseinander, und ich höre mir gern konstruktive Kritik an. Aber eines ist sie mit Sicherheit nicht: ein persönlicher Angriff auf Sie.
Mit freundlichen Grüßen,