Leipzig hat immer noch keinen neuen Finanzbürgermeister. Damit ist eine der wichtigsten Stellen in der Verwaltung mitten in der Finanzkrise und dem KWL-Skandal weiterhin unbesetzt. Der einzige Kandidat, der in der Ratsversammlung am gestrigen Mittwoch zur Wahl stand, CDU-Stadtrat und Bankkaufmann Torsten Bonew, fiel in geheimer Abstimmung überraschend durch. Er konnte nur 31 von 66 Stimmen für sich gewinnen. 32 Stadträte stimmten gegen ihn, drei enthielten sich.
Leipzig hat immer noch keinen neuen Finanzbürgermeister. Damit ist eine der wichtigsten Stellen in der Verwaltung mitten in der Finanzkrise und dem KWL-Skandal weiterhin unbesetzt. Der einzige Kandidat, der in der Ratsversammlung am gestrigen Mittwoch zur Wahl stand, CDU-Stadtrat und Bankkaufmann Torsten Bonew, fiel in geheimer Abstimmung überraschend durch. Er konnte nur 31 von 66 Stimmen für sich gewinnen. 32 Stadträte stimmten gegen ihn, drei enthielten sich.
Dabei sah eigentlich alles so aus, als würde er gewählt werden. Schließlich räumten alle Fraktionen der CDU das Vorschlagsrecht für den Posten ein, und die hatte ihn nominiert.
Kurz vor der Wahl hatte der Stadtrat mit überwältigender Mehrheit beschlossen, die Kandidatur der Hamburger Rechtsanwältin Gisa Pahl, die von einem fraktionslosen NPD-Stadtrat in letzter Minute vorgeschlagen worden war, nicht zuzulassen. Es bestanden erhebliche Zweifel an ihrer formalen Qualifikation für das Amt. Diese Entscheidung war jedoch schlecht für Bonew: Mit einem Gegenkandidaten reicht bereits im ersten Wahlgang die einfache Mehrheit – und gegen die NPD-Kandidatin hätte Bonew sicherlich gewonnen. Ohne Konkurrenz bedarf es jedoch einer absoluten Mehrheit – oder eines zweiten Wahlganges, bei der die einfache Mehrheit reicht.
Bonew war zwar ohne Gegenkandidaten, aber deshalb nicht unumstritten: Während Grüne und FDP den 38-Jährigen, der auch im Finanzausschuss der Stadt sitzt, als zuverlässigen Partner loben, sind SPD und Linke skeptisch. Bonew sei ein »schwieriger Charakter« oder gar »cholerisch«. Die Linke hielt außerdem einen anderen Bewerber aus den Reihen der CDU für geeigneter: Christopher Profitlich, der derzeit im sächsischen Finanzministerium beschäftigt ist. Die SPD wollte sich im Vorfeld nicht festlegen.
Doch bei solchen Abstimmungen geht es nicht nur um die Sache selbst, sondern auch um den Umgang der Fraktionen miteinander. In Leipzig ist es nicht üblich, feste Koalitionen zu bilden. Stattdessen suchen sich der OBM und die Fraktionen für ihre Projekte wechselnde Mehrheiten. Und sie geben sich Mühe, einander nicht vor den Kopf zu stoßen, schließlich muss man wieder zusammenarbeiten. Blockiert man sich gegenseitig, droht Stillstand.
Als sich Anfang des Jahres abzeichnete, dass Bonew über keine sichere Mehrheit in der Ratsversammlung verfügt, wurde die Wahl vom Januar auf den Februar verschoben, um noch etwas Überzeugungsarbeit leisten zu können. Der OBM selbst war, nachdem man ihm bei der Wahl des Kulturdezernenten zu viel Engagement vorgeworfen hatte, dabei diesmal eher zurückhaltend. Dennoch stand zu erwarten, dass sich trotz aller Bauchschmerzen genug Stadträte aus den Reihen der SPD finden würden, die Bonew zu seinem Amt verhelfen. Unter diesen Umständen war für Bonew kein Traumergebnis zu erwarten, aber eine einfache Mehrheit im zweiten Wahlgang hätte eigentlich drin sein müssen. Doch es kam anders.
Nun rätseln alle, wie es dazu kommen konnte und wessen Schuld es ist. Waren es die Stimmen der SPD, die gefehlt haben, die der Grünen oder waren es gar CDU-Stadträte, die Bonew die Gefolgschaft verweigerten? Der Verschmähte selbst schließt aus, dass es Abweichler in den CDU-Reihen gegeben haben könnte, der SPD-Fraktionsvorsitzende Dyck ist genau davon überzeugt. Grüne und FDP betonen, dass es an ihnen sicherlich nicht gelegen habe. Der Linken ist es egal, die war ja immer schon gegen Bonew. Da die Wahl hinter verschlossenen Türen stattfand, wird man es nicht erfahren.
Bonew gab sich nach seiner Schlappe jedoch kämpferisch: »Ich ziehe nicht zurück«, gab er zu verstehen, »ich bin der einzige Kandidat der CDU, eine andere Beschlusslage ist mir nicht bekannt«. Gleichzeitig kritisierte er, dass seine Gegner zwar behaupteten, sie würden das Vorschlagsrecht der CDU akzeptieren, aber offenbar nur, wenn Vorschläge nach eigenem Gusto gemacht würden. Die CDU-Fraktionsvorsitzende Ursula Grimm bestätigte, die CDU wolle auch weiterhin an ihrem Kandidaten festhalten.
Die jetzige Situation kann indes niemanden freuen. Die CDU und ihr Kandidat sind brüskiert, der Posten nach wie vor unbesetzt, das Verfahren hängt in der Schwebe, und im schlimmsten Fall droht eine Blockade. Der Ball liegt jetzt beim Oberbürgermeister. Er muss entscheiden, ob die Stelle neu ausgeschrieben wird, oder ob er versucht, gemeinsam mit den Fraktionen doch noch einen mehrheitsfähigen Kandidaten zu finden. Über eins sind sich jedoch alle Beteiligten einig: Das Dezernat ist bei Interimsbürgermeister Dirk Müller derweil in guten Händen.