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Kultur

Mayhem da mal ne Frage

Heavy Celeste – Die Metal-Kolumne. Heute: »Lords of Chaos« der Film

  Mayhem da mal ne Frage | Heavy Celeste – Die Metal-Kolumne. Heute: »Lords of Chaos« der Film

Platt und unmusikalisch: Den Film »Lords of Chaos« braucht die Metal-Welt nicht

Wilson Gonzalez Ochsenknecht als Blackthorn? Ernsthaft? Allein bei dieser Besetzung hätte ich hellhörig werden müssen. Aber ich dachte, bei der an Live-Mucke armen Zeit in den nächsten Wochen, könnte man a mal einen Film empfehlen. Denkste.

Zuerst das Positive: Nächste Woche feiert das »WinterfestEvil« im Bandhaus den Frühlingsanfang. Mit dabei sind „Zeit“ und damit steht die Empfehlung des Wochenendes. Sie basteln und schrauben gerade an Neuigkeiten, vielleicht verraten sie auf dem Gig schon mehr. Der Rest des Freitags ist schwarzangestrichen, eine etwas komische Mischung aus Atmo- und Death mit ein bisschen Folk, steht am Samstag an. Da ist der Corpse-Aufguss von Severe Torture sicherlich der solideste, wenn auch wenig originelle Tipp.

Kein Tipp hingegen ist »Lords of Chaos« – man hätte es bei der Buchvorlage von Michael Moynihan ahnen können. Der Film zeigt die Geschichte der so genannten Zweiten Welle des Black Metal, die krasser als alle anderen zuvor sein wollte und ihre Musik als nihilistische Lebenseinstellung begriff. Für alle, die Musikgeschichte eher langweilt: Im Film geht es kaum darum, der Plot wird zusammengestrichen.

Norwegen um 1990. In seinem Jugendzimmer sitzt Øystein Aarseth und stellt sich dem Publikum vor. Er steht im Zentrum der Story um den bösen Sog im nordischen Metal. Aarseth nennt sich Euronymous und ist Gitarrist der Metalband Mayhem. So richtig will das mit dem Erfolg nicht gelingen, bis Per Yngve »Dead« Ohlin als Sänger dazustößt. Der psychisch Labile ritzt sich auf der Bühne die Arme auf, suhlt sich im eigenen Blut. Endgültig Fahrt nimmt Mayhems Erfolg dann auf, als sich Dead mit einer Schrotflinte in den Kopf schießt. Bevor Euronymous die Polizei holt, fotografiert er das Blutbad – es wird später als Platten-Cover verwendet. Aus durch die Kugel herausgesprengten Knochensplittern macht er Talismane für die Bandkollegen. Fortan muss es immer krasser zugehen. Im von Euronymous gegründeten Plattenladen Helvete (Hölle) kommt ein innerer Zirkel von Metalheads zusammen, die sich am Gebräu aus harter Musik, satanistischer und menschenfeindlicher Ideologie, Drogenrausch und Selbstüberschätzung laben. Man zündet Stabkirchen an, um das Christentum zu bekämpfen und tötet einen Homosexuellen wegen dessen sexueller Orientierung. Schließlich wird Euronymous selbst erstochen, von einem Ex-Kollegen und neuem Konkurrenten. Cut.

Auf Komplexität, die vielen Verstrickungen und notwendigen Differenzierungen lässt sich »Lord of Chaos« gar nicht ein. Er reduziert alles auf einen Grundkonflikt zwischen Euronymous und seinem späteren Mörder Kristian »Varg« Vikernes. Der ist der Jüngere, Radikalere, ihm scheint es um das wahre Innenleben des Black Metal zu gehen, während Euronymous zunehmend als Marketender skizziert wird. Dieser nutzt die krassen Straftaten nur als Promotion für seine Plattenverkäufe, nimmt die Musiker aus und inszeniert sich zum Höllenfürsten auf dem Szenethron. Auf dieses einfaches Plot bricht Regisseur Jonas Åkerlund seinen Film herunter. Dabei begeht er allerlei Verharmlosungen, besonders was die Person Vikernes betrifft. Kein Wort von dessen nazistisch durchdrungener Ideologie, die Satanismus mit Führerkult und Rassismus mischt. All sein Handeln wird als jugendlicher Leichtsinn dargestellt, aber die meinten das damals durchaus ernst mit ihrer Menschenfeindlichkeit und NS-Verehrung. Michael Moynihan lässt grüßen.

Aber es ist noch etwas anderes, was mit »Lord of Chaos« nicht stimmt. Und das war weniger erwartbar. Regisseur Åkerlund ist nicht nur ein fähiger, durch Werbeclipdrehs geschulter Filmemacher. Er hat genügend Erfahrungen mit Musikclips einschlägiger Bands, drehte zum Beispiel für Candlemass und Satyricon. Zudem spielte er Schlagzeug bei der Black-Metal-Band Bathory, wenn auch nicht lange. Und trotzdem taucht die Musik im Film kaum auf. Gen Anfang ist mal kurz ein Konzertausschnitt zu sehen, ansonsten wird Musik knapp angespielt, wenn ein Protagonist den Plattenladen betritt oder Ähnliches. Aber sie bleibt immer im Hintergrund. Einen Metal-Film ohne Metal, braucht die Welt wirklich nicht.

So gefällt »Lords of Chaos« auch nicht als sinistre Feier des Black Metal in düsterer Videoclipästhetik, für die Åkerlund prädestiniert gewesen wäre. Es gibt ein paar drastische Gewaltdarstellungen, ansonsten beschränkt sich das Spiel auf sehr gewöhnliches adoleszentes Rumgehampel in einer Coming-of-Age-Geschichte – nur mit langen Haaren. Es ist, als ob sich der Filmemacher nicht entscheiden konnte: Will er (Black-)Metal-Fans begeistern oder den Massengeschmack? Mit »Lords of Chaos« hat er beide Fraktionen enttäuscht.


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