Ich bin mir sicher, dass wir das hinkriegen werden«, sagt Hermann Leistner mit professioneller Zuversicht. Leistner ist Pressesprecher des Leipziger Jobcenters und die Herausforderung, die er »hinkriegen« will, ist Ursula von der Leyens Bildungspaket. Die CDU-Bundesministerin möchte bedürftigen Kindern mehr Bildung und Teilhabe ermöglichen, doch ihr Gesetzesvorhaben steckt samt Hartz-IV-Reform derzeit im Vermittlungsausschuss des Bundesrates fest.
Von der Leyens Bildungspaket stellt das Jobcenter als die Behörde, die es vor Ort umsetzen muss, vor zwei Probleme: Zum einen sind an der Umsetzung unübersichtlich viele Einzelakteure beteiligt, zum anderen weiß dank des Umwegs, den das Paket durch den Vermittlungs-
ausschuss nimmt, derzeit keiner, was genau es beinhalten wird. Kommt es aber – frühestens am 11. Februar – zu seiner Verabschiedung,
haben rückwirkend zum 1. Januar mehr als 20.000 Leipziger Kinder und Jugendliche An-
spruch auf Bildungsleistungen, deren Umsetzung bislang niemand vorbereiten konnte. Setzt
sich die Opposition durch, können es noch deut-
lich mehr werden. »Ohne Gesetzestext stochern
wir im Nebel«, sagt Jobcenter-Sprecher Leistner.
Doch das eigentliche Problem besteht darin, die Bildung zum Kind und das Geld zum Anbieter der Bildungsleistungen zu bekommen. Laut Gesetzentwurf – und dabei wird es im Kern wohl bleiben – besteht das Paket aus vier Segmenten: Schulbasispaket, Lernförderung, war-
mes Mittagessen, außerschulische Bildung und Teilhabe. Dafür sollen Hartz-IV-Empfänger aber
kein Geld, sondern Gutscheine bekommen,
um sicherzustellen, dass die zusätzlichen Leistungen auch beim Kind ankommen.
Von der Leyens Gesetz betrifft also Schulen, Caterer, Sportvereine, freie Träger, Nachhilfe- und Musikschulen und gegebenenfalls die
Einrichtungen, in denen man die Teilhabe-
Gutscheine einlösen kann, beispielsweise Schwimmbäder. Mit all diesen Akteuren
muss das Leipziger Jobcenter derzeit Ange-
bote und Abrechnungsmodalitäten abstimmen, die Gespräche laufen noch. So sind die Vereine gerade dabei zu klären, welche Angebote sie überhaupt machen können. Mit den Schulen wurde bisher noch gar nicht gesprochen, sondern nur mit dem Kultusministerium und den regionalen Bildungsagenturen. Auch wie das Verhältnis der neuen Leistungen zu den bereits bestehenden lokalen Vergünstigungen wie etwa zum Leipzig-Pass aussehen soll, ist noch nicht geklärt.
Davon abgesehen stellt sich die Frage, für
welche Art der Teilhabe die Gutscheine überhaupt verwendet werden können. Dürfen Studenten Nachhilfe oder Musikunterricht erteilen, dürfen die Teilhabe-Gutscheine auch für Schwimmbad-, Kino- oder Theaterbesuche benutzt werden? »Wir müssen aufpassen, dass wir hier nicht Bildung und Kultur einfach durch
die Hintertür definieren«, warnt Leipzigs Jugend-
dezernent Thomas Fabian (SPD). »Sonst kommt es zu einer doppelten Bevormundung: einmal dadurch, dass wir Gutscheine und kein Geld verteilen, und dann durch das Angebot.«
Grundsätzlich hätte sich Fabian statt des Bildungspakets Investitionen in die Bildungsinfrastruktur gewünscht – etwa in die flächendeckende Finanzierung von Schulsozialarbeitern. Das wäre billiger und unkomplizierter, sagt er. Fabian betont aber wie alle anderen Beteiligten, dass er es für einen »Schritt in die richtige Richtung« halte, wenn mehr Geld für die Bildung von Kindern ausgegeben wird. Ob das am Ende zu mehr Bildung und Teilhabe oder zu mehr Verwaltungsaufwand führt, das muss sich noch zeigen.