Wer mit dem Auto nach Nordhausen reinfährt, passiert ein nicht enden wollendes Gewerbegebiet, das die Frage aufwirft, wann denn diese Stadt endlich mal anfängt. Und plötzlich ist man da.
Die gewandelte Architektur wirkt städtisch und kündet vom Wohlstand der Vergangenheit. Dieser reicht weit zurück: Schon 910 hatte Heinrich I. hier eine Burg, das nördlichste Zentrum Thüringens gehört zu den ältesten Städten im Freistaat. Die Lage ist günstig: Hier kreuzten sich die Handelswege nach Erfurt und Merseburg und vor den Stadttoren befindet sich fruchtbarer Boden. Der Adler kam ins Wappen, als Nordhausen 1220 reichsfreie Stadt wurde, der Roland vor dem Rathaus verdankt sich dem Umstand, dass die Stadt 1430 der Hanse beitrat. Einst war Nordhausen eine wunderschöne Fachwerkstadt, die durch die Nähe zum KZ Mittelbau-Dora und die dortige V2-Waffenproduktion zum Ziel für alliierte Bombenangriffe wurde. 1945 wurden vier Fünftel der Altstadt zerstört.
Bekannt ist Nordhausen für seinen Korn. Schon 1789 legte man hier ein Reinheitsgebot für Kornbrände fest, die zu mindestens zwei Dritteln aus Roggen und maximal einem Drittel aus Gerste zu bestehen haben. Die Basis, nämlich das Getreide, liefert die Goldene Aue vor der Tür. Märchenonkel Ludwig Bechstein nach war der Teufel im Spiel: »Und er zeigte auch den Nordhäusern allen miteinander, wie der Schnaps gemacht wird, und versprach ihnen viel Geld und Gut, wenn sie’s lernten und Branntwein brennten.« Der Teufel wollte so betrunkene Seelen auf Höllenfahrt schicken.
Draußen: Zu den Sehenswürdigkeiten in der Altstadt gehören neben dem Dom einige Kirchen und Kapellen. Als Wahrzeichen gilt natürlich ein Turm, nämlich der Petri-Turm auf dem Petersberg, der von der zerstörten Petri-Kirche übrig geblieben ist. In der Domstraße findet sich niedersächsische Fachwerkbaukunst aus dem 16. Jahrhundert, das älteste Fachwerkhaus der Stadt stammt aus der Zeit um 1400 und steht in der Altendorfer Kirchgasse. Mit dem Stadtpark befindet sich ein Naturpark mit Wanderwegen mitten in der Stadt. Zum Verschnaufen kann man auf einer Schiller- oder einer Reformatorenbank sitzen. Nördlich davon liegen Villa und Park Hohenrode mit seltenen Gehölzen am Stadtrand.
Drinnen: Im Jugendstilensemble der ehemaligen Nordhäuser Brennerei wird der Destillationsvorgang veranschaulicht. Im Brennraum mit den kupfernen Brennblasen erfährt man, was Schlempe ist, sieht einen 100 Jahre alten Weingeistzähler und lernt den Unterschied zwischen Korn und Doppelkorn. »Gern hält man an und trinkt erstmal / fährt froh dann über Berg und Tal«: Mit zweifelhaftem Inhalt bewarb ein Spruch das Getränk Harzer Fuhrmann. Er ziert die Wand in der Niederlage, wo früher Fässer und Flaschen für den Versand fertig gemacht wurden. Heute werden dort Theaterstücke aufgeführt und Paare getraut. Das Museum im Tabakspeicher zeigt lokale Handwerks- und Industriegeschichte, die Stadthistorie erzählt das Museum Flohburg multimedial. Das IFA-Museum widmet sich der 90-jährigen Existenz des Herstellers von Famulus-Traktor, Getrieben und Antrieben und Dieselmotoren. Das in Jugendstil und Historismus erbaute Kunsthaus Meyenburg zeigt unter anderem Druckgrafiken aus 200 Jahren, Möbel vom 14. bis zum 19. Jahrhundert und wechselnde Kunstschauen. Die Gedenkstätte Mittelbau-Dora befindet sich nördlich der Stadt.
Mit Kindern: Im Museum Tabakspeicher finden Kinder einen historischen Kaufmannsladen und können Brot backen. Tiergehege, Streichelzoo und Abenteuerspielplatz machen den Stadtpark zum Magneten. Das Erlebnis- und Familienbad im Badehaus im Jugendstil verfügt unter anderem über eine Röhrenrutsche. Das Familienkino im Filmpalast »Neue Zeit« bietet ein auf junge Cineasten zugeschnittenes Programm.
Abends: Das Stadttheater bespielt die Sparten Schauspiel, Musiktheater und Ballett, außerdem finden dort Konzerte statt. Der Filmpalast zeigt neben Blockbustern auch Klassiker. Der Kneiff-Garten in der Gerhart-Hauptmann-Straße serviert ambitionierte regionale Küche, wie das Felix in der Barfüßerstraße – internationale Küche – hat er einen großen Biergarten.