Der diesjährige HGB-Rundgang hat sich bereits jetzt das Siegel »einzigartig« gesichert: Viel Wandweiß und leere Räume sind bis Sonntag in der Wächterstraße zu sehen – aus Protest gegen Kürzungen und Zielvorgaben. Für Freitag wird die sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst Eva-Maria Stange erwartet.
Im Dezember berichtete der kreuzer erstmals ausführlich über Sparmaßnahmen an der HGB und der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Mitte Januar diskutierte der HGB-Senat fehlende Gelder und mögliche Proteste. Nach internen Diskussionen fiel letztlich die Entscheidung, beim traditionellen Rundgang, an dem normalerweise vier Tage lang alle Klassen und Werkstätten zeigen, die Ergebnisse des Jahres präsentieren, auf die Ausstellung aktueller Arbeiten zu verzichten. Dies soll nicht als Verweigerung verstanden werden, sondern stelle eine andere Form des Präsentierens dar. Die finanzielle Not der Hochschule soll durch ein starkes Bild vermittelt werden: Blitzeblanke Räume, leere Wände und die Möglichkeit, miteinander über die Verhältnisse ins Gespräch zu kommen.
Beim Besuch des Rundgangs ist der Protest schon von weitem sichtbar: ein überdimensionales Banner mit dem Motto »Jetzt:« ziert das Gebäude. Nach dem Doppelpunkt folgt eine große leere Fläche. Auch an der Fassade finden sich einzelne Losungen: Autonomie, mehr Räume und Stellen, ausreichende Finanzierung. Vor den Türen finden sich zudem einzelne Statements wie: »Kunst darf nicht dienen.«
Alexander Farenholtz, Mitglied und Vorsitzender des Hochschulrates sowie Verwaltungsdirektor und Vorstandsmitglied der Kulturstiftung des Bundes, ist »wahnsinnig stolz« auf das »kraftvolle Statement«. Auch gehe es nicht darum, dass der Rundgang ein »Trauermarsch« sei, so Fotografie-Professorin Heidi Specker. Studierende der Medienkunst verweisen zudem darauf, dass die Situation schon über Jahre hinweg schlecht sei. Auf die Frage, wie eine ideale Kunstakademie aussehen könnte, gibt es allerdings keine Antworten seitens der Studierenden. Fragt man Malerei-Professor Michael Riedel, ob er solche Proteste aus seiner Studienzeit an der Frankfurter Städelschule kenne, schüttelt er den Kopf: »So schlimm wie in Leipzig war es dort nicht.«
Dass es nicht allein in Leipzig so schlecht um die künstlerische Bildung stehe, erklärt die Vertreterin der Studierenden zur Eröffnung. In ihrer Rede geht thematisiert sie Gesellschaftliches, Umverteilungskreisläufe, das Recht auf Bildung und die Freiheit. Ob diese Forderungen durch leere Räume bei den verantwortlichen Stellen ein Echo finden, wird sich am Freitag zeigen. Dann kommt Kunstministerin Stange aus Dresden zu Besuch. Die Hochschulleitung sieht dies als Zeichen, miteinander zu kommunizieren und ist positiv gespannt. Zusätzlich zum Gespräch vor Ort, ist die inhaltliche Auseinandersetzung auch online möglich. Während des Rundgangs ist auf der HGB-Homepage ein virtueller Runder Tisch eingerichtet.
Diskutable Fragen gibt es genug: Ist Leere ein starkes Bild für Protest? Welche Gelder fließen denn überhaupt wohin? Wie wirken sich versteckte Kürzungen auf den Lehrbetrieb aus, wenn Professorengehälter an Westniveau angepasst werden und für Lehraufträge Mindestlohn gilt? Was muss eine Hochschule heutzutage mehr leisten als noch vor einigen Jahrzehnten? Eine offene Diskussion der überregionalen Studierendenräte soll am Samstag um 14 Uhr im Festsaal stattfinden. Für Sonntag ist um 14 Uhr ein Runder Tisch zur sächsischen Kultur- und Bildungspolitik und deren Auswirkungen auf Leipziger Kunstinstitutionen angesetzt.
Die Diplomausstellung, die traditionellerweise mit dem Rundgang eröffnet, findet ebenso nicht statt. Derzeit wird über eine große Diplomausstellung im Sommer nachgedacht.