Diese Inszenierung ist absolut nicht auf den Hund gekommen, auch wenn das Siechen eines alternden Bellos den Ariadnefaden bildet. Clemens Meyers Tagebuchaufzeichnungen »Gewalten« bilden hierfür den labyrinthischen Stoff.
Regisseur Sascha Hawemann hat sich ja allmählich auf den Reudnitz-Literaten eingeschossen und zur großen Überraschung sitzt sein jüngster Wurf, verzettelt er sich dieses Mal nicht in den nokturnen Tableaus zwischen Gold- und Hirnbrand und Hundekot und Hasskappe. Nach den eher zäh zu nennenden Meyer-Inszenierungen (»Die Nacht, die Lichter« / »Sirk the East«) gelingt Hawemann mit seiner »Gewalten«-Adaption ein amüsanter Randgang in die Peripherie dessen, was man Großtstadt-Dschungel nennt. »Der prahlt mit Kunst, und der mit dem Vermögen,
der legt auf Kraft, der auf den Adel Wert,
der fühlt im Geckenkleid sich überlegen,
und den erfreuen Hund und Falk und Pferd.« (Shakespeare)
It’s a dog's life: Als Vorspiel tritt Meyers von einem toten Kumpel geerbter Hund (linkisch hinkend wie fulminant im Elvis-Kostüm auf die Kacke hauend: Günther Harder) auf und gibt ein Eröffnungsständchen. Dann schleppen sich die anderen Gestalten, die mal Meyers Alter Ego, mal seine Mitmenschen geben, ins Arena-Rund und beginnen ihr Spiel. Sofort wird klar, dass schon das Bühnensetting diesen Abend vom Episodeneinlerlei der anderen Meyer-Abende abhebt. Auch hier ist Anekdotenhaftes zu sehen, aber bisweilen in einer Gleichzeitigkeit, die bei der Guckkastenbühne fehlte. Das Spiel kommt auch direkter rüber, man fühlt sich manchmal gar an einen absurden Zirkus erinnert. Das Ensemble läuft zur Hochform auf und auch der hübsche Umstand, dass man Meyers Texte nicht so ernst nimmt, sichert das Glücken des Stücks. Wenn etwa Ingolf Müller-Beck keinen Bock hat, verquaste Zeilen wie »Unsere Parabeln habe sich entfernt im Koordinatensystem« zu sprechen, überlässt er es einfach der Souffleuse. Und auch Meyer selbst muss daran glauben, wird immer wieder in seiner Person sanft überzeichnet und karikiert. So entsteht ein Patchwork aus komischen und tragikomischen Stimmungen und Storys, ganz so, als wäre man mit Meyer in der Eckkneipe. Das ist nicht abendfüllend, aber für eine Weile ganz lustig.