»Mach’s selbst! – Do it yourself für Mädchen« heißt ein neues Buch, das die Herausgeberinnen des feministischen Missy Magazines zusammengestellt haben und das Mädchen ab dem Alter von 14 Jahren zum Selbermachen und Ausprobieren anregen soll. Das Themenspektrum reicht dabei dank zahlreicher Gastautorinnen von der Gründung einer Band über Marmeladekochen bis hin zum Kampf gegen Rassismus. Mitgewirkt hat auch die Leipziger Radiomacherin Katja Röckel, die mit ihrer Sendung Mrs. Pepsteins Welt seit Jahren den Leipziger Äther bereichert. Im Buch erklärt sie, wie man eine Radio-Sendung macht, und im kreuzer-Gespräch, warum der Do-it-yourself-(DIY-)Ansatz nicht nur für Mädchen sinnvoll ist.
kreuzer: Wie kam es, dass du an diesem Buch mitgeschrieben hast?
KATJA RÖCKEL: Da ich im Missy Magazine bereits einen Artikel veröffentlicht habe, wie man eine Radiosendung selbst macht, sind die Redakteurinnen des Magazins auf mich zugekommen. Sie wissen auch, dass ich hauptberuflich mit Kindern und Jugendlichen arbeite und die Mädchenarbeit mein Steckenpferd ist.
kreuzer: Welcher Gedanke steckt hinter dem Buch?
RÖCKEL: Die Idee ist, den DIY-Ansatz speziell auf jüngere Mädchen runterzubrechen. Es geht zum einen darum, sich Sachen selbstständig erschließen und erklären zu können. Zum anderen soll das Buch die Mädchen auf neue Ideen bringen und gleichzeitig eine konstruktive Hilfestellung bieten, wenn sie nicht sofort wissen, wie etwas funktioniert. Die Autorinnen geben nicht nur Anleitungen, sondern zeigen, dass es auch für Frauen ganz selbstverständlich ist, sich mit diesen Themen zu beschäftigen.
kreuzer: Warum richtet sich das Buch speziell an Mädchen? Brauchen sie so etwas eher als Jungs?
RÖCKEL: Ich weiß nicht, ob sie es mehr brauchen als Jungs. Auf jeden Fall können sie sich durch so ein Buch ein breiteres Spektrum an Möglichkeiten eröffnen. Mädchen haben oft stereotype Freizeitbeschäftigungen. Man findet selten Mädchen, die Schlagzeug spielen, sondern meist Klavier oder Flöte. Bei Sportarten ist das ähnlich. In den letzten Jahren lässt sich aber eine positive Entwicklung erkennen. Es gibt zum Beispiel mehr Mädchen, die Fußball spielen, sie können mehr ausprobieren.
kreuzer: Werden Mädchen durch diese Stereotype stärker eingeschränkt als Jungs?
RÖCKEL: Diese Vergleiche, wem es nun schlechter geht, finde ich schwierig. Man sollte danach schauen, welche ergänzenden Alternativangebote beide bräuchten. Jungs können aber aus einer größeren Vielfalt schöpfen. Da haben Mädchen einen gewissen Nachholbedarf. Dann gibt’s auch bestimmte Lebensphasen, in denen sich Mädchen eher um soziale Dinge kümmern und Hobbys erst einmal außen vor lassen.
kreuzer: Was kann der DIY-Ansatz erreichen?
RÖCKEL: Wenn man Dinge ausprobiert, lernt man stets etwas Neues dazu. Ich glaube, die Hemmschwelle ist bei Mädchen größer. Das sehe ich auch bei den Radioprojekten. Wenn es dabei um das Schneiden geht, heißt es meist, das können die Jungs machen. Darauf sage ich, nein, es machen alle alles. Und wenn sie einmal angefangen haben und merken, wie einfach diese Sachen im Prinzip sind, verlieren sie auch ihre Scheu davor.
kreuzer: Fehlt es den Mädchen an Selbstbewusstsein?
RÖCKEL: Zunächst überhaupt nicht. Mädchen wachsen heute mit dem Wissen auf, dass sie alles erreichen können. Es wird ihnen gesagt, dass sie Naturwissenschaften genauso studieren können wie Maschinenbau, Medizin oder Lehramt. Wenn es aber konkret um Zukunftsorientierung geht, fragen viele junge Frauen, welcher Beruf eher mit einer Familie vereinbar ist, während Jungs bei ihrer Zukunfts- oder Berufswahl darüber nicht nachdenken. In den letzten Jahren hat sich da schon einiges getan, aber wir sind noch nicht an dem Punkt, an dem ein gleichberechtigtes Arbeitsleben funktioniert.
kreuzer: Wie stärke ich mein Selbstbewusstsein, wenn ich lerne, Marmelade selbst zu machen?
RÖCKEL: Man muss nicht unbedingt Marmelade einkochen können. Aber ich glaube, dass Fähigkeiten und Fertigkeiten das Selbstbewusstsein stärken. Wenn ich etwas kann, dann kann ich es.
kreuzer: Ein Kapitel heißt »Protestieren und Organisieren«. Ist das politische Engagement bei Jugendlichen unterentwickelt?
RÖCKEL: Ja, auf jeden Fall. Ich treffe selten Jugendliche, die sich politisch engagieren. Sie haben zwar oft einen idealistischen Ansatz, wissen aber nicht, was sie bewirken können oder wie ihr Engagement einem Projekt weiterhilft.
kreuzer: Das letzte Kapitel dreht sich auch um das Thema Mobbing. Ist es wirklich so präsent für Jugendliche, wie immer behauptet wird?
RÖCKEL: Das spielt eine sehr große Rolle. Wenn Jugendliche zum Beispiel Radio machen, greifen sie das Thema Mobbing immer wieder auf. Das bewegt sie, deshalb ist es wichtig, dass das auch im Buch vorkommt.