Die Sonne scheint, und Alf Thum empfängt zum kleinen Sommerinterview im Garten seines Hauses in Plagwitz. Für die Fotos gehen wir aber dann doch nach drinnen. Er posiert vor einer Spiegelwand und spielt auf einer Spielzeuggitarre »Smoke on the Water«. Aus der Front Deutscher Äpfel, deren Führer er seit ihrer Gründung war, hat er sich inzwischen weitgehend zurückgezogen. Thum gibt derweil den Elder Statesman der politischen Satiregruppe – eine Rolle, die ihm gut steht.
Die Sonne scheint, und Alf Thum empfängt zum kleinen Sommerinterview im Garten seines Hauses in Plagwitz. Für die Fotos gehen wir aber dann doch nach drinnen. Er posiert vor einer Spiegelwand und spielt auf einer Spielzeuggitarre »Smoke on the Water«. Aus der Front Deutscher Äpfel, deren Führer er seit ihrer Gründung war, hat er sich inzwischen weitgehend zurückgezogen. Thum gibt derweil den Elder Statesman der politischen Satiregruppe – eine Rolle, die ihm gut steht.
kreuzer: Die Apfelfront war ein groß angelegtes Satireprojekt, ein Witz. Wie wirkungsmächtig war sie oder ist sie noch?
ALF THUM: Wir waren immer Bestandteil der Debatte, ob man über Nazis lachen darf, die sich an einem Walter-Moers-Comic entzündete. In dieses Konzert haben wir relativ früh eine Tonlage hereingebracht, die andere Leute wieder zu anderen Projekten anstieß, etwa zur Thor-Steinar-Persiflage »Storch Heinar«. Auch Autonome haben mir erzählt, dass sie zu interventionistischen statt zu militanten Mitteln gegriffen haben. Man macht damit in Richtung Nazis und deren Sympathisanten deutlich, dass man souverän über ihnen steht. Man ist Herr des Verfahrens, und sie sind nur dazu da, um an ihnen Spaß zu vollstrecken. Wer »Nazis raus!« brüllt und sich in die komplette Antiposition begibt, nimmt die Leute eigentlich viel zu ernst. Da gab es eine Haltungsmarktlücke. Das hindert uns aber nicht an der ernsthaften politischen Auseinandersetzung.
kreuzer: Wie verhindert man, dass so ein Projekt zur Folklore verkommt?
THUM: Man lässt es ab einem bestimmten Punkt auslaufen und hofft, dass man selbst oder dass andere mit neuen Ideen aufwarten. Wenn man sich als Struktur verfestigt, dann ist man irgendwann nicht mehr von Verbänden unterscheidbar. Dann wird man zur Folklore.
kreuzer: In Parlamenten ist die Auseinandersetzung mit Humor nur eingeschränkt möglich. Mitte Juni ist NPD-Fraktionschef Holger Apfel wegen antisemitischer Hetze von den nächsten zehn Landtagssitzungen ausgeschlossen worden. Wie ist das zu beurteilen?
THUM: Die NPD will keine konstruktive Rolle spielen, deswegen ist es für sie egal, ob Apfel anwesend ist oder nicht. Apfel kennt die Strukturen und hat einen kalkulierten Eklat gebaut. Er hat die Stichworte, die er brauchte, aneinandergenagelt, und wusste, das Präsidium muss ihn ausschließen. Das ist eine subversive Strategie. So kann er ins eigene Lager zeigen, dass er ein harter Hund ist, und in den Medien wird über die NPD berichtet.
kreuzer: Aber kann eine Struktur wie der Landtag denn anders reagieren?
THUM: Nein, das ist ja das Gemeine.
kreuzer: Gibt es etwas wie strukturelle Subversion überhaupt?
THUM: Nein. Subversion braucht das Moment der Überraschung. Der Rezipient einer subversiven Aktion soll ja im ersten Moment etwas ganz anderes annehmen. Wenn man Subversion zum dauerhaften Programm macht, dann ist man zwar der Subversive, erreicht aber das eigentliche Ziel nicht: einen sehr stark irritierenden Effekt und ein Sichtbarmachen von Strukturen, Herrschaft, Ideologemen und so weiter. Das geht immer nur punktuell.
kreuzer: Wenn man den Gegner demaskiert hat, muss man hoffen, dass es auch jeder begreift. Dafür braucht man ein verständiges Publikum …
THUM: Ja, man darf Subversion nicht überfordern. Wenn man ideologische Positionen oder eine verdeckte Herrschaft öffentlich macht, bleibt es dem Rezipienten überlassen, welchen praktischen Schluss er zieht. Der Agent der Subversion kann höchstens eine Anregung liefern.