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Essen & Trinken

»Wir setzen uns für nachhaltige Ernährung ein«

Deutschlandweit gründen sich seit 2016 Ernährungsräte, nun hat auch Leipzig einen

  »Wir setzen uns für nachhaltige Ernährung ein« | Deutschlandweit gründen sich seit 2016 Ernährungsräte, nun hat auch Leipzig einen

Am 4. Mai gründete sich in Leipzig ein Ernährungsrat (ER) als Netzwerk von Menschen, die in und um die Stadt das Thema Landwirtschaft und Ernährung auf die Agenda setzen und Einfluss auf die Kommunalpolitik nehmen wollen. Wie das gehen kann, fragte der kreuzer Susanne Brehm vom Konzeptwerk Neue Ökonomie und Jessica Stubenrauch, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik in Leipzig und an der Universität Rostock. Beide wurden in den Vorstand des Vereins gewählt.

kreuzer: Wozu braucht Leipzig einen Ernährungsrat?Susanne Brehm: Es geht darum, Ernährungspolitik transparent, gerecht, nachhaltig und demokratisch zu machen. EinER unterstützt zum Beispiel den regionalen 
und ökologischen Anbau von Lebensmitteln in kleinbäuerlichen Strukturen. Unser Ziel ist es auch, Konzepte für die Gemeinschaftsverpflegung in Kitas, Schulen, Behörden und Betrieben zu erarbeiten, die helfen, auf regionale und ökologische Lebensmittel umzustellen. Letztendlich geht es darum, Leipzig und das Umland mit gutem Essen zu versorgen.Jessica Stubenrauch: Wir wollen das Thema stärker in die öffentliche Diskussion einbringen. Das Netzwerk soll die Kräfte aller bündeln, die sich in und um Leipzig aktiv für eine gesunde, nachhaltige Ernährung engagieren.

kreuzer: Die Gründung war bereits im Februar 2018 beim Forum »Gutes Essen für alle – Ernährungswende in der Stadt« beschlossen worden. Warum hat es jetzt mehr als ein Jahr gedauert?Stubenrauch: Wir mussten erst Strukturen schaffen. Auch wurde diskutiert, in welcher Form wir uns gründen wollen, ob als Genossenschaft oder ob es ganz ohne Organisation geht. Die Entscheidung fiel bewusst zugunsten eines Vereins.Brehm: Jede und jeder von uns hat ja auch berufliche Verpflichtungen, das Ganze läuft ehrenamtlich. Man muss aufpassen, dass sich niemand überfordert fühlt.

kreuzer: Wer gehört zu den Mitgliedern?Stubenrauch: Wir sind heute 25 Gründungsmitglieder, ein breiter Schnitt, darunter Landwirte und -wirtinnen aus der solidarischen Landwirtschaft, Lebensmittelherstellerinnen, Köche. Manche sind mehrfach 
engagiert, zum Beispiel beim BUND, bei Slow Food und organisierten Zivilgesellschaften wie dem Konzeptwerk Neue Ökonomie oder an wissenschaftlichen und Bildungseinrichtungen.

kreuzer: Wie läuft das jetzt? Wie können sich Interessenten einbringen?Brehm: Wir sind auch für Nichtmitglieder offen und haben Arbeitsgruppen 
gegründet. Die AG Wertschöpfungsketten sammelt zum Beispiel Kontakte zu Firmen, auch Kleinstbetrieben in der Region, die Lebensmittel erzeugen, verarbeiten 
und vermarkten. Die AG Bildung soll über verschiedene Wege lokale Akteure der Bildungsarbeit besser vernetzen, damit Wissen über gesunde Ernährung allen Menschen zugänglich ist. Die AG Gemeinschaftsverpflegung setzt sich für ein regionales und nachhaltiges Angebot in Mensen, Schulen und Kitas ein, die AG Forschung bündelt wissenschaftliche Grundlagen zum Thema. Die AG Essbare Stadt schließlich will den Anbau von Lebensmitteln im städtischen Raum fördern.

kreuzer: Welche Möglichkeiten hat ein unabhängiger Verein, um das Essen in Kitas und Schulen zu beeinflussen?Stubenrauch: Natürlich können wir nur Empfehlungen geben. Da ist vor allem Bildungs- und Aufklärungsarbeit zu leisten, sowohl bei den Caterern als auch bei den Eltern.Brehm: Wir wollen mit Öffentlichkeitsarbeit das Thema voranbringen und so den Handlungsdruck für die Verantwortlichen erhöhen. Außerdem verfügen wir durch die bundesweite Vernetzung über Zugang zu guten Beispielen in anderen Städten, die 
dabei schon deutlich weiter sind.

kreuzer: Wie will der Ernährungsrat Einfluss auf die Kommunalpolitik nehmen?Stubenrauch: Als Verein können wir die Kompetenzen bündeln und mit einer – hörbaren – Stimme sprechen. Bisher gibt es bei der Stadt Leipzig keine offizielle Stelle mit dem Auftrag, sich um eine gesunde, ökologische Ernährung zu kümmern. Wir wollen durch die Arbeit unserer AGs Expertise herstellen und der Stadtverwaltung als Basis für Entscheidungen zur Verfügung stellen.Brehm: Wir werden auch auf die Parteien im Stadtrat zugehen. Es gibt bereits eine Gruppe bei uns, die konkrete Vorschläge zur Nutzung von freien, kommunalen Flächen erarbeitet hat, die so für eine landwirtschaftliche Nutzung verfügbar bleiben.

kreuzer: Was sind die nächsten Projekte?Brehm: Wir nehmen an den deutschlandweiten Aktionstagen für Nachhaltigkeit
im Juni teil und sind bei der Ökofete am 16. Juni mit einem eigenen Stand dabei.Stubenrauch: Die AGs freuen sich über Mitstreiter. Alle Infos dazu stehen auf unserer Homepage.


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