Wassersäulenmaschine, Bockwindmühle, Kunstgraben: Technische Denkmale können vielerlei Gestalt annehmen. Rund 7.500 davon sind in Sachsen zu besichtigen. Eine Auswahl stellt ein neues Arbeitsheft des Landesamtes für Denkmalpflege vor, das auch als ein Ausflugsführer verwendet werden kann. Doch was ist eigentlich ein technisches Denkmal?
Solche Artefakte vermitteln als Sachzeugnisse wichtige Informationen, »etwa zu historischen Bauformen und Produktionstechniken, zu ihrer Weiterentwicklung im Laufe der Zeit sowie zur generellen Veränderung der Arbeits- und Lebenswelten der Menschen durch ihre Entstehung beziehungsweise ihren Einsatz«, sagt Hartmut Ritschel vom Landesamt. »Wassersäulenmaschinen untertage beispielsweise sind als im bergbaulichen Kontext eingesetzte Kraftmaschinen von technik- beziehungsweise bergbaugeschichtlicher Bedeutung und aufgrund ihrer heutigen Seltenheit denkmalwürdig. Wie auch die erhaltenen Kunstgräben übertage werfen sie ein Schlaglicht auf die komplexe, den Bergbau auf Bodenschätze erst ermöglichende Bergbauwasserwirtschaft. Bockwindmühlen hingegen machen die Arbeitswelt vorindustrieller Nahrungsmittelherstellung erfahrbar.«
Ritschel nennt die hiesige Denkmallandschaft »reichhaltig und vielschichtig«, weiß aber auch, dass die Artefakte nicht jedem Zeitgenossen schmecken. »Oftmals sind technische Denkmale unbequeme Sachzeugnisse, die nicht im herkömmlichen Sinne als schön und somit erst auf den zweiten Blick als erhaltenswert empfunden werden.« Sie würden aber alle eine Geschichte erzählen, man müsse sich nur auf sie einlassen. »So besitzen etwa erhaltene historische Industriebauten einen wesentlich unmittelbareren Erinnerungswert, der über den Anblick einer zeichnerischen oder fotografischen Ansicht weit hinausgeht: Geschichte zum Anfassen und Erleben im Großformat, mit einer ganz eigenen Ästhetik und Aura.«
Um sich auf die sächsischen Denkmale einzulassen, sie zu bereisen, bietet das Landesamtbuch eine gute Grundlage. Der kreuzer hat daraus ein paar Tipps zusammengestellt.
Ring of Fire
Unbemerkt steht die Weltsensation am Rand von Großtreben, einem Ortsteil des nordsächsischen Beilrode. Der Ringbrandofen ist der älteste erhaltene der Welt. In ihm wurden seit 1865 Ziegel gebrannt, die Form machte das kontinuierliche Brennen möglich. Von außen mutet der Ofen an wie ein aus Klinkersteinen errichteter und holzverkleideter Diskus. Mittig ragt ein rechteckiger Schornstein empor. Interessanter als das Aussehen ist das angewendete ausgeklügelte Verfahren, welches das Artefakt dokumentiert. In ihm wurden zwei Wärmetauscher hintereinandergeschaltet, was die Energieeffizienz um zehn Prozent erhöhte. Das revolutionierte die Verfahrenstechnik – in Großtreben steht ein Denkmal dafür. Und er weist noch eine Besonderheit auf: Er ist wohl illegal unter Verletzung von Patentrechten nachgebaut worden.
www.ostelbien.de
Techniktransfer
Gut, sie führen übers Wasser. Schaut man aber genauer hin, dann haben auch Brücken ihre Faszination. Für das späte 19. Jahrhundert sind Betongewölbebrücken und sogenannte eiserne Strebenfachwerke typisch. In Seifersdorf kann man die älteste Betoneisenbahnbrücke (1882) sehen, die sich zehn Meter lang über die Weißeritz spannt. In ihrer Länge von 35 Metern eindrucksvoll führt eine aus Strebenwerk hergestellte Eisenbrücke bei Bockwa zwischen Cainsdorf und Zwickau über die Mulde. Gerade im Vergleich untereinander gewinnen diese Bauwerke auch eine ästhetische Dimension. So gleicht die enge, gedrungene Ausführung der Kamenzer Eisenbahnüberführung einem Bollwerk, während der Flöhabrücke im erzgebirgischen Olbernhau, OT Grünthal, eine Leichtigkeit zuzukommen scheint.
Schwung mit Dampf
Das Dampfkesselmodell lässt sich in Roßwein überprüfen: Im Ernst, dort ist eine funktionstüchtige Kolbendampfmaschine aus dem Jahr 1913 zu bestaunen. Der wieder instandgesetzte Apparat mit Kessel, Schwungrad und Generator steht im mit historischen Fliesen bestückten Maschinenhaus. Zu den Dampfmaschinentagen am 5. und 6. Mai wird sie im Betriebszustand zu erleben sein.
www.dampfmaschine-rosswein.de
Wasserspender
Technik-, Industrie- und Militärgeschichte erzählt der Wasserturm in Deutzen, Neukieritzsch, der dort am Rand des Tagebaus ins Land ragt. Er diente ab 1925 einer geheimen, in Zusammenarbeit mit der Reichswehr gebauten Giftgasfabrik in Gräfenhainichen. Später wurde er zur Nutzung einer Brikettfabrik umgesetzt. Dank Denkmalpflege – und Gerichtsentscheid – wurde das Gebäude vor dem geplanten Abbruch gerettet. Im Leipziger Südraum sind einige weitere solcher Exponate zu besuchen, die die Entwicklung des optimalen Wasserbehälters zur in Deutzen realisierten Wasserkugel zeigen.