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Stadtleben

Premiere in der Regionalliga

Leipziger Fußballfrauen starten in die Regionalsaison

  Premiere in der Regionalliga | Leipziger Fußballfrauen starten in die Regionalsaison

Mit gleich drei Leipziger Mannschaften startet am Wochenende die Regionalliga Nordost der Frauen. Vor einigen Jahren wurde in der Stadt zwar noch erste und zweite Bundesliga gespielt, es stand aber auch schon einmal schlimmer um den Leipziger Frauenfußball.

Als ein deutsches Kreditinstitut vor der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen in diesem Sommer einen Werbeclip schaltete, wurde mit Vorurteilen aufgeräumt. Das gab kurz einmal Aufmerksamkeit, aber der gewöhnliche Ligaalltag unterscheidet sich doch immer noch sehr vom Männerfußball – auch wenn es nun schon fast 25 Jahre her ist, als der damalige Präsident des Weltfußballverbandes FIFA orakelte: »Die Zukunft des Fußballs ist weiblich«.

Die Geschichte zwischen Verbot, Spott und Alltag

Wenn im Werbeclip auf das äußerst spärliche Wissen über Frauenfußball verwiesen wird, dann darf hier festgestellt werden, dass das Wissen über die lokale Fußballgeschichte fast gar nicht existiert. Wo in der Stadt das erste Mal Mädchen und Frauen ganz offiziell in einem Verein das Fußballspiel trainierten, ist nicht bekannt. Im großen Archiv des Sportmuseums findet sich eine Fotografie aus den dreißiger Jahren, auf denen zumindest junge Frauen mit einem Fußball zu sehen sind. Es handelt sich um ein Gruppenfoto der Handballmannschaft des jüdischen Vereins Bar Kochba Leipzig.

[caption id="attachment_79717" align="alignright" width="320"] Bar Kochba (1930)[/caption]

1936 verbot der Deutsche Fußball-Bund das Fußballspiel für das weibliche Geschlecht, da es sich seiner Meinung nach bei der Sportart um eine männliche Kampfsportart handelte. In der BRD wurde das Verbot 1955 bekräftigt.Erst der Europäische Fußballverband (UEFA) empfahl 1970 das Fußballspiel für Mädchen und Frauen. Allerdings durften keine eigenständigen Frauenfußballvereine gegründet werden.

1967 schrieb die Leipzigerin Waltraud Horn an den Präsidenten des Deutschen Fußball-Verbandes der DDR einen Brief mit der Bitte um Unterstützung bei der Gründung einer Frauenmannschaft. Der Präsident antwortete: »Ihr Brief hat mir sehr viel Freude bereitet, und ich hatte Gelegenheit, ihn anlässlich der Jahresabschlussfeier der Fußballnationalmannschaft der DDR im Hotel Astoria vorzulesen. Spieler und Funktionäre waren über Ihr Interesse am Fußballsport sehr erfreut. Allerdings glaube ich nicht, dass wir uns in absehbarer Zeit mit Frauenfußball in der DDR beschäftigen werden.« Ihr wurde stattdessen empfohlen, dass sie sich als Schiedsrichterin im Fußball einbringen könnte. Die Rostockerin Nelly Hornung hatte 1964 die Prüfung als erste Schiedsrichterin abgelegt.

Doch Horn wollte spielen und schrieb der BSG Chemie Leipzig einen Brief, ob der Verein nicht Interesse an einer Frauenmannschaft hätte. Gemeinsam mit ihrem Vater organisierte und trainierte sie ab 1969 eine Mannschaft, die anfangs aus zehn Chemie- und acht Lok-Fans bestand, und sonntags auf einem Nebenplatz in Leutzsch spielte.

Bei der LVB gründete sich in den siebziger Jahren ebenfalls eine Frauenmannschaft. Bis 1971 existierten 150 Mannschaften in der DDR. Ab 1983 wollte das Sportmuseum mit einem jährlichen Turnier die beste Frauenmannschaft im Land krönen. Das erste und einzige Turnier gewann Turbine Potsdam 1983, die die BSG Chemie besiegte. Bis 1987 spielten Frauen bei der BSG Chemie und gewannen mehrfach die sogenannte Bezirksbestenermittlung.

[caption id="attachment_79718" align="alignleft" width="320"] LVB Chemie (1970)[/caption]

Nach der Wende gab es beim VfB Leipzig eine Frauenabteilung, die 2002/3 in die Regionalliga aufstieg. Vorher schaffte das auch die Mannschaft des SV Post Leipzig. Die VfB-Mannschaft wechselte aus dem insolventen VfB zum 1. FC Lokomotive und schaffte den Aufstieg in die erste und zweite Bundesliga. Die gesamte Abteilung wechselte 2013 zum neu gegründeten Frauenfußball-Verein (FFV), der vor vier Jahren den Spielbetrieb aufgab.

Bereits 2016 übernahm RB das Sächsische Landesleistungszentrum für Frauen- und Mädchenfußball. Der Sächsische Fußball-Verband hatte 2007 das Zentrum am Gontardweg errichten lassen. Dafür wurde extra der LFC 07 gegründet und die Nachwuchsbereiche des FC Sachsen und anderer Vereine übernommen. Außen vor blieb dabei Lok. An den Bundesligisten ging das Nachwuchszentrum 2010 und dann drei Jahre später an den neuen FFV.

Die Gegenwart

Am Wochenende startet die Regionalliga Nordost. Die Frauenmannschaft von RB erwartet auf dem Platz der Sportschule »Egidius Braun« in Abtnaundorf die Mannschaft des Bischofswerdaer FV. Seit drei Jahren gibt es eine Frauenabteilung bei RB. Sie geht in ihre dritte Regionalligasaison und steht derzeit in der zweiten Runde des DFB-Pokals. Das erste Pflichtspiel in der Saison absolvierten sie in der ersten Pokalrunde gegen den Zweiligisten aus Cloppenburg. Fast 900 Menschen sahen das Spiel und auch eine der Neuverpflichtungen – die ehemalige Nationalspielerin Anja Mittag. Nach dem Sieg gönnte sich RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff ein Bierchen am Stehtisch, schrieb Autogramme und sprach auch mit dem kreuzer. Er betonte, dass der Männerfußball den Frauenfußball mitfinanziere und es bei RB darum gehe, dass »so schnell wie möglich« Aufstiege in höhere Klassen erfolgen sollen.

Das sieht auch Cheftrainerin Katja Greulich so. 1985 in Leipzig geboren, spielte sie bei Lok und dem FFV. Allein die erste Pokalrunde zeigte ihrer Meinung nach deutlich, wohin die Reise der Mannschaft geht. Das Potential ist vorhanden – und nicht nur das. Mit einem Trainerstab von sieben Menschen plus der Individualtrainerin Anja Mittag, wöchentlich vier Trainingseinheiten und dem Angebot, zwei Mal die Woche zusätzlich Vormittagstraining zu nutzen, unterscheidet sich das Team ganz erheblich von den zwei anderen Leipziger Mannschaften.

[caption id="attachment_79719" align="alignright" width="320"] Eintracht-Süd[/caption]

Nach den Querelen von 2016 spielt die Frauenmannschaft vom SV Eintracht Leipzig-Süd die zweite Saison in der Regionalliga. Nach zahlreichen Ab- und Zugängen mit jungen aber auch sehr gestandenen Spielerinnen – wie Safi Nyembo (sie spielte 2007 bis 2012 für den 1. FC Lokomotive Leipzig, 2013-17 für den FFV, 2017-19 für FC Phoenix und nun bei der Eintracht) – geht es dem Team von Cheftrainer Fabian Berger um den Ligaerhalt. Die letzte Saison wurde auf dem achten von 12 Plätzen abgeschlossen. Gespielt wird auf der Südkampfbahn. Das Training findet zwei Mal die Woche nach der Arbeit ab 19 Uhr statt.

Für Berger stellt RB den »klaren Favoriten« der Liga dar, der den Aufstieg schaffen sollte. Ein »Aufsteiger der besonderen Klasse in die Regionalliga« ist dagegen der FC Phoenix Leipzig, der aus ehemaligen Bundesligaspielerinnen des FFV entstand und nun seinen Platz in der dritten Liga im Frauenfußball finden muss. Phoenix startet ebenfalls mit einem Heimspiel in die Saison und empfängt am Sonntag um 14 Uhr auf dem Sportplatz am Viadukt in der Wurzner Straße 140 b den Magdeburger FFC.


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