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Filmkritik

Umstritten und provokativ

»Zero Dark Thirty« löste bereits im Vorfeld kontroverse Diskussionen aus

  Umstritten und provokativ | »Zero Dark Thirty« löste bereits im Vorfeld kontroverse Diskussionen aus

Nach den Terroranschlägen vom 11. September beginnt die Jagd nach der Führungsspitze der Al-Qaida. Eine Elite-Truppe, koordiniert von der CIA-Analystin Maya, soll den Terroristen finden. Oscar-Preisträgerin Kathryn Bigelow (»The Hurt Locker«) inszeniert in ihrem Thriller-Drama die Suche nach dem Terroristen auch als unermüdlichen Kampf einer Frau gegen die Institutionen.

Die Leinwand ist schwarz zu Beginn von Kathryn Bigelows »Zero Dark Thirty«, denn die Bilder zu den Stimmen der Verzweiflung, die aus dem Off in den Kinosaal dringen, sind im Gedächtnis der Menschheit fest verankert. Es sind die Anrufe, die während der Terroranschläge vom 11. September 2001 aus dem World Trade Center in der Notrufzentrale eingingen, kurz bevor die Türme in sich zusammenstürzten. Als das Bild sich aufhellt, befindet sich der Film in einer ganz anderen Dunkelheit – einer sogenannten »Dark Site«, wo die CIA irgendwo im Nirgendwo mutmaßliche Angehörige der Al-Quaida verhört. Die junge Agentin Maya (Jessica Chastain) ist direkt aus Washington hierher versetzt worden und sieht nun zu, wie ein Gefangener von ihrem Kollegen gefoltert wird. Maya hat ein Ziel, das sie mit großer Hartnäckigkeit in diesem Film verfolgen wird: Sie will den Terroristenführer Osama bin Laden aufspüren. Und der Weg dorthin führt auch über die Folter, wie sie der US-Geheimdienst im Krieg gegen den Terror betreibt.

Für diese Szenen wurde Regisseurin Bigelow, deren letzter Film »The Hurt Locker« mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, in den USA von liberaler wie konservativer Seite scharf kritisiert. Politiker bestehen darauf, dass Foltergeständnisse bei der Ergreifung bin Ladens keine Rolle gespielt haben. Andere werfen Bigelow vor, dass sie mit dieser Kausalität die Foltermethoden der CIA rechtfertige. Wie oft in politisch polarisierten Diskussionen fehlt auch hier der genaue Blick auf den Film. Denn Bigelow zeigt zwar unmissverständlich, dass der amerikanische Geheimdienst im Krieg gegen den Terror massiv gefoltert hat, aber im Film liefert der Gefangene den ersten Hinweis, dem noch eine jahrelange geheimdienstliche Recherche folgen wird, nicht unter Folter, sondern erst später in einem gewaltfreien Verhör. Die eigentliche Provokation von Bigelows Film besteht darin, dass die geheimdienstlichen Tätigkeiten, die auf der Jagd nach bin Laden angewendet wurden, in ihrer ganzen Bandbreite aufzeigt werden, ohne dass daraus eine politische Haltung, moralische Stellungnahmen und damit Erlösungsoptionen für den Zuschauer abgeleitet werden. Mit detailgenauer Nüchternheit erzählt »Zero Dark Thirty« von der hartnäckigen Tätigkeit der Agentin, die sich an ihrer Aufgabe festbeißt und gegen die Ignoranz der männlichen Vorgesetzten ankämpfen muss. Jessica Chastain, die für diese Rolle verdientermaßen eine Oscar-Nominierung erhielt, spielt die Jägerin nicht als feministische Heldin, sondern als Getriebene, die sich voll und ganz ihrer Arbeit verschreibt. Bigelow verzichtet gezielt darauf, die Figur mit psychologischem Hintergrundmaterial zu unterfüttern und als Sympathieträgerin aufzubauen. Sie interessiert sich in ihrem Film vornehmlich für die Anatomie der geheimdienstlichen Jagd, die sie spannend, aber keineswegs Effekte erheischend inszeniert.

Dazu gehören auch die Rückschläge wie die Terrorangriffe in London vom 7. Juli 2005. In der letzten halben Stunde wird die Erstürmung des Anwesens, auf dem sich bin Laden versteckt hielt, nahezu in Echtzeit gezeigt. Auch hier wird auf jegliches Kampfpathos und den Einsatz von Musik verzichtet. Die Ergreifung und Liquidierung des Al-Quaida-Führers, auf die die Dramaturgie des Filmes zwangsläufig hinausläuft, wird in »Zero Dark Thirty« keineswegs als Triumph gefeiert. Am Ende sitzt Maya allein im riesigen Bauch eines militärischen Transportflugzeuges. Sie hat ihr Ziel erreicht und ist umgeben von einer Leere, die alle Siegesgefühle im Keim erstickt.


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1 Kommentar(e)

Jens 04.02.2013 | um 18:33 Uhr

Wer nach dieser Filmbeschreibung noch ins Kino geht, um den Film zu sehen, lebt entweder hinter'm Mond oder mag Märchen. Viel interessanter als die Geschichte von den bösen ausländischen Terroristen sind die Ergebnisse der vielfachen Untersuchungen über die am 11. September durchgeführten gezielten Sprengungen - Schaut also lieber mal ins Weltnetz, beispielsweise "Loose Change" oder den Vortrag von Robert Stein "9/11 Megaritual".