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Sport

»Gegen die Kommerzialisierung des Sports«

Die Ausstellung »In Bewegung« zeigt Zusammenhänge von Sport, Politik und Stadt

  »Gegen die Kommerzialisierung des Sports« | Die Ausstellung »In Bewegung« zeigt Zusammenhänge von Sport, Politik und Stadt

Im Stadtgeschichtlichen Museum zeigt das 1991 geschlossene Sportmuseum in einer neuen Ausstellung einen Bruchteil seiner Schätze zu Sport und Stadt. Sie zeigen, wie Bewegung, Politik und Stadt einander bedingen. Mit einer Entscheidung zur Wiedereröffnung wird in wenigen Monaten gerechnet.

»Gegen die Kommerzialisierung des Sports«, appellierte der Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums Volker Rodekamp zur Ausstellungseröffnung »In Bewegung. Meilensteine der Leipziger Sportgeschichte«, das wäre das Signal, das von Leipzig ausgehen solle. Mit anderen Worten: Sport und Bewegung für alle – jenseits von Vermarktungsinteressen und ohne jemanden auszuschließen –, geleitet von demokratischen Strukturen und mit gesellschaftlichem Engagement. Rodekamp sprach sehr leidenschaftlich über die Rolle des Sports in der Gesellschaft und ließ erkennen, dass nur Ignoranten denken mögen, Sport und Politik hätten nichts miteinander zu tun.

Wiedereröffnung des Sportmuseums

Der Museumsdirektor weiß, wovon er spricht, denn er hat selbst erfahren, wie die Politik Sport und Geschichte in Leipzig beeinflusst. 1991 schloss das Sportmuseum im Hauptgebäude des Zentralstadions von einem Tag auf den anderen, obwohl kein Stadtratsbeschluss vorlag. Seitdem steht es unter den Fittichen des Stadtgeschichtlichen Museums und dessen heutiger Direktor Rodekamp stellte sich die Wiedereröffnung eher einfach vor. Wer könnte denn schon etwas gegen Sport vorbringen? Aber die Realität zeigte die vielen Fallen und Tücken. Zum Beispiel beschloss der Stadtrat 2007, dass die Nordtribüne des ehemaligen Schwimmstadions als neue Heimstätte des Museums dienen sollte. Allein der Banner »Sportmuseum« zeugt heute noch von diesem Vorhaben. Als dann vor zwei Jahren die schmale Sportabteilung in der Dauerausstellung »Moderne Zeiten« im Alten Rathaus eröffnet wurde, bestand Rodekamp darauf, dass noch vor seiner Pensionierung im April 2019 eine Entscheidung fallen solle.

Heute, ein Jahr vor seinem Renteneintritt, denkt nicht nur Rodekamp ausgesprochen positiv über eine Wiedereröffnung und erhofft sich eine Entscheidung in den nächsten drei Monaten. Ebenso zukunftsfroh erschienen gleich zwei Bürgermeister zur Ausstellungseröffnung. Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke versteht Sport als großes Thema der Stadt und interpretiert Bundesligafußball als Glücksfall, der genutzt werden muss, um Tradition und Gegenwart miteinander zu verbinden. Heiko Rosenthal, Bürgermeister für Umwelt, Ordnung und Sport, weiß sowohl um die interessanten historischen Aspekte als auch die alltäglichen Belange, um Sportstätten und den Betrieb darauf zu bewerkstelligen.

»Zum Sportmuseum« steht auf der Tür zum Studio im Untergeschoss des Stadtgeschichtlichen Museums. Das Leipziger Sportmuseum begann 1976 mit der Sammlung und eröffnete ein Jahr später anlässlich des VI. Turn- und Sportfestes. Im Hauptgebäude des Zentralstadions erzählten 3.000 Objekte auf 600 Quadratmetern Geschichten zu Bewegung und Sport.

Nun sind 35 Objekte aus einer Sammlung von 95.000 zu sehen. Gerlinde Rohr als Leiterin des Museums und Wolfgang Metz als Mitarbeiter wählten sie gemeinsam aus, um das breite Spektrum zu zeigen. Es reicht von improvisierten Spikes über Gemälde und Maskottchen zu Sportgeräten.

Die Sportroute

Auf der großen Ausstellungsfläche im Erdgeschoss beginnt die Schau mit einem Stadtplan von Leipzig, auf dem 22 Stationen gekennzeichnet sind. Sie bilden die historische Sportroute, die bereits 2002 konzipiert wurde. Fünfzehn Jahre später beschloss der Stadtrat die Umsetzung. Aber auch hier muss man sich etwas gedulden. Zwei Stationen eröffnen in diesem Jahr und bis zum Turnfest 2021 folgen weitere zehn. Wann die restlichen Markierungen im Stadtraum auftauchen werden, steht noch in den Sternen.

Zu den ersten Stationen gehören die Turnhalle in der Leplayhalle und der Fockeberg als Ort des ersten Fußballspiels. Die Schau führt zu allen 22 geplanten Stationen. Sie beginnt mit der Gegenüberstellung vom bürgerlichen Turnen, dem Goetzhaus in der Lützner Straße und der ehemaligen Bundesschule des Arbeiter-Turn- und Sportbundes in der Fichtestraße. Wurde die Bundesschule 1933 von der SA gestürmt und geschlossen, so sind wenige Meter weiter Akten aus dem Jahr 1937 zu sehen. Sie erzählen von den Vorbereitungen eines Handballspiels des jüdischen Sportvereins Bar Kochba gegen eine Mannschaft aus Palästina auf dem 1922 eröffneten Sportplatz an der Delitzscher Landstraße durch die nationalsozialistischen Genehmigungsstellen. Eine Eintrittskarte vom Spiel und eine Urkunde aus dem Sommer 1938 bebildern das Ende des Vereins. Seit 1940 befand sich die Anlage im Eigentum der Stadt.

Weitere Stationen erzählen vom Rad- und Rudersport, dem Sport von Menschen mit Behinderungen, vom Handball über die Sport- und Trainingswissenschaften samt Sportgeräten, Ausrüstungen, vielen Geschichten und Fotografien. Auf ihnen finden sich auch viele Orte, die der kreuzer in seiner monatlichen Serie »Game and Fame« zu Leipziger Sportstätten seit 2016 vorstellte.


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