Im Stadtrat haben Grüne und Linke einen Antrag zum Verbot von Heizpilzen eingereicht. Die Union spricht von »Unsinn«. Ein Kommentar von Gastro-Redakteurin Petra Mewes.
Ein Beben erschütterte die Republik, als 2007 das Nichtraucherschutzgesetz in Kraft trat. Das Ende der Gastronomie schien besiegelt, denn kein Raucher, und das waren die meisten Gäste angeblich, würde je mehr ein Lokal betreten. Genau zehn Jahre später ist das befürchtete Kneipensterben zum Glück ausgeblieben. Wenn Kneipen dichtmachen, hat das meist viele Gründe, die zu erörtern hier weder Platz noch Anlass ist. Inzwischen wird nämlich eine ganz andere Sau durchs Dorf getrieben: Heizpilze, die schädliches Kohlendioxyd ausstoßen.
Und wieder schlagen die Wellen hoch, zumindest hier in Leipzig. Dabei steht das Thema nicht zum ersten Mal auf der Agenda. Im Jahr 2011 mündeten die Diskussionen in einen »Appell«, die Wirte sollten doch bitte freiwillig auf Heizpilze verzichten. Inzwischen sollen nach Schätzungen der Leipziger Regionalstelle des Gastgewerbeverbandes DEHOGA etwa 500 dieser Geräte in Betrieb sein. Nun ist Heizpilz nicht gleich Heizpilz. Es gibt verschiedene Systeme, zum Beispiel Terrassenheizgeräte, die mit Gas funktionieren, und Elektrostrahler, die sich mit einer Zeitschaltuhr koppeln oder manuell steuern lassen. Auf manchen klebt gar ein Nachhaltigkeits-Zertifikat. Es gibt auch Wirte, die Billigprodukte aus Asien kaufen und den Gästen vorgaukeln, sie seien um ihr Wohl besorgt. Die Linken und die Grünen haben Ende 2016 einen Antrag zum Verbot von Heizpilzen in Leipzig eingereicht. »Solange Wärmestrahler die Freiräume beheizen, ist das Bekenntnis zum Klimaschutz unglaubwürdig«, verkündete Linken-Politiker Reiner Engelmann in einer Mitteilung.
DEHOGA-Geschäftsführer Holm Retsch fürchtet bei einem generellen Verbot Nachteile im Wettbewerb mit anderen Kommunen. »Mit einem Heizpilzverbot verhindern wir nicht, dass die Polkappen schmelzen«, sagte er gegenüber dem kreuzer. FDP-Stadtrat René Hobusch bezeichnete den Antrag gar als »wirtschafts- und tourismusfeindlich«. Als ob die touristische Entwicklung einer Stadt von Heizpilzen abhinge. Gleichzeitig empfiehlt der DEHOGA seinen Mitgliedern, regionale und saisonale Speisen und Getränke anzubieten. Gut so, aber hier in der Region gibt es nun mal vier Jahreszeiten. Und im Winter zieht man sich warm an, Raucher huschen kurz vor die Tür. »Gasträume werden dann erst recht gemütlich«, sagt Andreas Bürger vom Volkshaus, der nur in der Übergangszeit bei Bedarf elektrische Heizstrahler anstellt.
Bricht jetzt analog zu Diskussionen um das Rauchverbot wieder alles zusammen? Müssen Wirte Köche und Kellner entlassen? Sinkt der Freizeitwert der Stadt, die gern mit ihrer »bunten Kneipenszene« wirbt? Fahren die Gäste zum Ausgehen dann nach Delitzsch und Döbeln, weil Heizpilze dort erlaubt sind? Halten sie sich etwa von München, Köln oder Berlin fern, weil es das Verbot dort schon gibt? Eins ist sicher: Wenn keiner einen Heizpilz aufstellt, hat auch kein anderer Nachteile.